Ukraine-Krieg: Scholz kündigt weitere Waffenlieferungen an - „sehr viel Energie da rein investiert“
Der SPD-Außenexperte Roth fordert, die Ukraine bei der Rückeroberung von Gebieten im Donbass zu unterstützen. Die Union will die Lieferung von 200 Panzern erwirken. News-Ticker.
- SPD-Außenexperte Michael Roth sieht Chance: Er fodert mehr Waffen für die Rückeroberung von russisch besetzten Gebieten
- Kretschmann bangt um Arbeitsplätze: Viele Unternehmen, die Gas für ihre Produktion brauchen, müssten Betrieb einstellen
- Gaslieferungen im Ukraine-Krieg: Söder warnt vor „eiskaltem Winter“.
- Dieser News-Ticker ist beendet. Den aktuellen News-Ticker zur deutschen Ukraine-Politik finden Sie hier.
Update vom 6. Juli, 18.15 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz hat weitere Waffenlieferungen in die Ukraine im Zuge des sogenannten Ringtauschs für die kommenden Wochen angekündigt. Die Bundesregierung habe „mit mehreren Ländern diese Vereinbarungen jetzt so weit konkretisiert, dass sie unmittelbar mit Auslieferung verbunden sein werden“, sagte der SPD-Politiker im Bundestag. Einzelheiten nannte er aber nicht.
„Wir haben sehr viel Energie darein investiert, dass das auch passiert“, betonte Scholz. In den nächsten Wochen werde nun die Umsetzung folgen. Mit Tschechien gibt es bereits seit längerem eine Vereinbarung. Das Bundesverteidigungsministerium hatte im Mai mitgeteilt, dass das Land für die Abgabe von 20 Kampfpanzern des Typs T-72 aus eigenen Beständen an die Ukraine 14 Leopard 2 A4 Kampfpanzer und einen Bergepanzer auf Leopard 2 Basis erhalten soll. Zu der Forderung der Union, Transport- und Schützenpanzer direkt aus Deutschland in die Ukraine zu liefern, äußerte Scholz sich nicht. Er bekräftigte aber, dass Deutschland nur das liefern werde, was auch die Verbündeten der Ukraine bereitstellen. „Es ist eine Führungsentscheidung, die wir gemeinsam getroffen haben, dass wir keine Alleingänge machen“, betonte er.
Ukraine-News: Hilfe an die Ukraine offenbar nur zeitverzögert
Update vom 6. Juli, 13.48 Uhr: Im Ukraine-Krieg gibt es offenbar eine große Lücke zwischen Versprechen und tatsächlich Machen. Der „Ukraine Support Tracker“ erfasst systematisch militärische, finanzielle und humanitäre Hilfen, die Regierungen dem Land zugesagt haben. Die Datenbank hat das IfW Kiel erstellt.
Doch im Zeitraum vom 8. Juni bis zum 1. Juli kamen laut IfW nur wenige neue Zusagen hinzu. Die größte neue Einzelzusage sei militärische Unterstützung durch Großbritannien im Umfang von 1,5 Milliarden Euro. Insgesamt seien mittlerweile Hilfszusagen von 80,7 Milliarden Euro erfasst.
So stellten die Länder Waffen oder Finanzhilfen weiterhin nur sehr zeitverzögert bereit, die Unterstützung bleibe zudem deutlich hinter dem zurück, was zur Stabilisierung der Lage nötig wäre, bewertete IfW-Forschungszentrumsdirektor Christoph Trebesch die Situation.
Ukraine-News: Unionsfraktion will Entscheidung für Lieferung von Transportpanzern
Update vom 6. Juli, 12.17 Uhr: Die Union will mit einem Bundestags-Beschluss eine kurzfristige Lieferung von 200 Transportpanzern vom Typ Fuchs an die Ukraine fordern. Der Krieg sei in einer kritische Phase, in der eine fortschreitende Abnutzung der Ukraine schwerwiegende strategische Folgen hätte, hieß es zur Begründung in einem Entschließungsantrag, aus dem die dpa zitiert.
