Samstag,
09.11.2019 - 12:00
5 min
E-Mobilität im Schneckentempo

In den heimischen Verwaltungen immer noch die Ausnahme: Elektrofahrzeuge. Im Frühjahr holte der Wehrheimer Bürgermeister Gregor Sommer einen neuen E-Kita-Bus im Autohaus von Thomas Wallisch ab. Foto: UA/Archiv
HOCHTAUNUS - Diesel (pfui) oder Benziner? Hybrid oder rein elektrisch? Weil das für Otto-Normalfahrer eine schwierige Entscheidung ist, sollen Firmen und Verwaltungen mit gutem Beispiel vorangehen oder besser gesagt -fahren - und vermehrt E-Dienstwagen einsetzen (die nach Ablauf des Leasingvertrags verbilligt auf den Markt kommen und somit auch für den kleineren Geldbeutel erschwinglich sind). So hatten sowohl Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) als auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgeschlagen, weitere steuerliche Vergünstigungen zu schaffen und die bestehenden zu verlängern. Funktioniert das? Und wie sieht es in den heimischen Verwaltungen aus? Der UA hörte sich um.
Die mit Abstand größte Garage braucht die Kreisverwaltung. Der Landrat und die beiden hauptamtlichen Dezernenten nutzen jeweils ein Dienstfahrzeug der Marke BMW (Typen: X4 xDrive 30i, 530d xDrive und 530i xDrive Touring); es handelt sich um zwei Benziner und ein Diesel-Modell. Im Fuhrpark der Kreisverwaltung sind darüber hinaus derzeit zwölf weitere geleaste Fahrzeuge im Einsatz: sechs BMW 116i und jeweils einen BMW 218i active Tourer, BMW 530i Hybrid, BMW i3 (reines E-Mobil), VW Golf 1,2 TSI, VW Caddy 2,0i TDI und einen Audi Q7.
Alles ziemliche "Schiffe", könnte man da sagen, wobei zu berücksichtigen ist, dass insbesondere die Hauptamtlichen auch mal weitere Strecken in ihren Fahrzeugen unterwegs sind und sich sagen wir mal in einem Renault Zoe auf der A 5 nicht sonderlich wohl und sicher fühlen würden. Übrigens least der Kreis seine Fahrzeuge in der Regel hauptsächlich bei einer Firma, derzeit laufen die meisten Verträge mit BMW. Die Verträge werden regelmäßig auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüft, sodass der Kreis auch immer mal wieder die Automarke wechselt.
Im Besitz des Kreises sind dagegen folgende Fahrzeuge: ein BMW 520i, ein Audi Q 5 2,0 TDI, zwei Nissan Qashqai, drei Opel Combo, ein Opel Vivaro, zwei Suzuki Jimny, ein VW Golf III, ein MAN (LKW Jugendverkehrsschule) sowie zwei Mercedes Benz (LKW Jugendverkehrsschule). Unterm Strich: sehr konventionell. Dazu sagt Kreispressesprecherin Andrea Herzig: "Das Ziel des Kreises ist natürlich ein größerer Einsatz von E-Fahrzeugen in seiner Flotte, schließlich gibt es am Kreishaus ja auch eine Stromtankstelle. Nach und nach soll der Bestand in diese Richtung ausgebaut werden." Und es gibt eine klare Anweisung: Für alle weiteren Dienstreisen der Kreisbediensteten, also zum Beispiel für Weiterbildungen soll in erster Linie der ÖPNV genutzt werden.
"Bürgermeistertarife"
Wir begeben uns in die Stadt Usingen, die ihrem Bürgermeister Steffen Wernard (CDU) ein Leasingfahrzeug Audi Q5 2.0 TDI mit 190 PS als Dienstwagen zur Verfügung gestellt hat. "Darüber gibt es eine Vereinbarung und ich muss diesen mit ein Prozent des Listenpreises versteuern", so Wernard, der betont: "Es gibt einen sogenannten Bürgermeistertarif bei den Autoherstellern, da sind verschiedene Fahrzeuge gelistet, die zu sehr günstigen Konditionen an die Stadt geleast werden." Zum Fuhrpark der Stadt gehören ferner ein Elektrofahrzeug, ein Mercedes Smart, ebenfalls Leasingfahrzeug, der demnächst in das Eigentum der Stadt übergehen wird. Und: Es gibt ein Elektrofahrrad für die Mitarbeiter.
