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Tim Coffman: So tickt der Top-Scorer des EC Bad Nauheim

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Von: Michael Nickolaus

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Sport bestimmt ihr Leben: Eishockey-Profi Tim Coffman vom EC Bad Nauheim und Nastja Glebov, die als Tennis-Trainerin tätig ist. © Red

Tim Coffman ist Top-Scorer des EC Bad Nauheim. Für uns hat er die Wohnungstür geöffnet und Einblicke in sein Privatleben gegeben.

Tim Coffman ist Top-Scorer des EC Bad Nauheim. 22 Hauptrunden-Tore hat der US-Amerikaner für den Eishockey-Zweitligisten erzielt, weitere 32 Treffer aufgelegt. Beim Besuch in seiner Wohnung gewährt der 35-Jährige persönliche Einblicke, spricht über die Vor- und Nachteile einer Laufbahn in Europa und erklärt auch, warum er die slowenische Sprache lernen möchte.

Bahnhofsallee, eine Zwei-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss. Das Colonel-Knight-Stadion ist fußläufig zu erreichen. Hier wohnt Tim Coffman, der Top-Scorer des EC Bad Nauheim. Die drei trainingsfreien Tage hatten der 35-Jährige und seine Lebensgefährtin Nastja zu einem Kurz-Trip nach Barcelona genutzt. Abschalten bei frühlingshaften 20 Grad nach 52 Hauptrunden-Spielen, Kraft tanken für die Playoff-Serie mit dem ESV Kaufbeuren (ab Mittwoch). »Kaufbeuren steht robust in der Defensive, hat viel Qualität und Tiefe im Angriff. Aber wir haben rechtzeitig unseren Turnover geschafft, haben gezeigt, dass wir mit Druck umgehen können und sind noch nicht am Ende der Reise«, sagt Coffman.

Sechmal in Folge meiste Punkte

Der US-Amerikaner war der Königstransfer der Roten Teufel im vergangenen Sommer. Von 2017 an war Coffman jeweils Top-Scorer seiner Mannschaft; beim HKV Zvolen in der höchsten slowakischen Liga, in den drei Jahren beim HC La Chaux-de-Fonds in der Swiss League, der zweiten schweizer Liga, und auch bei dessen Liga-Konkurrent SC Langenthal. In Deutschland hat Coffman seine Serie nun fortgesetzt, mit 53 Punkten in 52 Spielen ist er punktbester Spieler seiner Mannschaft; in der DEL2-Scorerliste wird der Mittelstürmer auf Rang sieben geführt. Bei einer Bullyquote von 49,08 Prozent, einer Plus-Minus-Bilanz von plus 8 und 18 Strafminuten wurden 166 Torschüsse gezählt, so viele wie bei keinem seiner Teamkollegen. Coffman hat sportlich überzeugt - und er ist auch privat in der Wetterau angekommen. »Die schönen Parkanlagen, die Restaurants, kurze Wege in die Großstadt, die Jungs in der Kabine, Harry Lange als Trainer und die Fans. Mir gefällt es in Bad Nauheim.«

Holpriger Start in Wetterau

Rückblende, August 2022: Der Start war holprig. Coffman war verspätet zum Kader gestoßen. Für ihn hatten die Roten Teufel eine Ausnahme gemacht. Coffman war Teil der neugegründeten 3Ice-League, die in Nordamerika mit hohen Preisgeldern in der Sommerpause gelockt hatte. In der Wetterau eingetroffen, plagte ihn gleich eine Zahnwurzel-entzündung, angesichts der DEL2-unwürdigen Vorbereitungsbedingungen stellte er sich mehr als einmal die Frage, was er denn hier eigentlich tue, wie er rückblickend lachend einräumt. Das gehört der Vergangenheit an. Coffman und seine Lebensgefährtin sind längst »angekommen.«

Erstes Date auf dem Fluß

Nastja Glebov ist Slowenin, ist Trainerin an der Bozovis Tennis-Akademie in Zürich. Als Teenagerin hatte sie nationale und internationale Turniererfolge feiern können, war in den Top10 ihrer Heimat zu finden. Heute ist sie unter anderem Trainingspartnerin für Top100-Spielerinnen der WTA-Tour. »Im Laufe einer Saison gibt es viele Höhen und Tiefen. Sie weiß, wie Profis ticken, gerade nach Niederlagen«, sagt Coffman. Vor rund eineinhalb Jahren haben sich die beiden kennengelernt. Das erste Date führte sie zum Wassersport (»Floating the river«; sich über den Fluß treiben lassen, eine schweizer Tradition) statt zum Candlelight-Dinner. »Sie ist eben Sportlerin durch und durch«, lacht Cofffman. Obwohl beide in der Schweiz lebten, zu Hause wird in englischer Sprache kommuniziert. »Ich sollte sicher mal ein bisschen slowenisch lernen, gerade für die Zeit, wenn wir mal in ihrer Heimat sind«, sagt Coffman. Eine zweijährige französische Bulldoge ergänzt das Leben des jungen Paares, das eine Fernbeziehung führt.

»Sie ist so oft es eben geht in Bad Nauheim.« Zusammen trifft man die beiden immer mal beim »Italiener«, zumeist im »El Sol« oder dem »Portefino« gleich ums Eck. Im Sportpark stehen beide gerne auf dem Tennis-Court, kürzlich saß Coffman beim Champions League-Spiel von Eintracht Frankfurt gegen den SSC Neapel auf der Tribüne. »Ein toller Abend, nur das Ergebnis hat nicht gepasst.«

Fußball-Talent

Mit einem jüngeren Bruder und einer jüngeren Schwester ist Tim Coffman ist Elverson im US-Bundesstaat Pennsylvania aufgewachsen, gut eine Autostunde entfernt von Philadelphia. Auf Grund seines fußballerischen Talents war ihm ein College-Stipendium angeboten worden, doch Coffman träumte den Traum jedes schlittschuhläuferisch talentierten Nordamerikaners, wollte Eishockey-Profi werden. Am Utica College studierte er Public Relations, sammelte 2012 in Greenville in der East Coast Hockey League (ECHL) erste Erfahrungen als Profi. Durch den NHL-Lockout zog es ihn für einen Winter nach Tilburg (»Ich wusste vorher nicht einmal, dass in den Niederlanden überhaupt Eishockey gespielt wird«).

Die richtige Entscheidung

2013 suchte er noch einmal eine Chance in Nordamerika, blieb vier Jahre bei den Alaska Aces in der ECHL, ehe er sich für eine Europa-Laufbahn entschied. »Die absolut richtige Entscheidung, auch finanziell gesehen. Dennoch: Sprache, Kultur, Lifestyle - Europa ist nicht für jeden etwas.« Er habe auch viele gesehen, die nach zwei, drei Wochen heimgeflogen sind. Das Angebot, in Schweiz zu wechseln hatte Coffman schnell angenommen, ebenso die Chance, den Vertrag dort zu verlängern. »La Chaux-de-Fonds, überhaupt die Schweiz, das ist ein wunderschöner Ort zum Leben.«

Ein bis zwei Jahre wolle er noch spielen - und danach? »Coaching kann ich mir vorstellen; vielleicht nicht im Profibereich, aber an einem College.« Jetzt gilt die Konzentration aber erstmal den Playoffs mit dem ESV Kaufbeuren. »Wir haben Qualität im Kader und einen Torwart, der uns Spiele gewinnen kann«, sagt Coffman.

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