Die CDU/CSU-Fraktion verweist darin auch auf einen mit der Ampel-Koalition im Bundestag Ende April gefassten Beschluss zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine. „Für die ukrainische Armee geht es um die rasche Zusendung verlässlichen Materials, das unverzüglich an der Frontlinie eingesetzt werden kann. Solches Material befindet sich im Bestand der Bundeswehr und soll aus der Nutzung der Bundeswehr herausgenommen werden: der Transportpanzer Fuchs“, heißt es in dem Antrag.
Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn (CSU), schrieb am Mittwoch auf Twitter: „Jetzt kann die FDP zeigen, ob es ihr wirklich ernst ist: Will sie die Ukraine mit 200 FUCHS Panzern unterstützen oder nicht!? Der entsprechende Antrag dazu steht heute zur Abstimmung.“ Zuvor war auch aus den Reihen der Ampel-Koalitionäre Grüne und FDP die Forderung laut worden, der Ukraine den Transportpanzer als Hilfe gegen den russischen Angriff zu überlassen. Im Bundestag stellt sich am Mittwoch auch Kanzler Olaf Scholz einer Befragung.

Erst am Dienstag (5. Juli) hatte Generalinspekteur Eberhard Zorn erklärt, er sehe keinen Spielraum für eine solche Lieferung. „Die Bundeswehr verfügt über 825 Transportpanzer Fuchs, aber in unterschiedlichen Ausführungen: Radarträger, Funkstörpanzer, Mannschaftstransporter, ABC-Spürpanzer bis hin zu Sanitätsvarianten, um nur einige aufzuzählen. Der Fuchs ist dafür die Plattform“, sagte Zorn. Und: „Wir brauchen diese Fahrzeuge.“
„Russland hat über 1.000 Panzer verloren“: SPD-Außenexperte sieht wichtige „Chance“ – und stellt Forderung
Update vom 6. Juli, 11.05 Uhr: Bei einer entschiedenen militärischen Unterstützung für die Ukraine stünden die Chancen auf Rückeroberungen russisch besetzter Gebiete gut, meint der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD). Er fordert deshalb mehr Waffenlieferungen der Bundesrepublik.
„Russland hat über tausend Panzer verloren, das sind mehr Panzer als Deutschland, Italien, Frankreich und andere Länder zusammen haben“, sagte der SPD-Politiker dem Nachrichtensender Welt. Die Verluste für Russland seien immens „und deshalb dürfen wir jetzt nicht nachlassen“. Es müsse der Ukraine „perspektivisch auch gelingen, russische Kräfte wieder zurückzudrängen“.
Die bisher gelieferten schweren Waffen aus Deutschland hätten der Ukraine bei der Verteidigung geholfen, es müsste aber noch mehr geliefert werden, forderte Roth. „Die Ukraine kämpft weiterhin tapfer für Freiheit, für ihre territoriale Integrität und sie kämpft damit auch für unsere eigenen Werte. Und wir stehen in der Pflicht, sie weiterhin mit aller Entschlossenheit zu unterstützen.“

CDU-Politikerin warnt: „Zeit für Ukraine läuft ab“
Update vom 5. Juli, 16.58 Uhr: Die CDU-Verteidigungspolitikerin Serap Güler dringt auf mehr und raschere militärische Unterstützung für die Ukraine. „Die Zeit für die Ukraine läuft ab. Wenn die Armee bis zum Winter nicht deutlich besser ausgerüstet ist, wird Putin den Krieg gewinnen“, sagte Güler dem Kölner Stadt-Anzeiger.
„Das halbherzige Vorgehen der Bundesregierung kann fatale Folgen für unsere eigene Sicherheit haben“, sagte Güler weiter mit Blick auf die bisherigen deutschen Waffenlieferungen. „Derzeit verfügt die Ukraine über 200 Panzerhaubitzen, Russland hat 1200 im Einsatz.“

Zudem verliere die Ukraine pro Tag durchschnittlich 500 Soldatinnen und Soldaten, „200 Gefallene und 300, die schwer verletzt werden“. Diese Verluste könnten nur gestoppt werden, „wenn Deutschland endlich Waffen liefert - von Schützenpanzern bis Luftabwehrraketen“, sagte die CDU-Politikerin.
