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Wer hat Angst vorm „bösen“ Wolf?

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Von: Matthias Pieren

Wie Monika Graf und Kevin Claudi von der evangelischen Kita Arche Noah in Usingen begleiten viele Erzieherinnen die Kinder von gleich mehreren Waldgruppen im Usinger Land.
Wie Monika Graf und Kevin Claudi von der evangelischen Kita Arche Noah in Usingen begleiten viele Erzieherinnen die Kinder von gleich mehreren Waldgruppen im Usinger Land. © MATTHIAS PIEREN

Niemand, zumindest nicht in den Waldkindergärten des Usinger Landes

Usinger Land -Weit über 100 Jahre, nachdem 1904 der letzte frei lebende Wolf in Deutschland geschossen wurde, wächst der Bestand der Wildtiere wieder jährlich um rund 30 Prozent. Auch im Usinger Land wurden gesicherte Nachweise erbracht, dass zuletzt gerissene Huftiere auf das Konto von Wölfen gehen.

Die Ausbreitung des Wolfes stellt so manche Tradition in unserer Kulturlandschaft auf den Kopf. „Selbstverständlich beschäftigen wir uns mit dieser Thematik und haben uns bereits entsprechend informiert“, teilt dazu auf Anfrage Usingens Sozialamtsleiter Reiner Greve mit. Einer der beiden Kita-Wald-Gruppen in Usingen ist in Trägerschaft der Stadt.

Man sei bei der Stadt nach der Überprüfung und Bestätigung der Verdachts-Meldungen im Usinger Land entsprechend wachsam und vorsichtig. Da der Mensch aber nicht zum Beuteschema des Wolfes gehöre und es bislang zu keinerlei Übergriffen durch den Wolf gekommen sei, bleibe man aber angemessen, ruhig und besonnen.

Der Mensch gehört nicht zum Beutespektrum

„Durch die permanente Lautstärke in einer Kita-Gruppe wird aber ein Wolf sicherlich nicht angelockt, sondern eher vertrieben“, ist sich Greve gewiss. Von den Eltern der Waldkinder seien ihm aktuell keine Reaktionen bekannt.

Ein Mann, der es wissen muss, hat seinen Schreibtisch auch im Usinger Rathaus stehen, wenngleich er den Großteil seiner Arbeitszeit im Usinger Stadtwald verbringt. Revierförster Karl-Matthias Groß ist Mitbegründer und heutiges Vorstandsmitglied bei Wichtelland, dem Verein für Naturpädagogik, der Träger eines Waldkindergartens in Wehrheim ist. „Ich halte es mit den Aussagen von Fachbehörden und Wildbiologen, die sich seit Jahren mit dem Thema des Verhältnisses zwischen Menschen und Wölfen beschäftigen“, sagt Groß. „Der Mensch gehört nicht zum Beutespektrum des Wolfs. Mir sind keine Fälle bekannt, bei denen in Mitteleuropa Menschen zu Schaden gekommen sind.“ Setze man demgegenüber die Zahl der jährlichen Verkehrstoten in Größenordnung von mehreren Tausend sowie die mehreren Hunderttausend Verletzten bei Verkehrsunfällen dazu ins Verhältnis, so werde deutlich, dass durch die Entfremdung der Menschen von der Natur und ihre Unkenntnis über das Wildtier Wolf Gefahren gesehen werden, wo keine sind. „Falls sich mir wirklich ein Wolf nähern sollte, aus Neugier oder weil er mich nicht gewittert oder gehört hat, so würde ich ihn mit dem Handy fotografieren, um den Wolfsbeauftragten und der Unteren Naturschutzbehörde die Sichtung zu melden und mich freuen, so einen Anblick gehabt zu haben“, sagt der Forst-Experte und ermutigt dazu, sich über den Wolf, dessen Lebensweise und Sozialverhalten zu informieren, um unnötiger Angst sinnvoll zu begegnen. „Wenn es mir unheimlich würde, so würde ich einen Ast oder Stein nach dem Tier werfen, um ihn zu vertreiben.“

Auch bei der Stadt Neu-Anspach sieht man als Träger der Kita Rasselbande und der dort angegliederten Waldgruppe der neuen Entwicklung gelassen entgegen. „Der Wolf stellt für unsere Hessenparkgruppe Pitsche Dappcher und die dort betreuten Kinder sowie Erzieherinnen keine Gefahr dar“, teilt Anja Engers als Amtsleiterin der Stadt mit. Wölfe seien in der Regel scheu und überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv.“

Keine Bedenken seitens der Eltern

Beim Hessenpark handele es sich um ein eingezäuntes Gelände, in dem die Kinder nur vormittags betreut werden. Auch die Waldgruppe der Kita Villa Kunterbunt halte sich nur vormittags an ihrem Waldtreffpunkt auf. „Sollte eine Gefahr bestehen, dürften auch keine Wald-Spaziergänge mehr unternommen werden und der Hessenpark müsste gänzlich schließen“, betont Anja Engers. „Auch von Elternseite liegen uns bisher keine Bedenken vor. Grundsätzlich ist es für uns wichtig, den Kindern den Umgang mit und das Verhalten gegenüber Wildtieren zu vermitteln.“

Auch in Schmitten haben weder die Verantwortlichen der Kindertagesstätten noch Kita-Eltern Bedenken hinsichtlich des Kindergarten-Alltags der Waldgruppe oder sonstiger Kita-Ausflüge in den Wald geäußert.

„Die Rückkehr des Wolfes müssen wir beobachten, aber eine Einschränkung im jetzigen Kita-Alltag gibt es in keinem unserer Kindergärten“, so die Antwort von Susann Schubel vom Hauptamt der Feldberggemeinde. VON MATTHIAS PIEREN

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