Schmitten: Benedict Klöckner und Alexey Pudinov spielen beim Hauskonzert Feldberg
Als Alexey Pudinov (Klavier) und Benedict Klöckner (Violoncello) die kleine Bühne im Wohnzimmer der Familie Groh in Oberreifenberg betreten, wird es mucksmäuschenstill. Ihr Auftritt bei Hauskonzert Feldberg darf als weiteres Glanzlicht in der Veranstaltungsreihe in Schmitten gelten.
OBERREIFENBERG - (red). Zum 33. Kammerkonzert kamen nicht nur ungewöhnlich viele Gäste nach Oberreifenberg. Während der letzten Vorbereitungen waren Alexey Pudinov, Klavier und Benedict Klöckner, Violoncello von ihren Konzerten in Moskau, Manchester, Amsterdam und London auch in besonders regem Austausch mit den Gastgebern Ralf und Esther Groh, denn ausgerechnet am gleichen Tag sollte Benedict Klöckner in London einem der zur Zeit berühmtesten Dirigenten vorspielen. Der Dirigent musste warten und Klöckner reiste mit seinem Cello am Morgen von London an und am Folgetag mit gleichem Gepäck wieder dorthin zurück. Über dieses Gepäckstück wird noch zu berichten sein.
Im Wohnzimmer-Konzertsaal wurde es auf allen drei Ebenen mucksmäuschenstill, als Benedict Klöckner mit dem Cello solo begann. Mit vier stillen, mehrstimmigen Solotakten beginnt die Kreutzer-Sonate, Op. 47, A-Dur von Ludwig van Beethoven, ursprünglich für Pianoforte und Violine geschrieben und schon damals von einigen der größten Geiger wegen ihres enormen Tonumfangs und ihrer Virtuosität als unspielbar bezeichnet. Beethovens Kommentar „für einen tüchtigen Geiger geschrieben“ ist ein blanker Euphemismus. Das müsste umso mehr auch für das Cello in der Transkription von Carl Czerny gelten.
Für Benedict Klöckners Spiel, Intonation und Interpretation schienen das allerdings Bedenken aus einer anderen Welt zu sein. Ungeachtet der eng um ihn sitzenden Gäste schloss er meist die Augen und durchlebte seine Musik fast körperlich: Gleich nach den initialen A-Dur Takten verdunkelt sich die Stimmung in Richtung a-Moll bis sie sich in einem wütenden Presto befreit. Kurz angeschlagene Akkorde, Tremoli, rasante Läufe bis in allerhöchste Lagen kennzeichnen die Virtuosität dieser Sonate. Das Publikum musste aber gar nicht vor Bewunderung des atemberaubenden Spiels staunen, sondern wurde gleichsam mit hineingezogen in ihr Innerstes, eins mit dem Klang, losgelöst von den Herausforderungen seiner Entstehung.
Das gelang im perfekten Zusammenspiel mit Alexey Pudinov am Klavier. Man hörte vom ersten Moment an, warum der junge Konzertpianist auch ein begehrter Kammermusikpartner ist: Der Mitbegründer unter anderem des „Frankfurt Piano Trios“ und des Klavierduos „two4piano“ schuf hier den fast konzertanten Rahmen für ein atemberaubendes Musikerlebnis. Gilt die Kreutzersonate doch auch als kammermusikalisches Gegenstück zur gleichzeitig entstandenen Eroica-Sinfonie. Beide Musiker beflügelten sich geradezu gegenseitig, brachten die tänzerische Leichtigkeit und den Wiener Schmäh zum Vorschein.
Nach der Pause steigerte sich das Erlebnis weiter. Auch in Frédéric Chopins Sonate für Violoncello und Klavier g-Moll, op. 65 eröffnet das Cello mit den Themen, die die ganze Sonate durchziehen. Es war sein letztes Werk, in Gänze uraufgeführt in seinem letzten öffentlichen Konzert und nur eines von neun Werken, das ein anderes Instrument neben dem Piano vorsieht, wovon das Cello ihm das Liebste war. Und so waren hier tatsächlich zwei völlig gleichberechtigte Instrumente zu erleben, mal solistisch, dann das Cello oder Klavier dominierend und schließlich beide auf Augenhöhe.
So gelang das unmöglich Geglaubte: Die Intensität und das gemeinsame Erlebnis in der Musik wurde nicht nur über die Pause gerettet, sondern in ungeahnte Höhen weiter gesteigert. Kernstück der Sonate ist ihr Finale, in dem Alexey Pudinov mit bravouröser Virtuosität, emotional eng verbunden mit Benedict Klöckner das offizielle Programm beendete. Es riss die Zuhörer mit minutenlangem, begeistertem Applaus von den Stühlen.
Wer nun glaubte, das sei nicht zu steigern, durfte sich in zwei umfangreichen Zugaben wiederum eines Besseren belehren lassen. Zunächst wurde es tänzerischer, lateinischer und tatsächlich noch furioser. Ein inniges Feuerwerk sprühender Hingabe – bei Benedict Klöckner mit seinem Cello auch als Schauspiel sichtbar. Der Flügel ließ sich aus praktischen Gründen nicht ganz so leicht in den Arm nehmen, musikalisch aber allemal. Und in der abschließenden Vocalise von Sergej Rachmaninow war dann nochmals der singende Ton des Cellos zu erleben, wie es nur den besten Cellisten auf den besten Instrumenten gelingen kann.
Und damit nochmals zu Benedict Klöckners Gepäckstück: Es stammt aus dem Jahr 1680, war also zur Entstehungszeit der Kreutzersonate bereits 120 Jahre alt und wurde seither von den berühmtesten Cellisten, teilweise über viele Jahrzehnte gespielt. Ohne Details zu verraten, sagte Benedict Klöckner: „Es ist wahrscheinlich berühmter, als wir alle einmal werden.“ Wenn er sich damit mal nicht täuscht – zu wünschen wäre es ihm.
Das 34. Kammerkonzert findet am 9. Juni bei Hauskonzert Feldberg statt. Dann spielt Julia Rinderle am Piano solo Werke von Mozart, Brahms, Schubert und Auszüge aus den von ihr erstmalig eingespielten und hochgelobten Geisterszenen von Anselm Hüttenbrenner. Anmeldung und Information www.hauskonzert-feldberg.de.