Wernards Kollege Thomas Pauli (SPD) in Neu-Anspach hat einen Renault Megane Grand Tour Business, 1,5 Liter Diesel mit 130 PS. Das Leasingfahrzeug - "für Kommunen gibt es da gute Konditionen" - will er bis zum nächsten Sommer fahren. Danach, überlegt er, könne er auf ein Hybridfahrzeug wechseln. Einziges E-Fahrzeug derzeit in seiner Verwaltung: ein Renault Kangoo, im Bauhof - "für Kurzstrecken ok."
Nicht viel weiter in SAchen E-Mobilität ist die Gemeinde Wehrheim. Bürgermeister Gregor Sommer gibt Auskunft: "Ich fahre selbst als Dienstfahrzeug einen VW Passat Benziner, für den ich neben der gesetzlich vorgeschriebenen steuerlichen Verrechnung auch zusätzlich noch für die Privatnutzung zahle. Für den gemeindlichen Fuhrpark und aufgrund der Nutzung im näheren Umfeld von Wehrheim wurden als Dienstfahrzeuge von der Verwaltung in den letzten zwei Jahren angeschafft: ein VW E-Golf - ein reines E-Fahrzeug zur Nutzung durch die Mitarbeiter - sowie ein Nissan Bus zum Transport für die Kita-Kinder sowie weiteren Fahrten für Kinder, ebenfalls ein reines E-Fahrzeug."
"Für uns war das billigste Auto ein C-Klasse Benziner. E-Autos sind erheblich teurer", beantwortet Grävenwiesbachs Bürgermeister Roland Seel (CDU) die UA-Anfrage nach dem Dienstwagen. Wobei er betont: "Für den Bürgermeister von Grävenwiesbach gibt es keinen gesonderten Dienstwagen. Wir haben einen für die Verwaltung, auf den ich ein Vorgriffsrecht habe. Aber alle dürfen dieses Auto fahren. Im Zweifel fahre ich mit meiner Kiste."
Das macht sein Kollege Götz Esser (FWG) in Weilrod grundsätzlich so. Zum einen findet er einen Dienstwagen für einen Bürgermeister "irgendwie blöd": "Ich habe das nicht für notwendig befunden, und für die Gemeinde ist das auch günstiger." Zum anderen aber fährt er als großer VW-Bus-Fan viel zu gerne mit seinem eigenen Bus durch seine Heimat. Die Kilometer seiner Dienstfahrten schreibt er nur auf, wenn er mal längere Strecken unterwegs ist. Davon abgesehen, verschließe sich die Gemeinde nicht neuen Konzepten: Man denke über Carsharing nach, baue Lande-Infrastruktur aus; beim Umbau des Bauhofes sei eine "E-Tankstelle" vorgesehen.
In Schmitten fährt Bürgermeister Marcus Kinkel (parteilos) einen Hyundai Tuscon (Benziner). Die monatliche Rate durch die Gemeinde ist gedeckelt; den Rest zahlt er als Nutzer selbst. "Im Fuhrpark der Gemeinde haben wir keine besonders klimafreundlichen Fahrzeuge", räumt der Rathauschef ein. Dies sei besonders zwei Umständen geschuldet: "Zum einen sind diese Fahrzeuge in der Anschaffung immer noch überproportional teuer und zum anderen brauchen wir gerade im Bauhof Fahrzeuge für spezielle Nutzungsformen."
Ob die Hauptamtlichen hierzulande in Zukunft umschwenken? Immerhin sollen auch die Elektro-SUVs demnächst preiswerter werden; Renault/Dacia will eins unter 10000 Euro auf den Markt bringen. So einen Wagen könnte sich dann auch Otto-Normalfahrer leisten. Wenn der nicht lieber auf das Neueste vom Neuen warten will: Auf das seit dieser Woche mit frischem Rückenwind ausgestattete Wasserstoffauto mit Brennstoffzelle.