1. Startseite
  2. Ratgeber
  3. Gesundheit

Kranke Leber verursacht Krampfadern in der Speiseröhre – „kann lebensbedrohlich werden“

Erstellt:

Von: Andreas Beez

Gruppenbild im Krankenhaus Schongau mit Patientin und Ärzten
Glückliche Patientin und ihre Ärzte: Renate Schmidinger mit Dr. Jochen Dresel (links) und Dr. Andreas Benesic im Krankenhaus Schongau. © Hans-Helmut Herold

Eine Patientin wurde wegen Krampfadern in der Speiseröhre zum Notfall. Ärzte im Krankenhaus Schongau fanden die Ursache: ihre kranke Leber.

Renate Schmidinger (78) ist hart im Nehmen. Vor zehn Jahren hat die Schongauerin den Darmkrebs besiegt, die Spezialisten im örtlichen Krankenhaus halfen ihr wieder auf die Beine. „Ich bin sehr dankbar für die erfolgreiche Therapie, damit wurden mir viele schöne Jahre geschenkt“, erzählt die pensionierte Goldschmiedemeisterin. Doch dann kam der nächste Schock: 2020 bemerkte sie Blut im Stuhl. Die Befürchtung eines Tumorrückfalls (Fachbegriff Rezidiv) bestätigte sich zwar nicht, doch die Ärzte stellten ein neues ernstes Problem fest: gefährliche Krampfadern in der Speiseröhre.

Porträtfoto von Renate Schmidinger
Genießt ihr Leben nach einer doppelt erfolgreichen Behandlung: Renate Schmidinger. © Hans-Helmut Herold

Chefarzt Dr. Dresel: Krampfadern in der Speiseröhre können lebensgefährlich werden

„Das ist eine dramatische Erkrankung, die lebensbedrohlich werden kann“, weiß Dr. Jochen Dresel vom Krankenhaus Schongau. Der Chefarzt für Innere Medizin erklärt den Hintergrund: „Die Krampfadern in der Speiseröhre entstehen durch eine Schädigung der Pfortader. Das ist eine wichtige Vene im Bauchraum. Sie transportiert Blut zur Leber. Wenn der Blutfluss gestört ist, entsteht ein
Rückstau vor der Leber. Darauf reagiert der Körper mit so genannten Umgehungskreisläufen, die das Blut an der Leber vorbei zum Herzen leiten.“ Platzt eine dieser Ausweichadern, kann der Patient schlimmstenfalls innerlich verbluten.

Oberarzt Dr. Benesic: Durch die Pfortader fließen bis zu eineinhalb Liter Blut pro Minute

Diese Gefahr ist bei einer Pfortadererkrankung nicht zu unterschätzen. „Durch dieses wichtige Gefäß fließen etwa ein bis eineinhalb Liter Blut pro Minute. Wenn beispielsweise etwa zehn Prozent des Blutes in den Umgehungskreisläufen verloren geht, verliert der Patient also innerhalb von zehn Minuten ein bis eineinhalb Liter Blut“, rechnet Oberarzt Dr. Andreas Benesic vor. Deshalb mussten die Krampfadern in Renate Schmidingers Speiseröhre entfernt werden. Dazu nahmen die Mediziner eine Gummibandligatur vor. „Bei dieser minimalinvasiven Behandlungsmethode werden die Krampfadern abgebunden“, erklärt Chefarzt Dresel.

Luftaufnahme des Krankenhauses Schongau
Das Krankenhaus Schongau aus der Vogelperspektive. © Hans-Helmut Herold

Patientin leidet an den Spätfolgen ihrer Chemotherapie gegen Darmkrebs

Normalerweise haben vor allem Alkoholkranke mit solchen Krampfadern zu kämpfen, die in der Fachsprache Ösophagusvarizen heißen. „Sie treten meist bei einer Leberzirrhose auf“, berichtet Leberspezialist Benesic. Doch im Falle von Renate Schmidinger lag die Sache anders: „Ich trank bis zur Diagnose nur sehr selten Alkohol und heute gar keinen mehr.“ Nach einer Fülle von Untersuchungen stellten die Schongauer Spezialisten fest: Die Erkrankung ist eine Spätfolge der bereits Jahre zurückliegenden Chemotherapie gegen den Darmkrebs.

Schongauer Spezialisten enttarnen Medikament Oxaliplatin als Verursacher der Erkrankung

„Wir haben uns lange die Köpfe zerbrochen, wodurch der Leberschaden entstanden sein könnte. Am Ende fanden wir heraus, dass die kleinen Blutgefäße der Leber durch das Medikament Oxaliplatin in Mitleidenschaft gezogen worden ist“, berichtet Dresel. In der Folge erkrankte Renate Schmidinger an Bluthochdruck in der Pfortader, Experten sprechen von portaler Hypertension (Pfortaderhochdruck).

Medikamente sollen den Blutdruck in der Pfortader senken

Nun muss die 78-Jährige Medikamente einnehmen, die den Blutdruck senken. „Damit komme ich gut klar“, berichtet sie. Einmal im Jahr muss sie sich einer Magenspiegelung unterziehen. Abgesehen von diesen Routineuntersuchungen genießt sie ihr Leben in vollen Zügen: „Ich mache zwei Mal die Woche Waldspaziergänge, gehe auch gerne mal in die Berge.“ Bei ihrer Ernährung achtet sie darauf, dass viel Gemüse auf den Teller kommt, Alkohol ist tabu.

Chefarzt rät: Früherkennung erhöht in vielen Fällen die Behandlungschancen

Renate Schmidinger ist froh, dass sie nach dem Darmkrebs auch ihre Lebererkrankung so gut in den Griff bekommen hat. „Ich bin den Ärzten im Krankenhaus Schongau sehr dankbar dafür. Ich kann jedem nur raten, bei ähnlichen Beschwerden rechtzeitig zum Arzt zu gehen.“ Chefarzt Dresel pflichtet bei: „Auch bei Pfortaderhochdruck gilt wie bei sehr vielen anderen Erkrankungen: Je früher sie erkannt wird, desto besser sind die Behandlungschancen.“

Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unserer Redaktion leider nicht beantwortet werden.

Auch interessant