Über Frieden, Flüchtlinge und christliche Werte: Jana Freudenberger im Interview
Die Bad Homburgerin Jana Freudenberger engagiert sich bei "pax christi" in Bad Homburg und spricht im Interview unter anderem darüber, dass noch immer über 20 000 Menschen im Lager in Moria ausharren müssen.
Von red
"Wir müssen solidarisch sein": Jana Freudenberger. Foto: privat
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BAD HOMBURG - Die Bad Homburgerin Jana Freudenberger engagiert sich bei "pax christi" und spricht im Interview über die Kampagne "Kein Weihnachten in Moria", die gesellschaftliche Stimmung gegenüber Flüchtlingen und warum der Frieden auch bei jungen Menschen nicht aus dem Blick geraten ist.
Sie sind Referentin für Friedensarbeit bei pax christi - wie kommt man zu so einem Job?
Ich bin davon überzeugt, dass sich kirchliche und politische Arbeit gut ergänzen können. Ganz besonders, wenn es um das Thema Frieden geht. Das habe ich schon von meinen Eltern und Großeltern so erfahren. Ich selbst habe einen Freiwilligen Ökumenischen Friedensdienst auf Sizilien gemacht und später dann Friedens- und Konfliktforschung studiert. Im Studium habe ich mich viel mit kritischer Migrationsforschung, Friedensmediation und mit der Aufarbeitung und Versöhnung nach Gewaltkonflikten beschäftigt. Insofern gibt es da durchaus einen roten Faden und viele Überschneidungspunkte zur Arbeit von pax christi. Die Themenvielfalt und das Engagement von pax christi haben mich sehr gereizt. Meiner Ansicht nach kommen da viele Themen zusammen, die für die heutige und zukünftige Gesellschaft elementar sind: Der Einsatz für gewaltfreie Konfliktbearbeitung, Zeitzeugen- und Erinnerungsarbeit, Engagement gegen Rüstungsexporte, Einsatz für Geflüchtete und vieles mehr. Ich finde es sehr bereichernd, mich für und mit pax christi für diese Anliegen einzusetzen.
Schwerpunkt Ihrer Arbeit ist derzeit die Kampagne "Kein Weihnachten in Moria": Warum steht das im Fokus?
Tatsächlich ist die Kampagne momentan ein Schwerpunkt unserer Arbeit. Weihnachten - also auch der Winter - steht vor der Tür und noch immer müssen über 20 000 Schutz suchende Menschen auf den griechischen Ägäisinseln in undichten Zelten, ohne Gesundheitsversorgung und unter übelsten hygienischen Bedingungen darauf warten, bis sich Europa ihrer erbarmt. Das steht unserem Verständnis europäischer, aber auch christlicher Werte, diametral entgegen. Daher haben wir uns im Sommer, als sich dann auch noch das Coronavirus im Flüchtlingslager Moria ausbreitete, entschieden, uns auch aus katholischer Richtung für die Evakuierung der Camps und die Aufnahme der Menschen einzusetzen. Natürlich brauchen wir eine europäische Lösung für die Migrationsfrage. Solange diese aber nicht in Sicht ist, müssen wir doch trotzdem mit den Menschen solidarisch sein, die ganz konkret genau jetzt auf europäischem Boden leiden.
Erfahren Sie Zustimmung?
Leider ist die gesellschaftliche Stimmung in den letzten Jahren ja eher gekippt - wir erfahren allerdings ganz überwiegend große Zustimmung und Unterstützung. Viele Gemeinden, Verbände, Orden, Gruppen und Einzelpersonen haben sich der Kampagne mittlerweile angeschlossen, was mich natürlich sehr freut. So können wir hoffentlich den Druck auf die Bundestagsabgeordneten erhöhen und die Bundesregierung dazu bringen, die Menschen auf den griechischen Inseln schnellstmöglich in Deutschland aufzunehmen.
Die Jugend geht für Klimaschutz auf die Straße oder gegen Rassismus - ist der Frieden bei jungen Leuten aus dem Blick geraten?
Ich glaube nicht, dass der Frieden aus dem Blick geraten ist. Wir müssen uns ja immer fragen, was Frieden überhaupt bedeutet und beinhaltet. Gerade die Klimakrise und der grassierende Rassismus sind ja ein Hemmschuh für (inner-)gesellschaftlichen Frieden. Die Klimakrise kann schwelende Konflikte weiter anheizen und somit zur Gefährdung für den Frieden werden. Und Rassismus als Ideologie und Alltagspraxis schürt Hass in der Gesellschaft und trägt ganz klar zu Spaltung bei. Insofern lassen sich die Anliegen jüngerer Menschen sicher nicht vom Einsatz für mehr Frieden entkoppeln. Gleichzeitig sind diese Themen momentan so klar spürbar, dass sie natürlich die Massen eher mobilisieren als klassische Friedensthemen, die vielleicht etwas in den Hintergrund gerückt sind. Ich bin aber ziemlich überzeugt davon, dass diese generelle Politisierung, die da gerade vor allem unter Jugendlichen stattfindet, auch für die Friedensbewegung positiv ist. So entstehen auch ganz neue Synergien, beispielsweise, wenn wir uns anschauen, was für ein "Klimakiller" das Militär ist. Diese Synergien müssen wir nutzen und uns gemeinsam für eine Politik einsetzen, die diese drängenden Probleme unserer Zeit endlich angeht.