Warten auf den Umzug in das renovierte Jugendhaus

Im Frühjahr soll das Jugendhaus in Neu-Anspach wieder seine angestammten Räume beziehen können. Bis dahin sollen die Hochwasserschäden beseitigt worden sein.
Neu-Anspach. In dieser schnelllebigen Zeit gerät man schneller in Vergessenheit, als es einem lieb ist. Damit kämpfen die Jugendpfleger Stephanie Kremer und Joscha Kählitz. Die 36-Jährige ist Leiterin des Jugendhauses (Juz), der 29-Jährige Streetworker, und beide sind Mitarbeiter des VzF Taunus (Verein zur Förderung der Integration Behinderter) mit Sitz in Oberursel. Jugendarbeit hat in der Corona-Pandemie kaum stattgefunden. »Sie läuft mit angezogener Handbremse«, sagt Kremer.
Im Jugendhaus in der Gustav-Heinemann-Straße 9 wurde 2020 das Corona-Testzentrum eingerichtet, daraufhin zog die Jugendarbeit vom Obergeschoss in den Keller um. »Der stand nach dem Unwetter komplett unter Wasser und steht monatelang nicht zur Verfügung«, sagt Kremer. Am 28. Juni vergangenen Jahres richteten sie deshalb ein Outdoor-Juz mit Sitzgarnituren, Pavillons und einer Lounge ein.
»Der Start war schleppend, denn das musste sich erst mal wieder einspielen. Die Rückkehr der Jugendlichen ist schwierig, wenn wir nur unregelmäßige Angebote machen können. Unzuverlässige Angebote sind nicht attraktiv. Jugendliche brauchen regelmäßige, verlässliche Öffnungszeiten. Wir waren sechs Monate inaktiv und müssen jetzt über Instagram oder Facebook wieder im Bewusstsein auftauchen«, sagt Kremer, die selbst zwei Jahre in Elternzeit war.
Endlich wieder richtige Räume
Immerhin: Seit Mitte Januar gibt es wieder richtige Räume, die sich auf der Rückseite des Bürgerhauses, direkt neben der Seniorenbegegnungsstätte Zentrum 60 plus, Gustav-Heinemann-Straße 3, befinden. »Es wird ganz gut angenommen«, so Kremers Eindruck. Doch das ist nur eine Übergangslösung. Sie und Kählitz hoffen auf einen Umzug in ihre eigentlichen Räume im Keller der Gustav-Heinemann-Straße 9 im April oder Mai. Künftig wollen sich VzF und Café Hartel, das seine Umzugspläne ebenfalls schon mehrfach anpassen musste, die Räume teilen. Und es gibt gute Nachrichten: Der Keller wurde trockengelegt, jetzt wird der Estrich verlegt, hat Kremer bei der Stadt in Erfahrung gebracht.
Kählitz hat während der zweijährigen Pandemie so gut es ging die Stellung gehalten. »Ich habe zum Beispiel Beratungsgespräche angeboten und den Jugendlichen geholfen, Bewerbungen zu schreiben«, sagt er. Damals fanden diese noch in einem Büro im ehemaligen Jugendhaus statt, mittlerweile wird dafür ein Büro in der VzF-Kita Mitte genutzt. »Möglichkeiten für Unterhaltungen gab es nicht, kommuniziert wurde über Instagram.« Sie hat betrieben, was sich »aufsuchende Jugendarbeit« nennt. Er war also an den beliebtesten Treffpunkten, um mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Das sind an erster Stelle der Skaterpark in der Siemensstraße und die Spielplätzen drumherum. »Das sind die Wochenend-Metropolen«, sagt Kählitz. Aber auch auf der Wacht, am »Feldi«, am Bahnhof und auf Spielplatz-Bänken in der jeweiligen Umgebung treffen sie sich.
