Scholz will Putin „widerlegen“ – Kanzler erntet stürmischen Applaus für Reaktion auf Zwischenruf

Beim Katholikentag in Stuttgart findet Kanzler Olaf Scholz – aus der Kirche ausgetretener Protestant – scharfe Worte für den russischen Präsidenten Putin und dessen Ukraine-Krieg.
Stuttgart – „Putins Krieg richtet sich gegen eine Friedensordnung, die aus dem Bekenntnis ‚Nie wieder‘ nach zwei verheerenden Weltkriegen entstanden ist.“ Olaf Scholz (SPD) hat Russlands Präsident Wladimir Putin am Freitag (27. Mai) beim Katholikentag in Stuttgart mit einem aus dem Munde eines deutschen Kanzler besonders harten Urteil bedacht: Mit dem Vorwurf, gegen die Basis aller politischen Werte Deutschlands zu handeln.
„Dieser Krieg hat Auswirkungen auf die ganze Welt. Die Folgen werden zu spüren sein, etwa wenn es um Ernährungssicherheit geht, wenn es um die Frage von Preisen lebensnotwendiger Energieversorgung geht. Putin darf mit seinem zynischen, menschenverachtenden Krieg nicht durchkommen“, sagte Scholz weiter. Dem Applaus nach zu urteilen sprach der Bundeskanzler den Zuhörern aus tiefster Seele.
Scholz: Putin will „globalen Westen“ für von Russland provozierte Hungerkrise verantwortlich machen
Scholz warf Putin vor, eine Hungerkrise, die Russland durch den Angriffskrieg ausgelöst hatte, dem Westen ankreiden zu wollen: „Die Hungerkrise, die sein Krieg, den er angezettelt hat, auslöst, versucht er dann gleichzeitig denjenigen, die der Ukraine beistehen, in die Schuhe zu schieben.“ Das „Putinsche Narrativ“ müsse unbedingt widerlegt werden, sagte der Bundeskanzler. Mit dem „globalen Westen“ meine Putin seine Feinde, gegen die er sich mit allen anderen Ländern verbünden will. Darum sei es wichtig, den Ländern des globalen Südens auf Augenhöhe entgegenzutreten und sie nicht in die Arme Putins zu treiben.
Derzeit sind wichtige Lieferketten unterbrochen und die Ukraine, die als „Kornkammer Europas“ gilt, kann viel weniger Weizen exportieren. Nicht nur, weil Putin die Häfen Odessa und Mariupol blockiert: Russland steht auch im Verdacht, Getreide aus der Ukraine zu stehlen.
Im Gespräch mit Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, warnte Scholz vor einer weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise mit Blick auf die umfassende Vergabe von chinesischen Krediten an ärmere Staaten. „Eine der ganz, ganz großen Ambitionen, die wir verfolgen, ist es, China als Land, das auf neue Weise viele Kredite vergibt, da miteinzubeziehen“, sagte Scholz, um einer erneuten großen Schuldenkrise zu entgehen.
Scholz‘ Auftritt beim Katholikentag in Stuttgart wurde von Aktivisten gestört
Während Scholz‘ Auftritt wollte ein Aktivist auf die Bühne stürmen. Er wurde jedoch von Sicherheitskräften daran gehindert. Ein weiterer Aktivist rief „Schwachsinn“ als der Bundeskanzler über den Ausstieg aus der Kohleverstromung sprach. Scholz reagierte souverän, er erlebe das „von immer den gleichen Leuten“ und es sei ein „schauspielerisch geübter Auftritt. Scholz erhielt daraufhin stürmischen Applaus.
Scholz selbst ist aus der evangelischen Kirche ausgetreten und legte seinen Amtseid ohne die Formulierung „So wahr mir Gott helfe“ ab. Der Bundeskanzler dankte den Katholiken für ihr soziales Engagement, insbesondere während der Corona-Pandemie, aber auch jetzt zur Zeit des Ukraine-Kriegs. Von der CDU war laut dpa kein Vertreter aus der ersten Reihe zum Katholikentag erschienen. (dpa/jn)