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Verkehrsdezernent Thorsten Schorr zu Motorradfahrverboten: »Gewinner sind die Motorräder«

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Von: Inka Friedrich

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Die Motorradverbände werfen dem Hochtaunuskreis vor, sich mit ihnen bezüglich der temporären Sperrung des Feldbergplateaus nicht zusammengesetzt zu haben. © Inka Friedrich

Die Debatte um die geplanten Wochenendfahrverbote für Motorräder auf dem Feldberg ist im vollen Gange. Nun meldet sich Thorsten Schorr als Verkehrsdezernent des Hochtaunuskreises zu Wort.

Hochtaunus . Nachdem sich der Hochtaunuskreis und die Bürgermeister der Anrainerkommunen des Feldbergs dazu entschlossen haben, von Mai bis Oktober bestimmte Strecken zum Feldbergplateau für Motorradfahrer zu sperren, haben die Motorradverbände Widerstand gegen die Pläne angekündigt. Zudem werfen sie Landrat Ulrich Krebs und dem Kreis indirekt »Vetternwirtschaft« vor. Nun hat sich der Erste Kreisbeigeordnete Thorsten Schorr als Verkehrsdezernent zu dem Thema geäußert.

Herr Schorr, die Motorradverbände werfen Ihnen vor, dass sie sich nicht mit Ihnen an einem runden Tisch zusammengesetzt und einen Kompromiss gesucht, sondern stattdessen einfach entschieden haben. Stimmen diese Vorwürfe?

Schorr: Diese Vorwürfe weise ich entschieden zurück. Wir haben uns am Montag zunächst mit den Anwohnern, dann mit den Motorradverbänden und schließlich mit der Presse zusammengesetzt, um die vom Kreis zusammen mit der Bürgermeisterrunde als Ordnungsbehörden gemeinsam erarbeitete Lösung den jeweiligen Interessensgruppen vorzustellen. Bei diesen Gesprächen hat es die Möglichkeit gegeben, über die Lösung zu diskutieren. Doch die Motorradverbände haben uns unter anderem vorgeworfen, dass wir nicht zuerst mit Ihnen, sondern mit den Anwohnern gesprochen hätten und dass die Presse die Gutachten bereits im Vorwege gekannt hätte. Dabei hätte es den Motorradverbänden offen gestanden, sich die Homepage des Hochtaunuskreises anzuschauen. In den entsprechenden Ausschussunterlagen des Bau-, Planungs- und Verkehrs- und Umweltausschusses (BPVU) hätten sie das Gutachten gefunden, wie es die Presse ja auch getan hat. Es war dort für jeden frei zugänglich.

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Thorsten Schorr ist Verkehrsdezernent des Hochtaunuskreises. © Inka Friedrich

Warum hat man sich nicht früher mit den Motorradfahrern zusammengesetzt? Und empfanden Sie die Gespräche am Montag konstruktiv?

Das waren sie zu dem Zeitpunkt leider nur zum Teil. Einige Vertreter haben sich wirklich sehr um eine konstruktive Lösung bemüht. Andere wiederum zeigten sich unversöhnlich. Dazu passt der offene Brief vom 28. März dieses Jahres, indem der Bundesverband der Motorradfahrer e.V. ankündigte, dass sie alles akzeptieren werden, nur keine Sperrung, gegen die sie mit allen Mitteln vorgehen und klagen würden. Wenn man so früh so eine klare Ansage bekommt, frage ich mich, wo da die Kompromissbereitschaft ist und ob Gespräche selbst zu einem früheren Zeitpunkt etwas an deren Entscheidung geändert hätten?

Warum hat sich der Kreis zusammen mit den Bürgermeistern für eine Teilsperrung ausgesprochen?

Als ich am 1. Januar 2020 dieses Amt übernommen habe, war mir klar, dass ich das Thema auch zu Ende führen muss. Darum habe ich von Anfang an öffentlich klargemacht, dass wir als Kreis das Thema Motorradlärm am Feldberg nicht nach politischen Mehrheiten entscheiden werden, sondern dass wir, sobald die Testergebnisse vorliegen, diese von einem unabhängigen Büro prüfen lassen, das dann Handlungsempfehlungen aussprechen soll.

Daran habe ich nie Zweifel gelassen. Das entsprechende Büro war die IVM GmbH. Ihr Ergebnis habe ich dann mit den Anrainerbürgermeistern besprochen, die als Bürgermeister ja auch die Funktion der Ordnungsbehörden innehaben. Die Entscheidung, die wir getroffen haben, ist eine Sachentscheidung und keine politische und hat sich alleine an den Handlungsempfehlungen orientiert.

