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Wasserstoff tanken geht auch im Taunus

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Von: Matthias Pieren

In Grävenwiesbach sind die neuen Wasserstoffzüge schon unterwegs - im Notfall können sie hier auch ihren Tank füllen.
In Grävenwiesbach sind die neuen Wasserstoffzüge schon unterwegs - im Notfall können sie hier auch ihren Tank füllen. © MATTHIAS PIEREN

Notfall-Lösung in Grävenwiesbach eingerichtet

Usinger Land -Zum Fahrplanwechsel im Dezember hatte der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) die Einführung der größten Wasserstoffzug-Flotte der Welt angekündigt. Doch erst im Sommer werden alle 27 bestellten H2-Triebfahrzeuge mit Namen „Coradia-i-Lint“ ausgeliefert und auf den vier Bahnlinien des sogenannten Taunus-Netzes (RMV-Linien RB 11, 12, 15 und 16) im Einsatz sein. Der Start der neuen Epoche erfolgte bekanntlich zuerst auf der Taunusbahn. Der Zugverkehr auf der hiesigen RMV-Linie RB 15 klappte seither mehr schlecht als recht. Der ÖPNV zwischen dem Usinger Land und dem Vordertaunus konnte nur durch zusätzlich eingesetzte Busse garantiert werden.

Nun bereitet der RMV eine zusätzliche Betankungsmöglichkeit für die neuen Wasserstoffzüge in Grävenwiesbach vor. Künftig soll die neue Zugflotte im dortigen Gleisvorfeld des Bahnhofs über mobile Wasserstoff-Container betankt werden können - aber nur im Notfall, nicht für den Regelbetrieb. Per Lastwagen können bei Bedarf von Höchst Wasserstoff-Container ins Usinger Land gebracht werden. Die Züge können dann über eine mobile Zapfanlage vom bereits vorbereiteten Areal neben dem Gleis aus betankt werden.

„Die Tankmöglichkeit in Grävenwiesbach war von Beginn an im Wasserstoffzug-Projekt vorgesehen und ist seit 2019 Teil des geschlossenen Vertrags. Es handelt sich um eine Rückfallebene zur Tankstelle in Frankfurt-Höchst, die in keinem Zusammenhang mit der aktuellen Betriebssituation steht“, teilen dazu die Pressesprecher des RMV und des Zugherstellers Alstom auf Anfrage mit.

Die Idee dahinter: Sollte wegen einer Gleis-Baustelle die Tankstelle in Frankfurt-Höchst vom Hochtaunuskreis aus nicht erreichbar sein, können die H2-Züge dennoch eine Tankmöglichkeit ansteuern. Die i-Lints haben einen Tank für 250 Kilogramm Wasserstoff. Nach Angaben des RMV sollen diese, je nach dem Längen- und Höhenprofil der Strecken, für bis zu 1000 Kilometer ausreichend sein. Alstom-Sprecher Andreas Florez weist in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, dass (anders als vergangene Woche berichtet) die derzeitige Reichweite der Wasserstoffzüge deutlich über 250 Kilometer liege. In wenigen Tagen werden weitere Messfahrten erfolgen. Man wolle mit einer Tankfüllung des i-Lint zeitnah 600 Kilometer Reichweite erreichen.

Nach aktuellem Lieferplan des Herstellers Alstom sollen bis Anfang Mai vier weitere Wasserstoffzüge ausgeliefert sein. „Diese werden wie die bisherigen zehn gelieferten Triebfahrzeuge rundum überarbeitet sein. Umfangreiche Stresstests sollen eine adäquate Qualität sicherstellen“, teilt der RMV auf Anfrage mit. „Maßgeblich resultieren die jüngsten Fahrtausfälle auf der Taunusbahn vom Ausfall der Diesel-Ersatzfahrzeuge“, teilt Meyer mit.

Grundsätzlich klassifiziert der RMV die aktuelle Betriebsqualität auf der Taunusbahn in der jüngsten Pressemitteilung immer noch als „desolat“. Gerade die Berufspendler steigen auf dem Weg zur Arbeit deutlich häufiger wieder ins Auto. Die Züge sind bei weitem nicht so gut frequentiert wie vor Corona. An den Haltestellen der Taunusbahn gibt es stets freie P&R-Parkplätze. „Eine verlässlich gute Betriebsqualität ist natürlich die Grundlage, um die Fahrgäste davon zu überzeugen, wieder in die Taunusbahn einzusteigen“, formuliert RMV-Pressesprecherin Vanessa Rehermann, und verspricht: „Wir werden daran arbeiten, das Vertrauen der Fahrgäste zurückzugewinnen.“

Hoher Krankenstand beim Personal

Aktuell kommt es auf allen vier Bahnlinien im Taunus-Netz zu zusätzlichen Fahrtausfällen wegen Personalengpässen, wie der Betreiber Regionalverkehre Start Deutschland auf Anfrage bestätigt. „Der Lokführermangel ist ein sehr ernstes Thema der gesamten Branche“, teilt dazu Start-Pressesprecherin Katja von Schoeler mit. „Die gesamte Branche erlebt gerade einen extremen Rückgang an Fachkräften.“ Im Taunus-Netz habe man bis jetzt zwar kein Personalproblem, das auf zu wenige Mitarbeitende zurückzuführen wäre. Doch führe aktuell ein ungewöhnlich hoher Krankenstand - nach wie vor durch Corona und Grippe - dazu, dass einzelne Verbindungen immer wieder kurzfristig ausfallen müssten.

„Wir sehen aber eine deutlich höhere Fahrzeugverlässlichkeit und damit einhergehend eine deutliche Verbesserung der Betriebsstabilität. Damit werden auch die immensen Belastungen der Mitarbeiter in den vergangenen Monaten zurückgehen und wir können sukzessive in einen geregelten Betriebszustand kommen“, so die Start-Sprecherin.

Höchst bleibt die erste Anlaufstelle

Ein Blick in die Zukunft: Nach Elektrifizierung der Taunusbahn und dem Betriebsstart der bis Usingen verlängerten S 5 sollen bekanntlich die weißblauen Wasserstoffzüge den Betrieb zwischen Usingen, Grävenwiesbach und Brandoberndorf übernehmen. Auch die dann weiterhin angebotenen Direktverbindungen aus dem Usinger Land über Bad Homburg hinaus nach Frankfurt sollen dann von H2-Zügen bedient werden.

„Die Betankung der Wasserstoffzüge wird auch dann planmäßig in Frankfurt-Höchst erfolgen“, teilt der Sprecher des Rhein-Main-Verkehrsverbundes, Maximilian Meyer, mit. „Zur Vermeidung von Extra-Fahrten der Züge zur Tankstelle ohne Fahrgäste ist vorgesehen, weitestgehend die Direktzüge nach Frankfurt und den Wechsel der Fahrzeuge zwischen den vier Linien des Taunus-Netzes - RB11, 12, 15 und 16 - zu nutzen.“ VON MATTHIAS PIEREN

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