NAUNSTADT - (tbm). "Es fehlt an Blüten in unserer Landschaft!" Andreas Kramer deutet über die Felder, die sich schier bis zum Horizont über den hügeligen Osten des Hintertaunus erstrecken. "Die Landwirtschaft zerstört wichtigen Lebensraum von Insekten." Auch in Gärten gehe der Trend immer mehr in diese Richtung "kahl geschorene Wiesen". "Sogar gar Schotterplätze trifft man immer häufiger an. Sie sind einfacher in der Handhabe."
Mit den Folgen dieser Entwicklung beschäftigt sich das Netzwerk "Blühende Landschaft" im Grävenwiesbacher Ortsteil Naunstadt. Die ortsansässigen Andreas Kramer, Sebastian Budig und Uwe Neun riefen diese Initiative im Jahr 2012 gemeinsam ins Leben: "Wir verstehen uns nicht als Verein. Wir sind viel mehr eine Interessengemeinschaft aus Pflanzenliebhabern, Gärtnern und Imkern."
Gemeinsam haben sie es sich zur Aufgabe gemacht, Blühflächen im Taunus zu fördern. Andreas Kramer erklärt: "Wir pflanzen hier mehrere Flächen an. Das jüngste Feld entstand erst dieses Jahr im Mai." Dabei komme es jedoch nicht nur auf die Menge an: "Wichtiger ist die Artenvielfalt und eine gleichmäßige Flächenverteilung in der Landschaft."
Denn sogar einfache Blumenkübel in Gärten fungierten schon als "Rastplatz" für Insekten und Bienen: "Ähnlich wie bei Biotopen, funktionieren auch Blühwiesen in einem Netzprinzip." Denn auf ihrer Suche nach Nahrung zögen die kleinen Tiere umher. "Wenn sie auf ihrem Weg zu lange keine Blüten finden, verhungern sie schnell."
Lediglich die Honigbiene sammelt Nahrung und lagert sie ein, weiß Andreas Kramer: "Die anderen Insekten und die über 570 verschiedenen Wildbienenarten, die ursprünglich mal in unserer Heimat zu finden waren, sind Einzelgänger. Sie sind auf zahlreich verstreute Blühwiesen angewiesen."
Deshalb seien schon einige Bienenarten im Taunus ausgestorben. Weitere werden folgen, so Kramer:
"Viele Wildbienenarten sind auf genau eine seltene Blütensorte spezialisiert. Verschwindet diese aus der Natur, verschwindet auch die Bienenart. Ein Negativkreislauf entsteht."
Doch das Umwandeln von Acker und Wiesen in Blüteflächen ist nicht einfach, erzählt Andreas Kramer weiter: "Manchmal reicht schon eine Düngergabe zuviel um die biologische Entwicklung um Wochen zurückzuwerfen. Es bedarf einer perfekten Ausbalancierung."
Umso wertvoller seien daher die intakten Blütenareale, die noch im Taunus zu finden seien, wie beispielsweise die Reifenberger Wiesen bei Schmitten: "Einige sehr seltene Insekten- und Blütenarten sind dort angesiedelt. Die kann man gar nicht genug schützen", so Kramer.
Die Ironie des Schicksals: Auch die Reifenberger Wiesen sind ein Erzeugnis der landwirtschaftlichen Nutzung. Denn die Nährstoffe der Felder haben sich dort über Jahrhunderte im Boden angesammelt und ermöglichten eine solche Artenvielfalt überhaupt erst. Und so ist die Landwirtschaft gleichermaßen Dünger wie Gift für die Entwicklung der Blühwiesen im Taunus.
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