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Verbotenes Sammeln von Hirschgeweihen: Stangensucher sind Problem geworden

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Von: Sabine Neugebauer

Die Betreuer des Gemeindewalds Weilrod stellen immer mehr Stangensammler in den heimischen Rotwildgebieten fest. Dadurch scheuchen sie die Tiere auf.

Weilrod – Jedes Frühjahr schiebt ein Rothirsch ein neues Geweih. In den ersten Lebensjahren wird dies von Jahr zu Jahr immer größer und prächtiger. Manche Hirsche weisen beispielsweise durch sogenannte Rosenverletzungen Besonderheiten im Aufbau der Geweihstangen auf. Und jedes Jahr im Februar oder März verlieren diese Könige des Waldes ihre Krone. Und dann gehen in den vergangenen Jahren immer häufiger die Stangensucher in den Wald, dringen oft in die Einstände der Rotwildrudel ein, durchstreifen täglich die Landschaft, um die begehrten Sammelobjekte der Abwurfstangen zu finden.

Jagdpächter Wolfgang Schmidt (von links), Jagdaufseher Mario Mühle, Revierförster Felix Meyer und Andreas Gerlach, Vorsitzender der Jagdgenossenschaft, appellieren an die Waldnutzer: „Bleibt aus den Dickungen draußen.“
Jagdpächter Wolfgang Schmidt (von links), Jagdaufseher Mario Mühle, Revierförster Felix Meyer und Andreas Gerlach, Vorsitzender der Jagdgenossenschaft, appellieren an die Waldnutzer: „Bleibt aus den Dickungen draußen.“ © SABINE NEUGEBAUER

Diese Störung des Wildes ist sowohl HessenForst als Betreuer des Gemeindewalds Weilrod sowie den Jagdgenossen und den Jagdpächtern ein Dorn im Auge. Wie Revierförster Felix Meyer erläuterte, fahre das Rotwild im Winter seinen Stoffwechsel herunter, um so auf das verringerte Nahrungsangebot zu reagieren. Durch die Störungen in den Einstandsbereichen würden aber Fluchtreaktionen ausgelöst. Das Wild müsse dazu den Stoffwechsel hochfahren und brauche dann mehr Nahrung. Und das sei im Winter oft Baumrinde, wodurch Schälschäden und der Wildverbiss verstärkt werde.

Stangensammelei in hessischen Wäldern nimmt zu - Gestresstes Wild verursacht Schäden

Auch Wolfgang Schmidt, Jagdpächter des Reviers Hasselbach II (Ost), hat in den jüngsten Jahren beobachtet, dass die Stangensammelei zunehme. Geweihstangen seien mittlerweile ein stylisches Accessoire in Wohnungen, am besten noch in Gold oder Silber angesprüht. Aufgrund der großen Nachfrage werde Handel damit getrieben.

Zur rechtlichen Seite sagte er, dass der Jagdrechtsinhaber das Recht habe, sich die Stangen anzueignen. Die Jagdrechtsinhaber sind zunächst die Grundstückseigentümer wie Landwirte oder Kommunen, die sich meist zu Jagdgenossenschaften zusammenschließen. Diese hätten aber meist das Jagdrecht verpachtet, wie in Hasselbach an ihn und an Jodokus Niermann, Jagdpächter des Reviers Hasselbach I (West).

Rechtlich klar: Handel mit Stangen ist Hehlerei - Autos mit ortsfremden Kennzeichen gesichtet

Damit steht den Jagdpächtern das Recht an den Geweihstangen zu. Wenn diese jemand findet und mitnimmt, begeht er damit eine Straftat, es ist Wilderei. Es sei kein Problem, wenn ein Spaziergänger am Wegesrand mal eine Stange finde und mitnehme. Besser sei es, den Jagdpächter zu informieren und zu fragen. Meist dürfe der Finder die Stange dann behalten. Aber diese massive, gezielte Stangensuche sei zum Problem geworden.

Mario Mühle, Jagdaufseher im Revier Hasselbach West, ergänzte, dass der Handel mit diesen Stangen Hehlerei sei. Und Andreas Gerlach, Vorsitzender der Jagdgenossenschaft Hasselbach, berichtete, dass gerade in der Corona-Zeit die Beschwerden über Stangensammler gestiegen seien. Es seien Autos beobachtet worden, die nicht nur örtliche Kennzeichen hätten.

Besucher des Waldes sollen auf die Wildtiere Rücksicht nehmen - Hirsche in Weilrod bilden Rudel

Es gebe zwar ein freies Waldbetretungsrecht, so der Revierförster, aber trotzdem müsse Rücksicht genommen werden auf alle Waldbewohner und -nutzer. „Bleibt aus den Dickungen draußen“, appellierte er an die Waldbesucher. Er wies auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Rostock hin, das einen bekannten Stangensammler dazu verurteilte, es zu unterlassen, sich während der Abwurfzeit der Rothirsche außerhalb der Wege im Wald aufzuhalten.

Die Störung durch die Stangensammelei komme zu dem allgemeinen Freizeitdruck im Wald hinzu, ergänzte Mühle. Durch die vielfachen Störungen bildeten die Hirsche mittlerweile Rudel mit einer Größe bis zu 200 Stück. Und seien darum deutlich schwerer zu bejagen. So sei es für die Jäger schwieriger, die amtlich festgelegten Abschussquoten zu erfüllen. (Sabine Neugebauer)

Doch was passiert sonst im Gemeindewald Weilrod? Die Forstleute haben über das gesamte Jahr viel zu tun.

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