Update vom 5. Juli, 16.29 Uhr: Zur Konzertierten Aktion, die Kanzler Olaf Scholz (SPD) gestartet hat, um die Bürger wegen der explodierenden Energiepreise zu entlasten, gibt es starke Kritik aus der Opposition. CSU-Chef Markus Söder hat die Aktion des Kanzlers in einem TV-Interview verrissen, und auch CDU-Chef Friedrich Merz lässt kein gutes Haar daran.
Das Ergebnis bleibt hinter den selbst gesteckten Erwartungen weit zurück“
In einer Presseerklärung sagte Merz, das gestern von Scholz präsentierte Ergebnis sei „im Grunde nur eine Wiederholung der politischen Statements der letzten Wochen und Tage.“ Er habe „keinerlei Ergebnisse“ zur Kenntnis genommen und es sei „bezeichnend“, dass Scholz auf Rückfragen keine Antwort geben wollte. Scholz habe in den Gesprächen mit Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Wissenschaftlern „nichts bewegt und nichts erreicht“, so Merz. „Das muss besser werden, wenn er das Instrument wirklich fortsetzen will.“
Scholz selbst sagte im Vorfeld, er strebe mit der Konzertierten Aktion einen längerfristigen Prozess an. Beobachter erwarten, dass entscheidende Runden erst nach der Sommerpause folgen - wenn das tatsächliche Ausmaß der Energie- und Preiskrise klarer wird.

Ukraine-Deutschland-News: Bundestag entscheidet über Nato-Erweiterung
Update vom 5. Juli, 16.23 Uhr: Der Bundestag entscheidet am Freitag (8. Juli) über den Nato-Beitritt von Finnland und Schweden. Wie die Pressestelle des Parlaments mitteilte, soll am selben Tag auch der Bundesrat der Ratifizierung zustimmen, womit das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen wäre.
Die Nato hatte am Dienstag (5. Juli) den Ratifizierungsprozess offiziell eingeleitet. Alle 30 Mitgliedstaaten müssen nun zustimmen. Der Bundestag stimmt dazu nun über einen Gesetzentwurf der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP ab.
Die Linke kritisierte, dass die Nato-Länder gegenüber der Türkei weitgehende Zugeständnisse machten, um das Veto Ankaras gegen die Beitritte Finnlands und Schwedens aufzuheben. Die Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali sprach von einem „dreckigen Deal“. Er beinhalte die Aufhebung des „Verbots von Waffenlieferungen an die Türkei“, legitimiere den „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ der Türkei in Nordsyrien und solle zur Auslieferung von kurdischen und türkischen Oppositionellen aus Finnland und Schweden führen.
Dobrindt fordert Gaspreis-Deckel für Privatleute – Kretschmann bangt um Arbeitsplätze
Update vom 5. Juli, 13.45 Uhr: Die CSU fordert einen befristeten „Bürgerbasispreises“ für Gas. Damit solle ein Deckel auf einen Grundbedarf pro Haushalt und Person festgelegt, sagte Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Sonst seien die finanziellen Lasten durch die weiter explodierenden Gaspreise für die Haushalte nicht zu tragen.
Familien sollten dabei stärker entlastet werden als Singlehaushalte, forderte Dobrindt. Eine Deckelung im Volumen könne dafür sorgen, dass große Verbraucher weniger entlastet würden als kleine Verbraucher. Die geplanten Maßnahmen zur Stützung von Gasunternehmen würden nicht ausreichen, sagte Dobrindt zudem voraus. Letztlich werde man in den nächsten Tagen über die Verstaatlichung von Gasunternehmen sprechen. „Es werden Gasunternehmen in die öffentliche Hand, in die Staatshand kommen, weil sie alleine nicht mehr überlebensfähig sind.“

Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann warnte vor den dramatischen Folgen einer Gasmangel-Lage im Winter. Er gehe davon aus, dass zahlreiche Unternehmen, die Gas für ihre Produktion brauchen, dann ihren Betrieb einstellen müssten. „Da geht es im Ernstfall um Tausende von Arbeitsplätzen“, sagte der Grünen-Regierungschef. Kretschmann forderte eine gemeinsame Kampagne von Bund, Ländern und Kommunen, bei der schnell konkrete Vorschläge gemacht werden müssten, wo Industrie und Haushalte Energie einsparen können.
