OBERREIFENBERG - (red). Zum 23. Kammerkonzert gastierte am vergangenen Samstag das Liedduo Bernius-Dalvit in der Reihe Hauskonzert-Feldberg mit „Liedern aus alten Zeiten“. Den Auftakt machten Schottische Lieder von Robert Schumann. Ergreifend erzählten sie vom Leben des Hauptmanns Ronald, seines Sohnes Donald und wie sein Weib zur Witwe wurde. Mit Joseph Haydens Englischen Canzonetten erklangen dann unter anderem Verse von William Shakespeare. In die Pause ging es mit Franz Schuberts vier Gesängen der Mignon von Johann Wolfgang von Goethe. Sie erzählten von ihrer Sehnsucht nach Italien und ihrem Herren Wilhelm Meister: „Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß, was ich leide!“
Das Publikum stillte seine eigenen Sehnsüchte während der eigens ausgedehnten Pause im romantischen Garten. Vier Lieder von Franz Liszt holten die Zuhörer dann zurück in die Abgründe der Märchenwelten. Der Fischerknabe entschläft süß im See, man trauerte um die tote Nachtigall, lauschte dem schönen Gesang der Lerche und beweinte Schiffer und Kahn, die durch den Gesang der Loreley untergehen mussten. Morbide, lieblich und gewalttätig hat Liszt die Stimmungen vertont. Sofort waren alle Seelen wieder wie gefangen.
Hugo Wolfs Lieder nach Eduard Mörike bildeten den märchenhaften Abschluss und Höhepunkt mit Titeln wie „Nixe Binsefuß“, „Es war ein alter König“ und das „Lied vom (Sause-)Winde“. Schon das Entfalten der vielen bis zu siebenseitigen Noten-Leporellos auf dem Klavierpult entzückte die Zuhörer. Die unwirkliche Schönheit und perfekt vorgetragene Komplexität der Lieder begeisterten so sehr, dass noch zwei Zugaben folgten – Schumanns „Widmung“ und ein Lied aus Dalvits russischer Heimat.
Maria Bernius strahlend klarer, höchst kultiviert geführter Liedsopran mit angenehm wenig Vibrato erfüllte den Saal und die Gemüter. Die Sängerin verstand es, die Stimmungen aller Lieder dynamisch fein auszudifferenzieren, vom zarten Piano – gekonnt, auch in der Höhe – bis zum energisch-dramatischen Forte, das niemals forciert wirkte. Der Reichtum der verschiedenen Klangfarben, über den sie verfügt, machte jedes Lied zu einer kostbaren Miniatur. So berührend, dass auch die absolute Stille der Pausen zwischen den einzelnen Liedern mit märchenhaftem Zauber erfüllt schien. Gerade die Intimität ihrer leisen Töne harmonierte wunderbar mit dem differenzierten, stets virtuosen Spiel von Nadja Dalvit-Saminskaja. Selbst in ihren musikalisch notwendigen sehr energischen Passagen gelang der Pianistin eine innige Harmonie mit dem lyrischen Sopran. Bernius und Dalvit verzauberten das Publikum als gleichberechtigte Solisten – märchenhaft schön.
Nadja Dalvit-Saminskaja war sich unter großem Applaus mit allen Zuhörern einig, dass diese Liedmusik tatsächlich am authentischsten in dem wunderbaren – kleinen – Rahmen eines intimen Kammerkonzerts erlebt werden kann. Zum 24. Kammerkonzert öffnet Hauskonzert Feldberg die Türen am 24. Juni mit dem Mathematiker und Meisterpianisten Valentin Blomer. Informationen und Anmeldung unter www.hauskonzert-feldberg.de.