Was läuft in Grävenwiesbach besser? Bündnis Windpark Winterstein besucht Siegfriedeiche

Während in der Gemeinde Wehrheim über die Errichtung von Windkraftanlagen auf dem Winterstein diskutiert wird, sind in Grävenwiesbach längst Tatsachen geschaffen. Ein Besuch beim Nachbarn.
Grävenwiesbach. In Wehrheim bleibt die Frage der Errichtung von Windkraftanlagen auf dem Winterstein weiter heiß umstritten, wie die Debatte in der jüngsten Gemeindevertretung deutlich zeigte. Was tun, wenn im Parlament heftig über Windkraft gestritten wird? Vielleicht hilft der Blick in die Nachbarschaft. Das dachte sich das Bündnis Windpark Winterstein und lud am Sonntag zum Besuch der Windräder an der Sieg-friedeiche in Grävenwiesbach ein. Hier erläuterte Bürgermeister Roland Seel den Entscheidungsprozess und den Verlauf des Baus der Windräder, die sich seit knapp anderthalb Jahren in der nördlichen Nachbargemeinde drehen.
Sachliche Debatte und breite Mehrheit
Bündnis-Sprecher Hans-Dieter Wagner freute sich, knapp 90 interessierte Besucher am Parkplatz Herrenwald begrüßen zu können, die sich selbst einen Eindruck verschaffen wollten, wie sich Windräder bewegen, wie sie wirken und die Landschaft verändern. Bürgermeister Roland Seel stellte zu Beginn des Rückblicks auf sieben Jahre Planung, Entscheidung und Bau der sechs Windräder an der Siegfriedeiche klar, dass er Prozesse, Bürgerbeteiligung oder den Umgang mit Kritikern vorstellen, aber seine persönliche Meinung für und wider Windkraft für sich behalten werde.
»Machen Sie sich selbst ein Bild«, forderte der Rathauschef und erinnerte an die vielschichtige Entscheidungsfindung in den politischen Gremien seiner Gemeinde. Natürlich hätten nicht alle Parlamentarier dafür gestimmt, aber es habe sehr sachbezogene Debatten und am Ende eine breite Mehrheit für Windkraftanlagen gegeben«, betonte der Verwaltungschef. Die Gemeinde habe per Parlamentsbeschluss den politischen Willen der Bevölkerung umgesetzt.
»Wir werden nicht das Klima ändern, aber wir leisten unseren Beitrag«, beantwortete Seel auch die Besucherfrage nach dem Diskurs mit Windkraftgegnern und die Akzeptanz nach der Inbetriebnahme. »Es gibt eine Initiative gegen Windkraft und das ist auch völlig in Ordnung, aber es gibt auch breite Akzeptanz in der Bevölkerung«, blickte der Bürgermeister auf die Bürgerbeteiligung und nannte als Beispiel den Wind-Sparbrief mit einem Volumen von 500 000 Euro der heimischen Bank, der innerhalb eines Tages vollständig gezeichnet war. Im Namen des Gemeindevorstandes versicherte Seel, dass alle Eventualitäten geprüft worden seien und insbesondere die sehr lange Genehmigungszeit und die Auflagen zeigen würden, dass gerade auch Naturschutzbelange besondere Berücksichtigung fanden. So werden in Grävenwiesbach die Windräder vom 1. Mai bis 31. August tagsüber abgeschaltet, weil ein Wespenbussard hier seinen Horst hat. Beim Bau der Anlagen wurden Dank der Standorte auf Frei- und Windwurfflächen möglichst geringe Eingriffe in den Waldbestand vorgenommen. Seel informierte auch über die politische Beratungen zur Gestattung einer Verdichtung des Windparks Siegfriedeiche mit zwei weiteren Windrädern sowie die Grundsatzentscheidung für oder gegen den Bau neuer Anlagen auf einer anderen Windkraftfläche.
Bündnis-Mitglied Diethardt Stamm vom Energiebildungsverein hob in seinem Beitrag vor allem die Möglichkeit der Kommunal- und Bürgerbeteiligung als Grundlage von Akzeptanz von Windkraftanlagen hervor. Er nannte als Beispiel den Umstand, dass Betreiber und Kommunen inzwischen aktiv auf das Bündnis zukommen würden, mit dem Wunsch nach Informationsaustausch. Werner Neumann vom BUND-Kreisverband Wetterau versicherte den ausreichenden Schutz von Vögeln durch das Genehmigungsverfahren und sah den Artenschutz durch die Avifaunistik ausreichend gewährleistet.
Zum Abschluss zog Bündnis-Sprecher Wagner verbunden mit dem Dank an Bürgermeister Seel eine überaus positive Bilanz der Exkursion: »85 Besucher sind eine tolle Zahl und ich bin sehr beeindruckt, wie es in Grävenwiesbach gelungen ist, frühzeitig sich sachlich mit dem Thema Windkraft zu beschäftigen und dann darüber zu entscheiden.«
Andreas Romahn