Vielen Jugendlichen sei der 450-Euro-Job, zum Beispiel beim Bäcker, weggebrochen, eine Perspektivlosigkeit breitete sich aus. »Es ist war ein riesiges Problem, dass nichts mehr ging, man durfte nicht mal mehr Freunde treffen«, ergänzt Kremer. »Die Jugend hat sehr gelitten, der Nachholbedarf ist so groß, das ist fast nicht mehr zu schaffen. Wenn noch weiter an Jugendarbeit gesparrt wird, sehe ich ein großes Loch aufgehen. Ich bin mir sicher, dass die Jugendlichen noch Probleme kriegen«, so Kremer.
Über »Insta« haben die Jugendpfleger schon über den neuen Standort informiert und gepostet, dass der Kicker und »die Playsi« (Playstation) in den beiden neuen Räumen stehen. »Jeder Raum hat eine eigene Toilette«, betont Kremer, also Jungs und Mädchen getrennt. Im Flur steht ein Schreibtisch, auf dem Kremers Laptop und ihr Dienst-Handy liegen.
Die jetzigen Räume wurden früher als Umkleiden genutzt. Fachbereichsleiter Dr. Nico Sturm habe die Idee gehabt, ins Bürgerhaus zu gehen, berichtet Kremer, und diesen Raum habe dann Haustechniker Sören Kunstmann vorgeschlagen. »Es ist eine elegantere Lösung als die Clubräume mit Teppichboden im Bürgerhaus. »Dieser Raum ist barrierefrei, was uns sehr wichtig ist, genauso wie die Nähe zum Bahnhof«, so Kremer. Denn: Die meisten Jugendlichen kommen zwar aus Neu-Anspach und gehen an die ARS, aber es kommen auch welche aus Usingen, Schmitten und Weilrod. Und, was auch nicht jeder weiß: »Das Zentrum 60 plus ist das alte Juz, die Jugendlichen sagen jetzt ›Wir gehen ins alte Juz‹«, sagt Kählitz.
Hochwasser macht alles zunichte
Krämer und Kählitz sind Neu-Anspacher und arbeiten seit 2011 beim VzF. Der 29-Jährige ist seit 2020 Streetworker, die 36-Jährige leitet das Jugendhaus seit rund neun Jahren.
Dass sich VzF und Basa das Jugendhaus künftig teilen werden, sei eine politische Entscheidung gewesen. »Wir konnten nicht nachvollziehen, dass wir in den Keller umziehen sollen, aber mit der Teilung selbst waren wir einverstanden, es war besser als nichts«, sagt Kremer. Den Jugendlichen sei es egal.
Doch zwei Wochen nach der Wiedereröffnung im Sommer 2021 kam das Hochwasser - ein Schock. Die Möbel wurden aus dem Wasser gefischt und erst mal eingelagert, darunter ein Billardtisch. Drei Viertel der Möbel befinden sich noch in Lagern. In den Räumen neben dem Zentrum 60 plus haben die Jugendlichen wieder einen »Zufluchtsort«, sagt Kremer. Das sei enorm wichtig, egal ob zwischen zwei Schulstunden oder nach der Schule, sie suchten das Juz gerne auf. Rund 20 Jugendliche sind seit der Wiedereröffnung regelmäßig zu Besuch. »Letzte Woche waren zwölf da, zehn dürfen nur rein, dann geht die ganze Clique wieder.«
In den Räumen gilt die 3G-Regel (geimpft/genesen/getestet). »Ein Problem ist, dass wir nur noch am Kontrollieren sind«, erzählt Krämer. Impfstatus oder Tagestest, Maske, sogar ein Lüftungsprotokoll müssen sie führen. »Wir sind mit so viel anderem beschäftigt, das hemmt unsere Arbeit.«
Kremer und Kählitz suchen noch Verstärkung, eine Vollzeitstelle ist zu besetzen. Gesucht wird eine Person, die soziale Arbeit oder Sozialpädagogik studiert hat. »Berufserfahrung wäre wünschenswert und schön wäre, wenn er oder sie sich in der Stadt auskennt, das ist aber kein Muss.«
Übrigens: Das Juz in der Gustav-Heinemann-Straße 3 hat immer dienstags und mittwochs, 13 bis 19 Uhr, donnerstags von 14 bis 20 Uhr und freitags von 14 bis 21 Uhr geöffnet.