Samstag,
16.03.2019 - 07:00
6 min
UTSG-Sponsor Helmut Melcher stand einst für Eintracht Frankfurt auf dem Platz
Von Wolfgang Stalter

Kümmert sich auch heute noch jeden Tag um sein Unternehmen: Helmut Melcher. Foto: Stalter
WEILROD - Seit mehr als 25 Jahren unterstützt Helmut Melcher die Fußballabteilung der Usinger TSG und schafft damit auch weiterhin die Rahmenbedingungen, die für die Unterhaltung einer Verbandsligamannschaft unbedingt notwendig sind. So sieht es auch Olaf Best, Spielausschussvorsitzender der UTSG: "Die Usinger TSG kann sich wirklich glücklich schätzen, sich über einen so langen Zeitraum an solch einen Hauptsponsor anlehnen zu können. Helmut ist aber mehr als nur ein Freund und Gönner der UTSG. Auch menschlich kenne ich keinen Zweiten wie den Helmut, offen, ehrlich, aber auch direkt. Ohne diesen Werbepartner wäre Verbandsligafußball in Usingen sehr schwierig."
Doch viele wissen es nicht, Melcher war in jungen Jahren auch ein großartiger Fußballer. Nur die Älteren werden sich an den heute 72-jährigen noch erinnern können. Er trug für zwei Spielzeiten das Trikot der Frankfurter Eintracht und gehörte in der Saison 67/68 zum Kader des Hessenligisten Spvgg 05 Bad Homburg. Bei den Adlerträgern kam er bei den Profis aber nie zum Einsatz. Überwiegend spielte er bei den Amateuren (Hessenliga), in der Juniorenmannschaft sowie in der Reserve des Bundesligisten. Dort stand Helmut mit später so bekannten Größen wie Bernd Nickel (426 BL-Spiele Eintracht Frankfurt/ 1 A Länderspiel) und Bernd Hölzenbein (420 BL-Spiele Eintracht Frankfurt /A-Länderspiel/Weltmeister 1974) oft auf dem Platz. Beide fanden später über die Nachwuchsmannschaften der Frankfurter den Zugang zum Profifußball.
Wie kam der im Hintertaunus geborene Melcher 1965 eigentlich zu Eintracht Frankfurt? Melcher ist im Weilroder Ortsteil Finsternthal aufgewachsen, spielte bis zu seinem 18. Lebensjahr in allen Jugendmannschaften von TuS Altweilnau. Schon mit 15 Jahren nahm er am Training der Seniorenmannschaft seines Heimatvereins teil. Er war zu dieser Zeit auch schon ein Anhänger von Eintracht Frankfurt. Alle zwei Wochen fuhr er mit seinem Moped ins Waldstadion, um Bundesligaspiele der Eintracht zu besuchen. Bei einem dieser Besuche lernte das Altweilnauer Jungtalent Willi Bethge, den damaligen Betreuer der Eintracht Juniorenmannschaft, kennen. Bethge lud ihn spontan zum Training ein und machte ihm nach vier Übungseinheiten einen Wechsel an den Riederwald schmackhaft. Melcher war begeistert und vollzog im Sommer 1965 den Wechsel. Hier lernte er den Fußball von einer ganz anderen Seite kennen. Melcher erinnert sich: "Gegenüber den A-Jugendspielern der Eintracht hatte ich natürlich Rückstände in allen fußballerischen Bereichen, die ich aber im Laufe der Zeit mit viel Fleiß verringern konnte. Das blieb auch meinen Trainern nicht verborgen. Zur Belohnung durfte ich deshalb 1966 mit der Eintracht an einem internationalen Juniorenturnier in Den Haag teilnehmen." Für ihn ist diese Teilnahme noch heute unvergesslich. In der Eintracht-Elf standen fünf Lizenzspieler und er lernte auf dieser Fahrt die bis zu diesem Zeitpunkt noch völlig unbekannten Nickel und Hölzenbein kennen, die auf der Raststätte Limburg in den Mannschaftsbus stiegen. In Holland gab es dann zwei Fraktionen, die Lizenzspieler und die "Unbekannten". Mit Nickel und Hölzenbein freundete er sich an. Die enge Freundschaft zu Nickel besteht heute noch, zu Geburtstagen ist er bei "Dr. Hammer" regelmäßiger Gast. Lose Kontakte zu Hölzenbein gibt es auch noch. Nickel avancierte zum besten Spieler des Juniorenturniers, während Hölzenbein, gerade von TuS Dehrn aus der Bezirksliga Limburg zu den Adlerträgern gewechselt, sich etwas schwerer tat.
