Rätsel um fehlenden Punkt Sieben in Putins Mobilisierungsdekret: Was dahinter stecken soll

Vor zwei Tagen hat Russlands Präsident Putin die Teilmobilisierung der Streitkräfte befohlen. Nun sorgt der fehlende Punkt Sieben im Dekret für Spekulationen.
Moskau - Putins Befehl zur Teilmobilisierung der russischen Streitkräfte im Ukraine-Krieg sorgt sowohl international als auch in seinem eigenen Land für Unruhe. Auffällig ist bei dem vom Kreml veröffentlichten Dokument vor allem, dass es keinen Punkt Sieben gibt. Die Schweizer Tageszeitung Blick meint nun zu wissen, was hinter der „Geheim-Klausel“ steckt, wie sie den Absatz selbst nennt.
Ukraine-Krieg: Putin befiehlt Teilmobilisierung der russischen Streitkräfte - ein Punkt fehlt im Dekret
Vergangenen Mittwochvormittag, den 21. September, veröffentlichte der Kreml auf seiner Website das von Wladimir Putin unterzeichnete Dekret zur „Ankündigung der Teilmobilmachung in der Russischen Föderation.“ Es umfasst insgesamt zehn Punkte, die allesamt recht formell die Teilmobilisierung im Ukraine-Krieg selbst und das weitere Vorgehen beschreiben.
Punkt Sechs ermächtigt die Regierung beispielsweise, die Aktion zu finanzieren, Punkt Acht bestimmt die „höchsten Beamten der Teileinheiten“ zur Mobilisierung der Streitkräfte. All das soll helfen, die ukrainische Armee, die immer mehr Rückeroberungen zu vermelden hat, wieder zurückzudrängen.
Punkt Sieben fehlt auf der Website gänzlich, in einem verlinkten PDF steht allein der Vermerk „für dienstlichen Gebrauch.“ Laut Kreml-Sprecher Dmitri Peskow benenne dieser Absatz die Zahl der zu mobilisierenden Bürger. Enthüllen könne er den Inhalt allerdings nicht. Stattdessen verwies er am Donnerstag auf die Aussage des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu, der von bis zu 300.000 Reservisten gesprochen hat. Berichte der in Russland eingestellten Zeitung Nowaja Gaseta, wonach bis zu eine Million Mann eingezogen werden könnten, weist Peskow als „Lüge“ zurück.
Russland: Putin habe es auf „Regionen mit hohem Protestpotenzial“ abgesehen
Ein russischer Telegram-Kanal behaupte nun allerdings, dass Peskows Aussage, wonach Punkt Sieben lediglich die Anzahl der Reservisten benenne, nicht stimme. Davon berichtet die Zeitung Blick. Demnach liege dem Kanal das vollständige Dekret vor. Daraus gehe hervor, dass Punkt Sieben „Regionen mit hohem Protestpotenzial“ behandle.
In diesen Regionen liege das Hauptaugenmerk darauf, dass Wehrpflichtige auch tatsächlich ihren Dienst in der Ukraine antreten würden. Konkret gehe es um vier Gebiete:
- Karelien an der finnischen Grenze
- Dagestan an der georgischen Grenze
- Jakutien im Nordosten Russlands
- Chabarowsk im Südosten Russlands
Von unabhängiger Seite lassen sich diese Behauptungen allerdings nicht bestätigen. Militärexperten beschäftigen sich indes mit der Frage, wie Putin seine neuen Truppen nun in der Ukraine einsetzen könnte.
Video: Ukraine-Krieg - Bundesregierung diskutiert über Asyl für russische Deserteure
Nach Putins Befehl: In ganz Russland werden Reservisten für Ukraine-Krieg eingezogen
Die Grenznähe aller vier Regionen dürfte allerdings nicht von ungefähr kommen. Laut Blick und dem russischen Telegram-Kanal seien in Karelien schon Staus am Zoll beobachtet worden. Auch sonst drängen viele russische Männer mittlerweile aus dem Land, um nicht im Ukraine-Krieg eingezogen zu werden. Die Bundesregierung spricht sich daher dafür aus, Deserteure in Deutschland aufzunehmen.
Weiters zeigen nicht verifizierte Videos im Internet mehreren Nachrichtenagenturen zufolge, dass die russischen Behörden im sibirischen Jakutien schon am Donnerstag viele junge Männer zum Militär einzogen hätten. Ganz insgesamt hat Russlands Armee nach Experteneinschätzungen in der Ukraine bisher überproportional viele Angehörige nationaler Minderheiten eingesetzt. Ob Putins Teilmobilisierung nun wirklich Folgen für die genannten Regionen hat und wie diese aussehen könnten, bleibt bis auf die Telegram-Anschuldigungen unklar. (mef/dpa)