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„Frühsport“ am Multifunktionsplatz ärgert Anwohner

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Von: Andreas Burger

Eine tolle Einrichtung ist der Multifunktionsplatz - wenn denn nicht die nächtlichen Sportaktivitäten wären, die Anwohner den Schlaf kosten.
Eine tolle Einrichtung ist der Multifunktionsplatz - wenn denn nicht die nächtlichen Sportaktivitäten wären, die Anwohner den Schlaf kosten. © Christine Jung

Müssen bis drei Uhr und ab fünf Uhr morgens wirklich Basketballer aktiv sein? Lösung gesucht

Usingen -Es gibt Klagen von Anwohnern gegen Krach, die den Kopf schütteln lassen - etwa gegen Glockenläuten, weil man erst nach dem Umzug den Kirchturm entdeckt hat. Oder gegen Kinderlachen und Rufen von Spielplätzen. Selbst gegen Kitas mussten Richter schon Klagen verhandeln.

Im Fall des Multifunktionsplatzes in Usingen allerdings ist der Fall etwas anders gelagert. Dieser liegt oberhalb der Christian-Wirth-Schule (CWS) und am Schlossgarten, bietet Kindern und Jugendlichen mannigfaltige Beschäftigungsmöglichkeiten. Fußball, Basketball und vieles andere. Derzeit von 7 bis 22 Uhr. Und wenn es zu dunkel ist, können Nutzer bei der Stadt Chips für die Flutlichtanlage kaufen.

Dagegen hat Jochen Möckel auch gar nichts. Er ist 2019 nach Usingen gezogen und hat in der neuen Wohnanlage in der Obergasse seine Traumwohnung gefunden. Sie liegt nach hinten in Richtung Schlossgarten hinaus.

Und genau das ist das Problem. Denn sobald die Tage wärmer werden und es mal nicht regnet, drängt es die Jugend auf diesen Multifunktionsplatz. „Das ist auch völlig okay. Sie sollen ja ihren Spaß haben. Aber müssen die Jugendlichen tatsächlich bis morgens um ein Uhr Basketball spielen, sich mit Mofas Licht machen und den Motor laufenlassen?“, fragt er. Und das sei mitnichten ein Einzelfall. „Im vergangenen Jahr ging das wochenlang so, und auch dieses Jahr haben wir schon die ersten schlaflosen Nächte gehabt“, sagt der Anwohner.

Katz und Maus

Er hatte sich auch ans Ordnungsamt gewandt. Das schickte Streifen hin, aber kaum waren diese weg, kamen die Jugendlichen wieder. Und Möckels Versuche, mit den späten Sportlern ins Gespräch zu kommen, endeten mit Beleidigungen und Drohungen.

Inzwischen hat sich auch eine weitere Anwohnerin an die Stadt gewandt. Und ebenfalls nur erfahren, dass man Streife fahre.

Es folgten mehrere Anzeigen bei der Polizei, ein Tipp der Stadt. Die Beamten kamen auch, aber die Jugend roch schnell Lunte, verschwand und kam wieder, wenn der Polizeiwagen außer Sicht war.

Möckels Lösung: Licht aus. Denn der Platz selbst wird durch Laternen ausgeleuchtet. „Da die Flutlichtanlage nach 22 Uhr nicht funktioniert, müsste doch nur das Licht abgedreht werden, dann liegt alles im Dunkeln. Und mit Hinweisen wie ,Betreten auf eigene Gefahr’ wäre auch die rechtliche Seite abgedeckt.“

Nicht für die Stadt. Denn diese Möglichkeit hatte Rathauschef Steffen Wernard (CDU) bereits mit dem Ordnungsamt und der Polizei diskutiert. „Die Polizei aber will aus Sicherheitsgründen sowie wegen der Kameras gegen Vandalismus das Licht haben. Zudem besteht auch eine Verkehrssicherungspflicht seitens der Stadt.“

Schlafmangel geht an die Nerven

Dennoch will sich Wernard nun noch mal mit den Behördenvertretern zusammensetzen, um über mögliche Lösungen zu diskutieren. Eine Anwohnerin hatte dem Bürgermeister auch Videos geschickt, auf denen um 5 Uhr morgens Basketballspieler auf der Fläche die Anwohner aus den Betten scheuchte.

„Das geht doch an die Nerven, wenn man an warmen Tagen die ganze Nacht keinen Schlaf findet“, sagt Möckel. „Und ich betone deutlich: Es geht mir nicht um die spielenden Kinder und Jugendlichen zu den erlaubten Zeiten, die sollen ihren Spaß haben. Aber um Mitternacht oder bis drei Uhr muss niemand Basketball oder Fußball spielen.“

Auf seine Initiative hin, so Möckel, seien erst die Schilder aufgestellt worden, die auf die Zeiten für Spielen hinwiesen. „Wer dagegen verstößt, riskiert ein Bußgeld. Doch bisher ist keiner verwarnt worden, egal wie oft wir die Polizei gerufen haben. Wenn ich ein paar Minuten im Halteverbot stehe, bekomme ich zu Recht ein Ticket. Aber in dem Fall scheint es andere Regeln zu geben. Wenn die Jugendlichen oder die Eltern erstmal eine Strafe zahlen mussten, setzt vielleicht ein Umdenken ein.“

Wernard kann über das Video mit den Frühsportlern auch nur den Kopf schütteln. Aber: „Wir schicken ja die Ordnungspolizei an die Fläche, auch und gerade am Wochenende. Nur müsste diese die Jugendlichen auch erwischen. Die sind aber schnell weg.“ Dennoch versucht die Verwaltung nun in einem Gespräch, eine mögliche Lösung zu finden.

Kommentar: Klare Sache der Behörden

Klagen gegen Spielplätze, Kitas oder Kirchenläuten? Da dreht sich mir der Magen um. Und oft sind es Neubürger, die überrascht feststellen, dass sie an eine Geräuschquelle gezogen sind.

Im Fall des Multifunktionsplatzes aber sieht die Sache anders aus, denn die Anwohner gehen nicht gegen die erlaubten Geräusche von dort vor. Ballspielen am Tag und bis 22 Uhr ist ihnen kein Dorn im Aug’ - und wenn, dann ein hingenommener. Aber nach 22 Uhr? Oder morgens bereits um fünf Uhr?

Hinweise, dass die Betroffenen erst seit vier Jahren dort wohnen, sind in dem Fall auch nicht gerade hilfreich. Denn die nächtlichen Sportaktivitäten sind eine Ordnungswidrigkeit. Und wissend um diesen Zustand sind alle Behörden qua Amts verpflichtet, Abhilfe zu schaffen. Licht aus? Das dürfte rechtlich schwer sein. Aber den Ruhestörern bei mehreren Aktionen mal ein ordentliches Zeichen entgegenzusetzen, das dürfte helfen. Denn wenn Eltern ihre Sprösslinge schon nächtens nicht vermissen (was tief blicken lässt), dann ist das Vermissen von Barem wegen einer Ordnungsstrafe sicher eher von ihnen zu bemerken.

Ab und an Streife fahren, mag für die Optik nett sein. Aber mit zwei, drei konzertierten Aktionen der Stadt zusammen mit der Polizei und dem folgenden Verhängen von Strafen wird mehr erreicht.

Dass der Anwohner selbst versucht hat mit den Jugendlichen zu reden, ehrt ihn, aber nach Drohungen gegen ihn versteht man weitere Zurückhaltungen. Der Platz ist Eigentum der Stadt. Sie hat dafür zu sorgen, dass die Anwohner nachts ihre Ruhe haben. Wie auch immer. VON ANDREAS BURGER

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