Umstrittenes Melnyk-Interview wieder auf TikTok zugelassen
Update vom 5. Juli, 11.04 Uhr: Ein umstrittenes Interview mit Andrej Melnyk ist wieder auf TikTok zugelassen. Die Kurzvideo-Plattform hat den Clip wieder entsperrt. Das berichtet Spiegel Online und zitiert dazu aus einem Statement der Firma, die zuvor in dem Interview einen Verstoß gegen ihre Richtlinien gesehen habe: „Wir wissen, dass wir nicht immer alles richtig machen – dies ist ein komplexer und nuancierter Bereich.“
Der Botschafter der Ukraine in Deutschland hatte in dem Interview den früheren Nationalistenführer Stepan Bandera (1909-1959) in Schutz genommen und gesagt: „Bandera war kein Massenmörder von Juden und Polen.“ Dafür gebe es keine Belege.
Scharfe Kritik kam unter anderem aus Polen und von der israelischen Botschaft in Berlin. Das ukrainische Außenministerium distanzierte sich von Melnyks Äußerungen. Melnyk steht laut Medienberichten ein Wechsel bevor: ins Außenministerium in Kiew.
Scholz schwört Deutschland auf lange Krise ein
Update vom 4. Juli, 17.04 Uhr: „Die aktuelle Krise wird nicht in wenigen Monaten vorübergehen“: Mit diesen Worten hat Kanzler Olaf Scholz die Bürgerinnen und Bürger erneut auf eine lang anhaltende Krise eingeschworen, die es gemeinsam anzupacken gilt. Die hohe Inflation und die angespannte deutsche Wirtschaftslage würden sich „auf absehbare Zeit nicht ändern“, sagte der SPD-Politiker nach dem Auftaktgespräch zur Konzertierten Aktion.
In den kommenden Wochen werde es darum gehen, „Instrumente zu entwickeln und Wege zu finden, wie wir auf diese historischen Herausforderungen reagieren werden“, sagte Scholz weiter. Daher seien nun regelmäßige Treffen geplant.

Gaslieferungen im Ukraine-Krieg: Söder warnt vor „eiskaltem Winter“
Update vom 4. Juli, 17.01 Uhr: „Es droht ein eiskalter Winter“: Markus Söder sieht die Gefahr, dass Deutschland „Stück für Stück“ von den russischen Gaslieferungen abgekoppelt wird. Der CSU-Chef warf der Ampel-Koalition neben einer falschen Russland-Strategie außerdem vor, sich zu langsam um Ersatz für russisches Gas zu bemühen.
„Andere Länder sind schneller“, sagte Söder am Mittag nach einer gemeinsamen Präsidiumssitzung seiner Partei und des bayerischen Industrie- und Handelskammertags. So habe Italien bereits mit Katar Verträge geschlossen. Der bayerische Ministerpräsident bekräftigte zudem seine Forderung, die Laufzeiten von Atomkraftwerken zu verlängern.
Waffenlieferungen an die Ukraine: CDU-Politiker rügt Lambrecht-Aussage
Update vom 4. Juli, 15.55 Uhr: Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) könnte einmal mehr in Erklärungsnöte geraten: Der CDU-Politiker Thomas Röwekamp wirft ihr unter Verweis auf eine Auskunft aus dem Ministerium eine Falschinformation vor. Anlass des Streits sind Waffenlieferungen in die Ukraine – eigentlicher Kernpunkt ist aber die Arbeit des Bundessicherheitsrates. Das Gremium trifft für gewöhnlich die Entscheidung über Exporte von Kriegswaffen.
