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Sie sind jung und anspruchsvoll

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Von: Anke Hillebrecht

Mehr als 60 Prozent der Besucherinnen und Besucher kommen zum Shoppen in die Innenstadt. Kleidung bestellen 45,7 Prozent allerdings im Internet.
Mehr als 60 Prozent der Besucherinnen und Besucher kommen zum Shoppen in die Innenstadt. Kleidung bestellen 45,7 Prozent allerdings im Internet. © ANKE HILLEBRECHT

Eine Studie zeigt die typischen Innenstadt-Besucher. Die Einkaufsstadt schneidet in der Bewertung gut ab.

Bad Homburg -Das Bangen um den Verbleib von Galeria Karstadt hat gerade wieder den Blick in die Innenstadt gelenkt. Nicht nur hat Bad Homburg das Glück, das Warenhaus zu behalten - wobei „die Messe noch nicht gelesen ist“, wie OB Alexander Hetjes (CDU) anmerkt. Auch gibt es neue Ergebnisse einer Passanten-Befragung: 56,8 Prozent gaben der Innenstadt aufgrund ihrer Attraktivität die Schulnote „gut“, 20,5 sogar „sehr gut“ - ergibt die Gesamtnote 2,1. Damit hat sich das Ergebnis (2,4) einer früheren Umfrage im Vor-Corona-Jahr 2016 noch verbessert. Auch die vergleichbar großen Städte bekamen nur eine 2,4. „Das ist richtig gut“, urteilte Dr. Markus Preißner, wissenschaftlicher Leiter des Instituts, das die Umfrage für die Stadt durchgeführt hatte.

Sein erster Eindruck sei eine „freundliche Stadt“ gewesen, sagte Prießner. Er war mit der S-Bahn gekommen, dort strahle einem zwar „erstmal viel Beton“ entgegen, aber sauber sei es, und dann habe er schnell den ältesten Golfplatz Europas gefunden, „da kann man ganz schön mit punkten“.

Dass die Menschen nun, da die Pandemie nicht mehr im Vordergrund steht, wieder verstärkt in die Fußgängerzone strömen, hat man schon vor Weihnachten gesehen. Viele Händler befürchten allerdings, dass der Trend zum Online-Shoppen, der sich in Zeiten des Lockdowns etabliert hat, anhält. Doch die Besucher kommen in die Innenstädte zurück, wie die Befragungsergebnisse zeigen. „Jedoch nicht alle“, so Preißner. 40,2 Prozent der Befragten in Bad Homburg geben an, dass sie verstärkt online einkaufen und deshalb seltener in die Innenstadt gehen. Das ist eine große Veränderung zu 2016: Damals sagten dies nur 11,5 Prozent. Der Vergleichswert ähnlich großer Städte liegt bei 26,8 - in Bad Homburg waren also besonders viele Online-Shopper anzutreffen. „Die wollen auch mal was in der Innenstadt erledigen“, so Preißner. Bei ihnen gelte: je jünger, desto online-affiner.

Stadt zieht viele aus dem Umland an

Bekleidungsgeschäfte haben besonders mit der Konkurrenz aus dem Internet zu kämpfen: Mit 45,7 Prozent werde für Mode und Accessoires „fast jeder zweite Euro“ online ausgegeben. Ebenfalls groß (39,5 Prozent) ist der Anteil bei Elektrobedarf, Schreibwaren (36,6) und Hobby (36,8). „Vor der Pandemie waren das jeweils höchstens 30 Prozent.“

In Bad Homburg hat sich der Altersdurchschnitt der Besucher von 52,3 (2016) auf 44,2 gesenkt. Die größte Gruppe, die im Herbst angetroffen und angesprochen wurde, ist die der 26- bis 40-Jährigen. „Das ist gut, befindet Preißner, „denn die brauchen wir fürs Geschäft.“ Meist trafen die Interviewer auf Frauen.

