Weihnachtsgeschenk wurde zum Riesenflop

Heute vor 50 Jahren wurde die längste Kunststoff-Skibahn der Welt eingeweiht. Die bereitet heute noch Probleme.
Usinger Land -Heute vor genau 50 Jahren wurde am Feldberg die damals längste Kunststoff-Skipiste der Welt eingeweiht. Die sogenannte Nordbahn sollte ganzjährigen alpinen Skispaß im Mittelgebirge ermöglichen, erwies sich aber schnell als Flop. Aus Sicht des Niederreifenbergers Thomas Eckermann ist sie vielleicht die größte Umweltsünde im Bereich des Feldbergs.
„Die Nutzung der Kunststoff-Noppenpiste war tatsächlich nur auf wenige Tage im Winter beschränkt, und noch heute findet man die Waben im Bereich der Nordbahn“. So Eckermann. An die Einweihung kann sich der heute 62-Jährige nicht erinnern. „Da war ich wohl nicht dabei, aber im kommenden Sommer sind wir als Buben mit kurzen Hosen dort Ski gefahren“, erzählt er. Mit Öl, das sich wie eine Wachsschicht um die Unterseite der Bretter gelegt habe, ging es bergab. „Wenn man gefallen ist, hatte man Schleifspuren am Hintern und sonst wo“, weiß Eckermann noch genau und dass er insgesamt gar nicht oft die Kunststoffbahn benutzt hat.
Stopps, Stürze und Verbrennungen
Im Sommer sei die Piste nie wirklich zum Skifahren tauglich gewesen. Und die Hoffnung, dass die Noppen im Winter den Schnee besser halten können, erwies sich auch als falsche Annahme. Wenn sich im Winter der Schnee stark verdichtet hatte oder abgefahren war, kam es laut Eckermann gerade an den Noppen zu gefährlichen Stopps und Stürzen.
Daran erinnert sich auch Wolfgang Jäger, der langjährige Vorsitzende des Skiclubs Reifenberg. Er selbst ist nie auf der Kunststoffpiste gefahren, hat aber die Entstehung miterlebt. Weil schon seit den 1960er-Jahren für Alpinskisport an der Nordbahn ein Schlepplift zum Plateau lief, habe die Feldbergregion, angeleiert vom Hessischen Skiverband, mit einem großen Landeszuschuss diese Kunststoffpiste bekommen. „Das war damals ein Wahlgeschenk der SPD und wurde schnell zum größten Flop“, meint Jäger.
„Wegen mangelnder Sicherheit bei der Abfahrt wurden hier, anders als geplant, niemals Meisterschaften ausgetragen“, berichtet Jäger weiter. Nach seiner Auffassung waren einige obere Streckenabschnitte viel zu steil. Er ergänzt: „Die Skifahrer haben sich nicht nur Brüche und Prellungen, sondern auch Verbrennungen zugezogen.“ Das Sommerskifahren sei dann schnell Geschichte gewesen.
Auch der winterliche Skizirkus wurde immer weniger. Schneearme Winter führten dazu, dass der Lift nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden konnte. „Nach dem Brand der Anlage im Jahr 1988 war dann auch endgültig Schluss mit dem Lift“, so Eckermann.
Doch die Kunststoffmatten blieben. Wie Günter Schwemmlein während eines Arbeitseinsatzes der Schmittener Umweltpaten (Umpas) feststellte, war das Partnerunternehmen, das die Matten verlegt habe, in Konkurs gegangen. „Um den Rückbau hat sich niemand gekümmert. Dabei wäre es damals wesentlich leichter gewesen, die Kunststoffteile wegzunehmen“, sagte er. Inzwischen sind die Reste eingewachsen, werden aber nach starken Regenfällen teilweise ausgespült und stellen nicht nur für Mountainbikefahrer, sondern auch für die Umwelt eine Gefahr dar.
Kleinssteile lösen sich ab
Regelmäßig unterstützen die Fahrradfahrer des Vereins „Wheels over Frankfurt“, deren Downhillstrecke an der ehemaligen Talstation des Skilifts endet, die Umpas beim Müllsammeln und entfernen dabei immer wieder sichtbar herausragende Reste der alten Kunststoff-Skipiste. Beim World Cleanup Day im September hatten sie wieder einen ganzen Berg mit Kunststoffwaben im Gelände gesammelt.
Ein Riesenproblem ist für die Umpas, dass sich von vielen Matten im Lauf der Zeit unzählige Kleinstteile abgelöst haben. „Die sehen aus wie Konfetti und können nach jedem Regen bergab in die Weil gespült werden und von dort über die Flüsse ins Meer gelangen“, erläuterte Umweltpatin Dr. Gudrun Urban bei der jüngsten Sammelaktion. Sie ist überzeugt: „Die Reste der Kunststoffmatten, die im Sommer 1972 verlegt wurden, werden die Umweltschützer noch über Jahre beschäftigen.“
Eckermann weiß, dass es auch andere Meinungen gibt. Manche seien der Auffassung, es werde wohl nie gelingen, die Reste der Kunststoffmatten komplett zu beseitigen. Daher sei es am sinnvollsten, sie ganz zuwachsen zu lassen. VON EVELYN KREUTZ