Röwekamp zitierte eine Bundesregierungs-Antwort vom 4. Juli, in der es heißt, der Bundessicherheitsrat (BSR) habe bislang im Jahr 2022 „keine abschließende Genehmigungsentscheidung zum Export von Rüstungsgütern getroffen“. Genau das habe Lambrecht aber bei einer Regierungsbefragung im Bundestag anders dargestellt, rügte er. „Eine Sitzung muss nicht unbedingt in Präsenz stattfinden“, hatte Lambrecht damals auf die Frage nach der Arbeit des Gremiums geantwortet. Man könne das auch im Umlaufverfahren entscheiden.
Röwekamp hatte in der Befragung wissen wollen, ob das Genehmigungsverfahren geändert worden sei. Lambrecht antwortete, dass Rüstungsexport-Anträge weiterhin im Bundessicherheitsrat behandelt würden. „Aber die Panzerhaubitze ist kein Rüstungsexport, sondern eine Abgabe. Deswegen ist es auch nicht notwendig, dies im Bundessicherheitsrat zu entscheiden.“
Bild-Journalist Julian Röpcke zeigte sich über diese Info überrascht. Er selbst habe bereits im März auf Anfrage vom Auswärtigen Amt erfahren: „Ich kann Ihnen bestätigen, dass es zu Lieferungen an die Ukraine gekommen ist. Eventuelle Waffenlieferungen erfolgen erst nach Genehmigung durch den Bundessicherheitsrat.“ Röwekamp mutmaßt in dem Twitter-Thread: „Ich denke, wegen der Berichtspflicht über Entscheidungen des BSR an das Parlament wurde flugs ein neues Gremium ohne Transparenz gegründet. So konnten (fehlende) Exportgenehmigungen lange verschwiegen werden. Und nicht einmal die Ministerin hat es gemerkt…“
Putin vor Gas-Stopp? Klingbeil warnt Deutsche vor „dramatischen Monaten“
Update vom 4. Juli, 12.49 Uhr: Die Energiespar-Appelle werden immer lauter. Auch Lars Klingbeil sieht eine Gas-Krise drohen. „Wir stehen vor dramatischen Monaten“ und „Wir müssen auch im privaten Bereich sparen“, sagte der SPD-Chef in der RTL/ntv-Sendung „Frühstart“.
Ziel müsse sein, das Gas für die Industrie nicht zu rationieren, denn das hätte schwere Folgen für den Arbeitsmarkt. Mit Blick auf die anstehenden Wartungsarbeiten an der Gaspipeline Nordstream 1 sagt Klingbeil, es gebe eine Wahrscheinlichkeit, dass der Kremlchef den Hahn danach nicht mehr aufdreht: „Man muss bei Putin mit dem Schlimmsten rechnen.“
Gas-Streit mit Russland: CDU-Chef Merz fordert EU-weiten „Gasfahrplan“
Update vom 4. Juli, 10.38 Uhr: Für „sozialen Sprengstoff“ hält Olaf Scholz die rasant steigenden Energiepreise. Der Kanzler räumte im „Sommerinterview“ (ARD) ein, dass man hierzulande nicht gut auf einen möglichen russischen Gaslieferstopp vorbereitet gewesen sei.
Friedrich Merz warnt nun davor, diesen „herbeizureden“. Der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) sagte der CDU-Chef: „Wenn Russland sich vertragstreu verhält, werden die Lieferungen nach den Wartungsarbeiten wiederaufgenommen.“ Um auf alle möglichen Szenarien vorbereitet zu sein, forderte Merz einen „Gasfahrplan“ der EU.
Der müsse nach Ausrufung der zweiten Alarmstufe durch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) folgen. Einen entsprechenden Vorschlag des italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi habe Scholz in der vergangenen Woche aber leider abgelehnt, so Merz zur NOZ: „So wird es wahrscheinlich zu erheblichen Verteilungskonflikten innerhalb der EU kommen - wie 2015 und 2016 bei der Flüchtlingskrise.“.
Vor dem Beginn der konzertierten Aktion im Kanzleramt hat die Union auch Zweifel geäußert, dass die Beratungen über die hohen Preissteigerungen Wirkung zeigen werden. Die erste Auflage der konzertierten Aktion 1967 habe nicht gegen die Inflation gewirkt, „weil wir nach drei Jahren eine Verdoppelung und nach sechs Jahren gar eine Verdreifachung der Inflation hatten“, sagte Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) im „Morgenmagazin“ (ARD).
