Kampf gegen geringe Wahlbeteiligung

Götz Esser ist einziger Bürgermeisterkandidat, der Wahlkampf startet trotzdem.
Weilrod -Am 2. Januar war es klar - Götz Esser tritt als einziger Bewerber um das Amt des Bürgermeisters in Weilrod zur Wahl am 12. März an.
Warum es keinen Gegenkandidaten gibt, weiß er selbst nicht so hundertprozentig. „Vielleicht ist es die Anerkennung der Arbeit der letzten sechs Jahre, vielleicht aber auch, weil ich trotz Bürgermeisteramt immer der ,Götz aus Neuweilnau‘ geblieben bin“, vermutet er.
Denn das sei genau seine Stärke - die Bürgernähe, sein Engagement, seine Verlässlichkeit. So habe man ihn im Geschäftsleben kennengelernt, und diese Grundsätze habe er auch als Bürgermeister immer beherzigt. „Ich stamme aus einer Familie, in der ein Kaufmannsehrenwort per Handschlag noch etwas gilt. Dieser Grundsatz ist Teil meines Charakters geworden, und so setze ich ihn auch bei meiner Arbeit im Rathaus um. Die Weilroder wissen ganz genau, dass sie mich immer und jederzeit ansprechen können, wenn ihnen etwas auf dem Herzen liegt und dass mir die Gemeinschaft hier in Weilrod sehr wichtig ist.“
Traumziel: 40 Prozent
Einen weiteren Pluspunkt sieht er aber auch darin, dass er sich nicht zu fein ist, selbst mit anzupacken, wenn jemand beim Zeltaufbauen, beim Sandsäcke-Schleppen oder Bierzapfen gebraucht wird. Dass er der einzige Kandidat ist, sieht Esser allerdings auch ein wenig mit gemischten Gefühlen. „Einerseits denkt man natürlich, dass das schon so etwas wie ein Vertrauensvorschuss ist, andererseits trete ich nun gegen den Gegner ,niedrige Wahlbeteiligung‘ an. Die Wähler haben aber eine Wahl, mich entweder zu wählen oder eben nicht. Wichtig ist es aber, eine Wahl zu haben. Was passiert, wenn das nicht der Fall ist, sieht man ja leider in autokratisch regierten Ländern immer wieder.“ Dass eine Wahlbeteiligung in solchen Fällen oft besonders gering ist, wenn es nur einen Bewerber gibt, liege zum Teil sicher auch daran, dass viele meinten „der wird es ja ohnehin“. Ganz ohne Wahlmöglichkeit seien diese Bürger aber auch nicht, denn sie könnten ja auch mit „Nein“ stimmen und auf diese Weise ihre Meinung kundtun.
Trotzdem sei, betont Esser, eine Bürgermeisterwahl, mehr noch als viele andere Wahlen, eine Personenwahl. Und somit bittet er die Bürger, auch tatsächlich wählen zu gehen. „Ich würde mich sehr freuen, wenn ich von den Weilrodern am Wahltag einen deutlichen Auftrag bekommen würde, ein zweites Mal ihr Bürgermeister zu werden.“ Sein Traumziel wäre es, von etwa 40 Prozent der Wahlberechtigten gewählt zu werden, „das wäre wirklich ein großartiges Ergebnis und eine solide Legitimation“.
Deshalb will sich der Neuweilnauer in den nächsten Wochen bei seinem Wahlkampf auch so richtig ins Zeug legen. Startschuss war am vergangenen Wochenende, wo Plakate geklebt und Broschüren, mit denen er sich den Weilrodern zur Wahl empfiehlt, in den Ortsteilen verteilt wurden. Ab dem 25. Februar geht es dann los mit einer Wahlkampftour durch alle 13 Ortsteile. Für je eine Stunde will sich Esser dann mit Bürgern an zentralen Punkten in den Ortsteilen treffen und mit ihnen sprechen, um zu erfahren, wo der Schuh drückt.
Dass er dabei vielleicht ein wenig später dran ist als üblich, ist ihm klar. „Ich fange bewusst erst Anfang Februar an, weil ich die Bürger in der jetzigen Situation, in der sie sicherlich teilweise auch ganz andere Sorgen haben, nicht auch noch mit einem Wahlkampf überfrachten möchte.“
Esser ist es wichtig, dass er, trotz seiner Zugehörigkeit zur FWG Weilrod, seinen Wahlkampf selbst ausrichtet und auch selbst finanziert. Nur so, findet er, sei es möglich, überparteilich und unabhängig von irgendeiner Ideologie entscheiden zu können.
Wieder mehr Zeit für Musik
Doch was war überhaupt seine Motivation, noch einmal anzutreten? „Ich mag diese Gemeinde und die Menschen. Ich denke, eines der herausragendsten Merkmale von Weilrod ist, dass wir hier in einer wirklich guten Gemeinschaft leben.“ Dieses Gemeinschaftsgefühl habe unter Bürgermeister Hartmut Haibach begonnen und wurde unter Axel Bangert weitergeführt. „Meine beiden Vorgänger im Amt haben den Grundstein dafür gelegt, dass sich in Weilrod ein starkes Wir-Gefühl entwickelt hat, ortsteilübergreifend“, sagt Esser. Bewährt habe sich das besonders in den Jahren der Pandemie und seit dem Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. „Wir haben zusammengehalten, uns gegenseitig und auch anderen geholfen und unterstützt. Das macht Weilrod so besonders. Und genau dafür und für diese Menschen, die dies möglich gemacht haben, möchte ich mich in einer zweiten Amtszeit weiter starkmachen“, sagt Esser.
Gibt es etwas, dass er in seiner zu Ende gehenden ersten Amtszeit vielleicht hätte besser machen können? „Sicherlich habe auch ich Fehler gemacht. Aber da man sich selbst immer sehr schwer beurteilen kann, denke ich, dass das andere viel besser tun können.“ Eine Sache fällt ihm schließlich ein: „Natürlich ist es richtig, jemanden zu kritisieren, wenn er einen Fehler gemacht hat. Und man sollte diese Kritik auch annehmen, um es dann zukünftig besser zu machen, wenn diese Kritik sachlich und berechtigt ist. Aber eines habe ich mir ebenfalls vorgenommen: Ich möchte mir anonyme und unsachliche wie falsche Behauptungen künftig nicht mehr so zu Herzen nehmen“, sagt er.
Auf die Frage, ob es etwas gibt, das seit seiner Zeit als Bürgermeister privat zu kurz gekommen ist, bekennt er: „Ja, zwei Sachen gibt es da. Zum einen die Zeit für meine Familie und zum anderen - die Musik. Mir fehlt es, zusammen mit dem Posaunenchor zu üben und Auftritte zu bestreiten.“ Gerade bei den Weihnachtsmärkten sei ihm bewusst geworden, dass er es vermisst, zusammen mit anderen Bläsern Menschen eine Freude zu machen, zumal sich ein großer Teil seines engsten Freundeskreises aus eben jenem Chor rekrutiert. „Ich habe mir fest vorgenommen, dass das nun wieder anders wird und habe meine Tuba schon mal zum Instrumentenmacher gebracht.“ VON INKA FRIEDRICH