Aber bedeutet dies nicht mehr Verkehr für andere?

Natürlich bedeutet das auch, dass die Lärmpausen und Sperrungen den Verkehr an andere Stellen im Kreis bringen werden. Darum werden wir die Kommunen nach örtlichen Verkehrsschauen überprüfen, ob Geschwindigkeitsbeschränkungen an den Ortsein- und -ausgängen eingeführt werden können.

Warum hat man sich damals für die IVM entschieden? Denn einer der Vorsitzenden des Aufsichtsrats ist ja Landrat Ulrich Krebs, was bei den Motorradverbänden für Kritik gesorgt hat,

Wir haben in der Vergangenheit mit der IVM GmbH positive Erfahrungen gemacht. Zudem genießt das Büro einen sehr guten Ruf auch beim Land Hessen, denn Tarek Al-Wazir hat mit diesem Büro auch schon größere Veranstaltungen und Beteiligungsprozesse durchgeführt. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass die IVM von der öffentlichen Hand getragen wird, eine Reihe von Kommunen und Landkreise sind Minderheitsgesellschafter, auch der Hochtaunuskreis, weswegen Landrat Ulrich Krebs dort auch Aufsichtsrat ist. Die IVM GmbH ist eine regionale Gesellschaft, die über das Bundesland Hessen hinausgeht. Hauptgesellschafter sind das Land Hessen und die Stadt Frankfurt am Main. Der Hochtaunuskreis hält einen ganz geringen Anteil, nur 3,1 Prozent.

Und ein Sitz dort heißt nicht, dass wir uns aktiv ins Tagesgeschäft einbinden oder gar Einfluss nehmen. Es zeigt aber, dass die Argumentation der Motorradverbände auf schwachen Füßen steht und uns als Kreis ein getürktes Gutachten unterstellt. Ich jedoch habe keinen Zweifel an der Neutralität der IVM.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis?

Von Anfang an war es schwierig, eine Kompromisslinie für alle beteiligten Interessensgruppen zu finden. Wie ich bereits im BPVU-Ausschuss mit einem zwinkernden Auge gesagt habe: Die Motorradfahrer sind nicht zufrieden, die Anwohner sind nicht zufrieden, also haben wir alles richtig gemacht.

Und ich bliebe bei meiner Einschätzung, die ich am Donnerstag im Ausschuss ebenfalls geäußert habe: Die großen Gewinner sind aus meiner Sicht die Motorradfahrer, denn die generelle Sperrung des Feldbergplateaus wurde abgewendet. Außerdem gibt es für sie immer noch Ausweichmöglichkeiten, um an den Tagen der Sperrung auf anderen Wegen zum Feldbergplateau zu gelangen. Gesperrt wird nur ein Teil der Kanonenstraße sowie ein Teil zwischen der Hegewiese und Arnoldshain. Aber man kann immer noch die Gastronomie am Sandplacken erreichen. Lediglich die Kanonenstraße wird an den Wochenenden mit Lärmpausen nicht durchgängig befahrbar sein.

Die Motorradfahrer haben bereits angekündigt, dass sie gegen die Sperrungen klagen wollen. Wie ist dazu ihre Einschätzung?

Ich für meinen Teil finde es total schade, dass die Motorradfahrer nun direkt auf Fundamentalopposition gehen und auch gegen die Regelungen klagen wollen.

Dabei befinden wir uns erst am Anfang des Prozesses, bei dem auch die Motorradfahrer noch einmal Gelegenheit haben werden, zu Wort zu kommen und offiziell angehört werden, bevor da etwas verkehrsbehördlich angeordnet wird. Wir sind erst am Anfang des Verfahrens, in das alle Behörden und Interessensgruppen eingebunden werden, aber natürlich ist es mir wichtig, dass wir weiter mit den betroffenen Anwohnern und Motorradfahren im Gespräch bleiben.

Die Motorradverbände argumentieren, dass selbst Anwohner keine Ausnahmegenehmigungen bekommen würden, die auf das Zweirad angewiesen sind. Wird auch über eine Lösung dieses Problems nachgedacht?

Zwischen Hohemark und Sandplacken gibt es keine Anwohner, jedoch sind sicherlich Anwohner zwischen Hegewiese und Arnoldshain betroffen. Wie diese Menschen, die auf ihr Zweirad angewiesen sind, aus dem Bereich herauskommen, wird noch Thema des weiteren Verfahrens werden. Wir werden dafür sicher eine Lösung finden.

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