Ukraine-News aus Deutschland: Antisemitismusbeaufragter kritisiert Melnyk
Update vom 4. Juli, 6.05 Uhr: Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, kritisierte die Äußerungen des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk über den einstigen Nationalistenführer Stepan Bandera als „problematisch“. Die Aussagen „nähren das russische Narrativ“ zum Angriffskrieg gegen die Ukraine und sorgten eher für „Spaltung und Unverständnis“ bei mit der Ukraine befreundeten Staaten, sagte Klein den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montagsausgaben).
Klein nannte Bandera eine „äußerst umstrittene Persönlichkeit“. Melnyk hatte hingegen den Nationalistenführer als „Freiheitskämpfer“ bezeichnet und dessen Verantwortung für Massaker an Juden und Polen im Zweiten Weltkrieg bestritten. Die Außenministerium in Kiew distanzierte sich bereits von diesen Bemerkungen seines Botschafters in Berlin.
Scholz über Ukraine-Krieg: „Putin wird den Krieg noch sehr lange fortsetzen können“
Erstmeldung vom 3. Juli: Madrid - Olaf Scholz hat im US-Fernsehen ausführlich über den Ukraine-Krieg gesprochen. Der Bundeskanzler gab dem Sender CBS ein rund 35-minütiges Interview, das nach dem Nato-Gipfel in Madrid geführt wurde.
Laut Scholz plante Kremlchef Wladimir Putin den Ukraine-Krieg mit deutlichem Vorlauf. „Ich denke, die Entscheidung für diesen Krieg wurde ein Jahr vor seinem Beginn getroffen, oder möglicherweise schon früher“, sagte Scholz in dem auf Englisch geführten Gespräch. „Und so wird er den Krieg noch sehr lange fortsetzen können.“
Ob Russland, das sich derzeit im Krieg auf den Donbass konzentriert, irgendwann die Waffen ausgehen? „Das weiß niemand wirklich.“ Dementsprechend könne er auch kein Datum für ein mögliches Kriegsende nennen, sagte Scholz. Ein Ende noch im Jahr 2022, wie von Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj skizziert, könne er nicht bestätigen. „Der Konflikt wird enden, wenn Putin begreift, dass er mit seiner Idee, einen Teil des Territoriums seines Nachbarn zu erobern, nicht erfolgreich sein wird.“
Scholz gesteht Fehler in Russland-Politik ein
Scholz gestand auch ein, dass es falsch gewesen sei, sich in der Vergangenheit einseitig abhängig von russischer Energie zu machen. Russland verwende Gaslieferungen als Waffe. „Wir hätten also in ganz Europa in eine Infrastruktur investieren sollen, die uns die Möglichkeit gibt, das Angebot von einem Tag auf den anderen zu ändern.“ Das sei eine Lektion, die man der Kontinent nun gelernt habe.
Auf die Frage, wie viel Geld Deutschland für Energie aus Russland ausgebe, antworte Scholz lediglich, dass der Betrag sinke. Putin könne wegen der Sanktionen das Geld auch nicht für Produkte aus dem Westen ausgeben – etwa im Bereich moderne Technologie.
Scholz über Putin: „Er denkt wie ein Imperialist“
Zudem gab Scholz einen Einblick in ein Gespräch mit Putin. „Er war immer sehr, sehr kritisch gegenüber der Nato und der Europäischen Union. Und als ich mit ihm sprach, sagte ich, ‚Sie müssen die EU akzeptieren‘. Und ich habe ihm gesagt, dass die Nato nicht aggressiv ist. Es geht nur um Verteidigung.“
Putins Ideologie sei aus der Zeit gefallen. „Er denkt wie die Imperialisten im 17., 18., 19. Jahrhundert“, sagte Scholz, der den russischen Präsidenten im Februar in Moskau traf. „Er denkt, dass es bei der Nation nur um Macht geht, und dass man, wenn man mächtig genug ist, seinen Nachbarn einfach Territorium wegnehmen kann. Und das ist eine Haltung, die wir nicht akzeptieren können und werden.“ (as)