49,1 Prozent, also fast die Hälfte der Besucher, kamen nicht aus Bad Homburg; samstags lag der Anteil der „Auswärtigen“ sogar bei 53 Prozent. 2016 kamen lediglich 39,8 Prozent der Befragten von außerhalb, und auch in anderen Städten dieser Größe liegt deren Anteil nur bei 38,2 Prozent. Die Steigerung sei positiv, so Preißner, ziehe die Stadt doch mehr Menschen aus dem Umland an. Die Befragten kamen aus den umliegenden Kommunen, manche sogar aus Darmstadt und Mainz.

Shopping, Lokale und Freizeitangebote ziehen

Was Umweltbewusste freuen wird: Im Vergleich zu anderen Städten kamen mehr Menschen mit dem Fahrrad (19,9 Prozent, keine Vergleichszahl aus 2016) und weniger mit Auto oder Motorrad (29,4 Prozent; 2016: 40,7); 28,7 Prozent (2016: 22,7) mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Für Auswärtige ist nach wie vor das Auto (52,2 Prozent) wichtig (Homburger: 7,6 Prozent), aber auch Bahn oder Bus (38,5 Prozent). Wer hier wohnt, stieg oft aufs Rad (37,4 Prozent) oder lief in die Innenstadt (35,5 Prozent).

„Warum sind Sie heute in der Innenstadt?“ Auf diese Frage antworteten 64,3 Prozent, dass sie einkaufen oder bummeln wollten. Wegen eines Restaurantbesuchs waren 53,4 Prozent in der City - wobei 69 Prozent aller Besucher tatsächlich ein Lokal besuchten. Das Gastronomieangebot ist vor allem über die Stadtgrenzen hinaus bekannt: 64,2 Prozent der Auswärtigen nannte dies als Grund. Auch „Verweilen / Sightseeing“ (insgesamt 26,5 Prozent) sowie das Freizeit- und Kulturangebot (23,1 Prozent) waren vor allem für Menschen aus dem Umkreis wichtig - die Werte sind mehr als doppelt so hoch wie die der Bad Homburger. Hier gibt es mehr zu sehen und zu erleben als anderswo: In anderen Städten kamen wegen eines Schwimmbads oder einer Ausstellung lediglich 11,8 Prozent in die Innenstadt.

Zwei Geschäfte, das ist das Pensum für gut ein Viertel der Innenstadt-Besucher. Vor sieben Jahren schafften 44,9 Prozent drei oder mehr Läden, heute tun das nur noch 15,7 Prozent. 17,6 Prozent gehen in gar kein Geschäft.

Mehr Läden wünscht sich die Hälfte der Besucher, mehr Gesundheitsangebote vor allem Homburger (44,4 Prozent) und mehr Kultur (43,8 Prozent). „Generell sind die Besucher Bad Homburgs sehr anspruchsvoll, die wollen alles“, so Preißner. Auch beim Punkt Veranstaltungen wurden der Kurstadt Defizite aufgezeigt. „Deshalb her damit“, sagte der Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft, Eberhard Schmidt-Gronenberg, beim Info-Abend in Richtung Stadt. City-Mangerin Tatjana Baric sagte: „Wir wollen uns darauf nicht ausruhen.“ Laut OB Hetjes gelte es nun, die Verkehranbindung mit den Öffentlichen und Radwege weiter auszubauen.

601 Passanten wurden im Herbst befragt

Das Kölner Institut für Handelsforschung (IFH Köln) führte im Herbst bereits zum fünften Mal in 111 deutschen Städten Befragungen zur Attraktivität der jeweiligen Innenstadt durch. Bad Homburg hat sich nach 2016 zum zweiten Mal beteiligt - als einzige Kommune im Umkreis. Insgesamt wurden 86 651 Passanten befragt; in der Kurstadt erfolgte die Datenerhebung an verschiedenen Donnerstagen und Samstagen zwischen Mitte September und Mitte November des vergangenen Jahres. 601 Interviews wurden anhand eines Fragebogens geführt. Abgefragt wurden die Meinung der Passanten zu öffentlichem Raum, Handelsangebot, Erreichbarkeit, Stadtentwicklung.

Dr. Markus Preißner, wissenschaftlicher Leiter des als renommiert und unabhängig geltenden Instituts, stellte die Ergebnisse am Mittwochabend rund 60 Interessierten aus Handel und Politik im Kurhaus vor.

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