Konzert zum 175-jährigen Jubiläum der Wehrheimer Chorgemeinschaft „Cantus Wirena“
Von Andreas Seifert
Glänzender Solist: Bariton Philipp Kranjc (oben rechts). Zeigt sich sichtlich ergriffen vom großen Beifall des Publikums: Diplom-Chorleiter Mark Opeskin (unten rechts). Hatte ihren großen Auftritt im fünften Satz: Sopranistin Paula Bohnet. Fotos: Seifert
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USINGEN - Die Luft in der evangelischen Laurentiuskirche knisterte förmlich vor Spannung. Schon seit zwei Wochen waren sämtliche Konzerttickets ausverkauft, und bis kurz vor 17 Uhr am Sonntagabend füllten sich denn auch die Reihen im Gotteshaus bis auf den allerletzten Platz. Es war der letzte Sonntag im Kirchenjahr, den die evangelischen Christen in Erinnerung an die Verstorbenen als Toten- oder Ewigkeitssonntag feiern. Passend zu diesem Anlass hatte der Kulturkreis Usinger Land zur Aufführung des „Deutschem Requiems“ vonvon Johannes Brahms eingeladen. Schon die Ankündigung versprach mehr als einhundert Sängerinnen und Sänger aus drei Chören, zwei Solisten, eine mächtige Kesselpauke, zwei Pianisten – und das alles unter der Leitung von Diplom-Chordirigent Mark Opeskin.
Die Aufführung sollte der i-Punkt für das 175-jährige Jubiläum der Wehrheimer Chorgemeinschaft „Cantus Wirena“ werden. Deshalb hatten sich die Akteure bereits vor knapp einem Jahr zur Ausschreibung dieses Projekts entschlossen, erzählte Kerstin Mony, die Vorsitzende des Vereins. Mit dem Kirchen- und dem Jugendchor der evangelischen Kirchengemeinde Usingen formte sich schließlich ein Ensemble, das nach intensiver elfmonatiger Probe am Sonntagabend eine wahre Glanzleistung ablieferte.
Schon im ersten Satz „Selig sind, die da Leid tragen, denn sie werden getröstet werden“ spannt der Chor den Bogen zwischen Leid und Trost und setzt mit den Worten des 1. Petrus-Briefes „Denn alles Fleisch, es ist wie Gras“ das Wehklagen über den Tod fort. Doch anders als im ersten Satz nimmt der Gesang hier an Fahrt auf, wird teilweise marschmäßig intoniert, um an Ende ganz im Piano auszuklingen.
Glänzender Solist: Bariton Philipp Kranjc (oben rechts). Zeigt sich sichtlich ergriffen vom großen Beifall des Publikums: Diplom-Chorleiter Mark Opeskin (unten rechts). Hatte ihren großen Auftritt im fünften Satz: Sopranistin Paula Bohnet. Fotos: Seifert Foto:
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Im dritten Satz des Requiems rücken Todesfurcht, Todesgewissheit und Vernichtungsangst in den Fokus. Erstmals greift nun der Bariton in die Handlung ein, agiert sozusagen als Vorsänger. Der Chor greift das Solo auf und intensiviert es. Mit Bariton Philipp Kranjc hatte man einen absolut überzeugenden Solisten für diese Aufführung ausgewählt. Eine ebenso überzeugende Leistung lieferte Sopranistin Paula Bohnet ab, die ausschließlich im fünften Satz zum Auftritt kam. Beide Solisten wurden am Mozarteum in Salzburg ausgebildet und haben erste Bühnenerfahrungen in Deutschland und Österreich gesammelt.
Während besonders in den ersten drei Sätzen Trauer und Tod thematisiert werden, rückt Brahms in den Sätzen V-VII Trost und die Gewissheit, dass der Tod zu besiegen und hinter ihm das ewige Leben sei, in seine Handlung. Im vierten Satz schafft der Komponist mit einem Text aus dem 84. Psalm „Wie lieblich sind deine Wohnungen…“ einen idyllischen Ruhepunkt in der Mitte der Komposition. Dem Chorensemble gelingt es fabelhaft, die von Brahms beschriebene Zuversicht zu vermitteln. Nach der Dramatik des sechsten Satzes stimmt der Chor einen ruhigen, versöhnlichen Ausklang an. Der Kreis zum Anfang des Requiems schließt sich, denn wieder beginnt der Text mit einer Seligpreisung, wie in Satz I.
DEUTSCHES REQUIEM
Auch wenn der Komponist ein glühender Patriot gewesen sein soll, hat die Bezeichnung „deutsch“ im Titel keinen nationalen Hintergrund. Einzig die Tatsache, dass die zugrunde liegenden Texte in deutscher Sprache gehalten sind, gab dem Requiem seinen Namen. Als exzellenter Bibelkenner stellte Brahms eine eigene Sammlung von Bibelzitaten aus seiner eigenen Luther-Bibel von 1537 zusammen. Bis heute zählt das Deutsche Requiem zu seinen populärsten und am häufigsten aufgeführten Werken, das den Komponisten berühmt machte. (ase)
Mit einer Schweigeminute endete die rund 70-minütige Aufführung. Nicht unerwähnt bleiben dürfen bei diesem Konzert Ute Riemer und Torsten Mann, die das stattliche Chorensemble am Flügel begleiteten. Für die dramatischen Akzente in dem Werk sorgte Thomas Frömming (Pauke). Ein sichtlich ergriffener und sicherlich auch erleichteter Mark Opeskin genoss am Ende gemeinsam mit allen Akteuren den frenetischen Beifall eines tief beeindruckten Publikums.