Russland startet verdeckte Mobilisierung
Die russische Armee muss Verluste kompensieren. Präsident Putin scheut eine offizielle Mobilisierung. Stattdessen wird zum Kampf für ein Freiwilligenbataillon aufgerufen.
Moskau – In Russland laufen derzeit Mobilisierungsmaßnahmen für die „Spezialoperation“ im Ukraine-Krieg. Bereits mehrere Wochen lang wirbt das Militär in zahlreichen Regionen um Soldaten, als Teil eines Freiwilligenbataillons. Das Thinktank „Institute for the Study of War“ beobachtete bereits vor mehreren Tagen, dass es derartige Anstrengungen des Kreml im Zusammenarbeit mit Regionalverwaltungen gibt.
Das bestätigt nun ein Bericht des US-Senders CNN. „Von Murmansk am Polarkreis über Perm im Ural bis hin zur Region Primorskij im Fernen Osten Russlands ist der Aufruf ergangen und appelliert sowohl an den Patriotismus als auch an den Geldbeutel der Russen“, heißt es im entsprechenden Bericht. Für ein Engagement im Militär sei den Aufrufen zufolge keine Kampferfahrung notwendig. Analysten schätzen laut CNN die Zahl möglicher mobilisierter Soldaten auf rund 30.000. Das wäre weniger als die Zahl der bisher gefallenen Soldaten im Ukraine-Krieg: Das ukrainische Militär geht von mehr als 40.000 toten Streitkräften aus. Ziel der russischen Mobilisierung dürfte zweifelsfrei die Kompensation der Verluste sein.
News zum Ukraine-Krieg: Schwere Verluste für Russland
Der Chef des britischen Geheimdienstes MI6 erklärte kürzlich dem US-Sender, dass die russische Armee vor Problemen im Ukraine-Krieg stehe: „Die Russen werden in den nächsten Wochen zunehmend Schwierigkeiten haben, Arbeitskräfte und Material zu liefern. Putin sträubt sich seit langem gegen eine allgemeine Mobilisierung in Russland, und die Einberufung in diesem Frühjahr war ähnlich wie die im Jahr 2021. Diese Bataillone sind eine Möglichkeit, Russlands Streitkräfte ohne einen solch drastischen Schritt aufzustocken“, sagte Richard Moore.

Demnach konzentriert sich der Kreml vor allem auf „ärmere und abgelegenere Regionen“ Russlands. Das deckt sich mit der Einschätzung, wonach russische Soldaten unter Armut leiden. Deshalb kommt es im Ukraine-Krieg immer wieder zu Raubzügen, um den schlechten Sold aufzubessern. Das vom Militär in Moskau angebotene Geld übersteigt jedoch das durchschnittliche Einkommen in ärmeren Regionen deutlich.
Kateryna Stepanenko, vom eingangs erwähnten Thinktank „Institute for the Study of War“, rechnet damit, dass die Freiwilligenbataillone vor allem zur logistischen Unterstützung eingesetzt werden sollen: „Einige Bataillone werden ausschließlich an Kampfunterstützungs- und Kampfunterstützungsoperationen teilnehmen (Logistik- oder Signalbataillone), während andere bereits bestehende Militäreinheiten verstärken oder Kampfbataillone bilden werden.“
Alle genannte Angaben sind nicht unabhängig prüfbar. Sie stammen teilweise von Kriegsparteien. (tu mit dpa/AFP)