1. Startseite
  2. Lokales

Bad Homburg stellt Notfall-Konzept für Blackout und Energiesparmaßnahmen vor

Erstellt:

In Bad Homburg wurde ein Notfall-Konzept für einen möglichen Blackout vorgestellt. Die Stadt will außerdem Bau-Maßnahmen zum Energiesparen fördern.

Bad Homburg - Notfallplan, Blackout, Gasmangellage. Worst-Case-Szenario - die Begriffe, die bei der Informationsveranstaltung zur Energiekrise, die am vergangenen Mittwoch im Kurhaus in Bad Homburg (Hochtaunuskreis) stattfand, sorgten bei den Anwesenden sicher nicht gerade für Beruhigung.

Tatsächlich setzt sich der Krisenstab, der im Sommer von Oberbürgermeister Alexander Hetjes (CDU) einberufen wurde, angesichts der derzeitigen Lage auf dem Energiemarkt mit solchen Szenarien auseinander. Die Präventionsmaßnahmen der Stadt, aber auch, was in einem Ernstfall zu tun ist und welchen Beitrag die Bürger leisten können, sollten an diesem Abend Thema sein.

Trotz der Brisanz waren nur wenige Besucher in den Landgraf-Friedrich-Saal gekommen. Thomas Steinforth, Pressesprecher der Stadt Bad Homburg, führt dies auf die sehr späte Kommunikation zurück. Zwar hätte man auf allen Kanälen, in Zeitung, auf Social Media oder auch per App, über die Veranstaltung informiert. Allerdings sei es intern zu Verzögerungen gekommen, weswegen die Bekanntmachung „sehr spontan“ gewesen sei, wie Steinforth bedauert. „Das nächste Mal müssen wir eher dafür trommeln, vielleicht auch Plakatwerbung bringen“, überlegt er. „Vielleicht sind die Menschen derzeit auch einfach noch etwas träge.“

Stadt Bad Homburg setzt auf erneuerbare Energien

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Ernstfall und eine extreme Mangellage an Gas oder Strom eintritt, sei sehr unwahrscheinlich, beruhigte Bürgermeister Oliver Jedynak (CDU) gleich zu Beginn. Dennoch müsse man natürlich vorbereitet sein. So habe die Stadt Bad Homburg bereits in vielen Bereichen Vorkehrungen getroffen, um Energie einzusparen. Der eingeschränkte Betrieb im Seedammbad, die reduzierte Illumination in der Stadt und die strenge Einhaltung der Vorgaben des Bundes trügen bereits viel dazu bei, heißt es. Zudem setzt die Stadt künftig auf Gaslieferungen aus mehreren Bezugsquellen und verstärkt auf alternative Energieträger wie Flüssiggas-Importe, Biomethan oder Wasserstoff. So plant der Bund Flüssiggas-Terminals, die mit Tankern beliefert werden sollen. Anlagen, die auch Bad Homburg versorgen sollen. „Etwa 500 Tankerladungen sind nötig, um die Gasimporte aus Russland komplett zu kompensieren“, rechnete Mathias Timm vom Bundesverband der Energiewirtschaft vor. Allerdings gebe es weltweit nur 500 dieser Schiffe. „Das ist sehr engagiert, zeigt aber auch, dass wir nicht hilflos sind“, betont er.

Auch Windenergie oder Photovoltaik sollen künftig einen signifikanten Anteil der Energieversorgung übernehmen. Da auch die Strompreise angestiegen sind, fordert er von der Regierung Entlastungen in Form von Mehrwertsteuersenkungen beim Thema Strom. Aber auch deshalb sei es wichtig, auf erneuerbare Energien zu setzen, um günstige Energie künftig inländisch erzeugen zu können.

Das waren noch Zeiten: Ausgelassenes Planschen war einmal, das Abenteuerbad im Erdgeschoss des Seedammbads ist bereits seit Wochen verwaist. Die Stadtwerke haben den Bereich geschlossen, um den Energieverbrauch zu senken.
Das waren noch Zeiten: Ausgelassenes Planschen war einmal, das Abenteuerbad im Erdgeschoss des Seedammbads ist bereits seit Wochen verwaist. Die Stadtwerke haben den Bereich geschlossen, um den Energieverbrauch zu senken. © Jochen Reichwein

In der direkten Umgebung der Stadt tut sich da schon was: Die Mainova plant, den Windpark bei Nieder-Erlenbach/Karben zu erweitern - ein Rotor könnte auf Bad Homburger Gemarkung errichtet werden - und was Weilrod betrifft, sind beim Regierungspräsidium im September die Anträge eingegangen, drei weitere Rotoren zu genehmigen.

