Themen sind nicht vom Tisch: Wehrheimer Politik kann sich bei Waldbestattungsfläche und Jugendpflege nicht einigen

Was sich bereits in den Ausschüssen angedeutet hatte, wurde in der Gemeindevertretersitzung Realität: Die Werheimer Politik ist sich bei den Themen Waldbestattungsfläche und Jugendpflege uneinig.
Wehrheim. Nachdem in den politischen Gremien der SPD-/FDP-Prüfantrag zur Errichtung einer Waldbestattungsfläche schon eingehend behandelt wurde, nahm auch am Freitagabend bei der Gemeindevertretersitzung das ganz offensichtlich emotional aufgeladene Thema breiten Raum ein.
Nächste Sitzungsrunde soll sich erneut mit Waldbestattungsfläche beschäftigen
Rund eine Stunde wurden erneut die Argumente für und wider die inzwischen unterschiedlichen Vorschläge ausgetauscht, bis am Ende der Antrag von Heidrun Mony (SPD), die Entscheidung auf eine der nächsten Sitzungsrunden zu verschieben, mit knapper Mehrheit von zwölf zu elf Stimmen angenommen wurde. Damit ist das Thema also noch nicht vom Tisch, sondern wird nun, vermutlich mit weiteren neuen Anträgen aus den Fraktionen, spezifiziert.
»Wir haben keinen Zeitdruck, aber es besteht noch erheblicher Klärungsbedarf«, brachte Dr. Torsten Kunz (Grüne) es auf den Punkt und plädierte dafür, die Zeit zu nutzen, um die Alternativen bestmöglich auszuarbeiten. Damit zeigte sich auch Klaus Schumann (FDP) einverstanden, und eigentlich hätte es der CDU-Fraktion ebenfalls recht sein können, brachten deren Vertreter als Gegenargument doch immer wieder vor allem die hohen Investitionen vor, die man sich aktuell aufgrund der Haushaltslage nicht leisten könne (Dr. Teja Müller: »Die Frage ist, ob jede Gemeinde einen Friedwald vorhalten muss. In der momentanen Haushaltslage ist das nicht machbar, aber vielleicht später. Und wir brauchen auch erst mal belastbare Zahlen«). Die CDU lehnte die Verschiebung jedoch ebenso ab, wie den Antrag zur Errichtung einer Waldbestattungsfläche. Sie hätte das Thema gern gänzlich oder zumindest auf längere Zeit ad acta gelegt.
Bürgermeister-Veto bringt Schärfe in Diskussion um Jugendpflege rein
Dass ein in der Gemeindevertretersitzung beschlossener Vorgang nicht automatisch auch Vollzug bedeutet, wurde durch den Widerspruch des Bürgermeisters belegt. Was war geschehen? Die FDP-Fraktion hatte im März dieses Jahres den Antrag gestellt, bei dem die Gemeinde aufgefordert wird, die personelle Ausstattung der Jugendarbeit bzw. Jugendpflege zum schnellstmöglichen Zeitpunkt geschlechtsgemischt auf 1,5 Stellen zu erhöhen, wobei zur rechtskonformen Ausarbeitung der Ausschuss für Soziales, Sport, Jugend und Kultur einzubeziehen sei. Der Antrag wurde damals mehrheitlich (zwölf zu elf Stimmen bei einer Enthaltung) beschlossen, allerdings hatte der Bürgermeister Kraft seines Amtes nun Widerspruch eingelegt mit der Begründung, der Beschluss sei nicht rechtskonform.
Zum einen verstoße der Beschluss gegen Haushaltsrecht, weil die Gemeinde unverzüglich eine Nachtragshaushaltssatzung zu erlassen habe, wenn eine neue Stelle besetzt werden solle, diese im Stellenplan aber nicht vorhanden sei. Zudem sei eine Ausweitung der Stellenanteile auf die freie Jugendarbeit eine freiwillige Leistung. Zum anderen bezieht sich der Widerspruch auf die Forderung des Antrags, diese neue halbe Stelle mit einer weiblichen Kraft zu besetzen. Das verstoße gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Trotz des abschließenden Satzes in seinem schriftlichen Widerspruch, er hoffe auf eine pragmatische, für die Gemeinde juristisch und finanziell tragbare Lösung, brachte auch der Hinweis, ausschließlich der Gemeindevorstand stelle Gemeindebedienstete ein und der Beschluss, den Sozialausschuss einzubeziehen, stelle einen Verstoß gegen diese Regelung dar, eine gewisse Schärfe in die Sache.
Wehrheimer Gemeindevertretersitzung: Widerspruch folgt auf Widerspruch
Es sei den Antragstellern bewusst gewesen, dass dies kein Arbeitsauftrag sei und es noch eine gewisse Rechtsunsicherheit gebe, weshalb man ja auch darum bitte, den Sozialausschuss einzubeziehen, nahm Tanja Kaspar (FDP) Stellung. Diesen hatte übrigens Erster Beigeordneter Dirk Sitzmann (Grüne) in Abwesenheit des erkrankten Bürgermeisters verlesen und dabei betont, dies sei der Widerspruch des Bürgermeisters, nicht des Gemeindevorstands. »Diese Bitte um Unterstützung möchte der Bürgermeister ohne Einbeziehung des im Antragstext genannten Gemeindevorstands mithilfe des Widerspruchs erschlagen, er leistet sich den Luxus der Verzögerung. Offensichtlich ist es ihm egal, wie dringend der gemeindliche Jugendpfleger personelle Unterstützung braucht«, unterstellte Kaspar. Der Widerspruch löste eine heftige Debatte aus und während die SPD lediglich einen ableitbaren Rechtsbruch in Bezug auf die Forderung, die Stelle weiblich besetzen zu wollen, sah und diesen Punkt zurückziehen wollte, unterstrich Nora Schumann (FDP) nochmals die Notwendigkeit der weiblichen Besetzung und verwies auf die Argumente der März-Sitzung, die eine Ausnahme rechtfertigten.
CDU-Fraktionsvorsitzender Oliver Matyschik lobte die sehr gute Jugendarbeit und sah eine weitere Besetzung, zumal eine weibliche, nicht als zwingend an. Matyschik habe recht, wenn er die Jugendarbeit lobe, allerdings werde sie auf dem Rücken des Jugendpflegers geleistet, der mehr als 500 Überstunden vor sich her schiebe, konterte Dr. Mark Sen-Gupta (Grüne). Sowohl Grüne, als auch FDP und SPD wiesen den Widerspruch zurück und so stimmten die Gemeindevertreter mit 13 Stimmen (gegen zehn Stimmen aus der CDU) dafür, den Widerspruch des Bürgermeisters zurückzuweisen.
Schnelle Einigung gab es hingegen bei der Entscheidung, ob die Gemeindeverwaltung sich der Behördenrufnummer 115 anschließen solle. Zwar gab es den Einwand, die Gemeinde verpflichte sich damit, Personal für den sogenannten »Second-Level Support« bereitzustellen, dennoche wurde der Antrag einstimmig angenommen.