In der Saison 66/67 kam Melcher in zehn Spielen auch bei den Reservisten des Bundesligisten, auch wieder mit den Nachwuchsspielern Nickel und Hölzenbein, zum Einsatz. Melcher: "Das war damals für mich eine tolle Sache, denn die Reservemannschaft machte oft das Vorspiel vor Bundesligabegegnungen. Gerne ich erinnere ich mich noch heute an die Spiele gegen Eintracht Braunschweig und den VfB Stuttgart vor großer Zuschauerkulisse." Mit "Kalla" Wirth (138 BL-Spiele Eintracht Frankfurt) bildete er die Innenverteidigung und bei den Stuttgartern stand der ehemaliger Nationalspieler Rolf Geiger (8 A-Länderspiele) auf dem Platz. "Das sind bleibende Eindrücke, die mir niemand mehr nehmen kann."
Mit knapp 21 Jahren verließ "der Helmut" im Sommer 1967 die Eintracht. Beim Bundesligisten sah er keine Möglichkeit, Berufsfußballer zu werden. Er war selbstkritisch genug, um einzusehen, dass sein Können für einen Bundesligaspieler nicht ausreichte. Dafür fehlte ihm die Grundausbildung. Melcher folgte deshalb dem Ruf der Spvgg 05 Bad Homburg. Der ambitionierte Hessenligist war damals im Amateurfußball eine sehr gute Adresse. Anfangs lief es für ihn auch optimal, der neue Trainer Gerhard Happ - vom Zweitligisten Spvgg Bayreuth gekommen - berief ihn immer in die Stammformation. Hans Hild, Urgestein der Spvgg 05 Bad Homburg, erinnert sich: "Der Helmut war ein toller und hilfsbereiter Kamerad. Im Bewegungsablauf für Profiverhältnisse aber sicher etwas zu langsam. Bei uns hätte er vielleicht auch etwas mehr Geduld mitbringen müssen." Im Meisterschaftsspiel gegen den SV Wiesbaden zog er sich dann einen Kreuzbandriss zu, der allerdings als solcher nicht erkannt wurde. Adolf Katzenmeier (verstorben 2016), damals namhafter Physiotherapeut von Eintracht Frankfurt und beim Deutschen Fußballbund, sprach nur von einer Kreuzbandlockerung und empfahl eine Pause von vier Wochen. Melcher: "Damals gab es noch kein MRT, die Ärzte konnten sich nur an Röntgenbilder orientieren. Im Jahr 2004 stellten die Ärzte anlässlich einer anderen MRT-Untersuchung dann fest, dass bei mir in der Vergangenheit das vordere Kreuzband gerissen sein musste."
Nach einer längeren Pause wirkte Melcher noch in vier Hessenligaspielen in der Saison 67/68 bei den Nullfünfern mit, musste aber wegen der Verletzung bald einsehen, dass es keinen Sinn mehr machte. Melcher: "Schweren Herzens meldete ich mich 1968 bei der Spvgg 05 Bad Homburg ab. Der Traum war zu Ende, ich wurde deshalb in ganz jungen Jahren Trainer beim SV Arnoldshain und später beim TSV Schmitten. Danach kehrte ich zu meinem Heimatverein TuS Altweilnau zurück, wo ich nochmals als Spieler und Funktionär in verschiedenen Ämtern mitwirkte." Aber alles im Leben ist nicht so schlecht, als dass es nicht auch für etwas gut ist. Melcher widmete sich nach seinem Abschied aus Bad Homburg jetzt schwerpunktmäßig seinem Berufsleben.
Und was macht der gelernte Industriekaufmann und ehemalige Eintracht-Akteur heute? Melcher ist Besitzer und alleiniger Geschäftsführer der Firmen Melcher Eisen & Stahl und Melcher Edelstahl mit Sitz in Altweilnau. Melcher: "Dadurch, dass ich so früh durch den Kreuzbandriss meine sportliche Karriere beenden musste, konnte ich die angefallene Freizeit für den Beruf nutzen, was sich heute ja als positiv herausgestellt hat".
Trotz seiner inzwischen fortgeschrittenen Lebensjahre ist er noch in Vollzeit berufstätig. Pünktlich um 8 Uhr morgens sitzt er in seinem Büro und lenkt bis 17 Uhr den Geschäftsbetrieb in Sachen Stahlhandel. Da hat sich gegenüber früher nichts geändert. Mit seiner Ehefrau Ingrid feiert er in Kürze die goldene Hochzeit. Sohn Michael und drei Enkel werden sicher die ersten Gratulanten sein. Dem Fußball ist er nach wie vor verbunden. Beim Verbandsligisten Usinger TSG ist er Sponsor und kritischer Zuschauer bei allen Meisterschaftsspielen. Melcher: "Bei der Usinger TSG ist die Fußballwelt noch in Ordnung. Leider gibt es auch hier zu wenig ehrenamtliche Helfer. Auch lässt das Zuschauerinteresse im Amateurbereich immer mehr nach. Bundesligaspiele im Fernsehen von Freitag bis Montag machen den Amateurfußball eben kaputt."
Melcher würde heute seine Fußballlaufbahn betreffend nichts anders machen und zieht insgesamt deshalb auch ein positives Fazit: "Durch den Fußball habe viele schöne Stunden erlebt und viele interessante Menschen kennengelernt."