Gerade die Unternehmen würden derzeit unter den hohen und stark schwankenden Preisen leiden, müssten die Betriebe doch nicht nur schauen, aus welchen Quellen sie ihr Gas beziehen können, sondern hätten auch weniger Planungssicherheit.

Bad Homburg hat einen dreistufigen Notfallplan für Blackout-Szenario

Bürger, kleinere und mittlere Unternehmen im Handel- und Dienstleistungsbereich sowie Krankenhäuser zählen jedoch zu den sogenannten geschützten Kunden. Dies bedeutet, dass bei einer drohenden Versorgungsknappheit zuerst Großverbrauchern wie zum Beispiel Industrieunternehmen der Gashahn zugedreht werden soll.

Da Gasunternehmen einer Versorgungspflicht unterworfen sind, seien diese fürs Erste ausreichend mit Gas eingedeckt. Allerdings müssten die Versorger auch weiterhin Gas bereithalten und zu aktuellen Konditionen einkaufen - für die Jahre 2023 bis 2025. Erst danach sei mit einer Entspannung am Gasmarkt zu rechnen, prognostiziert Timm. Auch deshalb sei es wichtig, künftig alternative Energiequellen auszubauen. Dennoch müsse man sich keine Sorgen um den kommenden Winter machen. Interessant sei es eher, wie es im nächsten Sommer weitergehe, so Timm. Doch was passiert, wenn trotz allem der Ernstfall in der Kurstadt eintritt und es zu einem längerfristigen Stromausfall, einer Gasmangellage oder, im schlimmsten Fall, zu beidem gleichzeitig kommt? Dafür hat die Verwaltung einen dreistufigen Notfallplan ausgearbeitet. Derzeit befinde man sich auf der mittleren, der „Alarmstufe“. Im Ernstfall stünden Feuerwachen und Bürgerhäuser als Zufluchtsorte zur Verfügung.

Bad Homburg: Hohe Nachfrage für städtische Beratungen zum Energiesparen

Diese werden über Notstromaggregate, Öl- oder Pelletheizungen mit Wärme versorgt, sind also autark nutzbar - allerdings nur für einen begrenzten Zeitraum von 96 Stunden. „Alles darüber lässt sich nicht mehr so gut organisieren“, so Jedynak. Da diese Einrichtungen nicht die ganze Bevölkerung aufnehmen können, soll sich hier auf die vulnerablen Gruppen fokussiert werden. Alle anderen sollen sich privat informieren, was im Notfall zu tun ist. Aus diesem Grund sei auch die Infoveranstaltung an diesem Tag so wichtig, betont Jedynak.

Damit es nicht so weit kommt, ist Energiesparen das Gebot der Stunde. Die Stadt Bad Homburg unterstützt die Verbraucher dabei, zum Beispiel durch die Förderung baulicher Maßnahmen. Diese sei verdienstunabhängig, jedoch abhängig von den Haushaltsmitteln der Stadt und der jeweiligen Maßnahme. Die Förderung darf dabei nicht höher als 50 Prozent der Gesamtkosten sein, jedoch nicht mehr als 40 000 Euro je Gebäude. So werden unter anderem die Dämmung von Dächern, Wänden und Kellern, Austausch von Eingangstüren und Rolllädenkästen, Solaranlagen inklusive Speicherbatterien, Wärme- und Heizungspumpen gefördert.

Auch berät die Stadt ihre Bürger in Sprechstunden. Längere Gespräche über 45 Minuten müssten jedoch angemeldet werden, informiert Holger Fröhlich von der Umwelt- und Lanschaftsplanung. Bis man an der Reihe ist, muss man sich allerdings noch gedulden. „Aufgrund der großen Nachfrage kann es derzeit bis Januar dauern, bis man einen Termin bekommt“, warnt er. Nicht nur Gas ist gerade knapp.

Auch interessant