Brust breiter machen

Die Formkurve steigt an, das Punktekonto auch. Mit dem ersten Heimsieg der Saison will die HSG Wetzlar ihren Fehlstart endgültig vergessen machen. Gast TVB Stuttgart befindet sich aber auch im Aufwind.
Wenn am heutigen Donnerstagabend die Zuschauerzahlen in der Buderus-Arena dem jüngsten Punkteaufwind der Bundesliga-Handballer der HSG Wetzlar folgen, sollte im Heimspiel gegen den TVB Stuttgart (19.05 Uhr) der grün-weiße Aufschwung anhalten. Für die Wertigkeit des Auswärtserfolges vor einer Woche beim ASV Hamm Westfalen besitzen die 60 Minuten auf jeden Fall hohe Aussagekraft.
Die Woche der HSG Wetzlar: Trainer Benjamin Matschke kann auf seinen kompletten Kader setzen, auch wenn Kapitän Adam Nyfjäll noch Probleme mit einem Bluterguss im Oberschenkel hat und deshalb Maduwuike Okpara wie schon in Hamm zum Aufgebot zählen wird. »Wir werden besser«, ist Matschke von seinen jungen, aber auch seinen in die Führungsrollen hineinwachsen müssenden Akteuren überzeugt. Magnus Fredriksen, Lenny Rubin, Erik Schmidt und Hendrik Wagner wollen und müssen sich ebenso beweisen wie die Youngster Jovica Nikolic, Radojica Cepic und Jonas Schelker auf sich aufmerksam machen wollen. Und für Torhüter Till Klimpke gilt es, die neuerliche Nationalmannschaftsnominierung im direkten Duell mit keinem geringerem als dem 200-maligen Nationaltorhüter Silvio Heinevetter zu bestätigen.
Problemzonen beseitigen: Damit die Brust bei den Wetzlarer Leistungsträgern wie Lenny Rubin und Magnus Fredriksen, aber auch bei denen, die es noch werden sollen wie Hendrik Wagner oder Erik Schmidt breiter wird, ist der erste Heimsieg der Saison bitter nötig. Das einerseits, eben die Psychologie des Spiels.
Andererseits muss teamtaktisch Vladan Lipovina noch stärker integriert, gezielter der Weg über die zweite Welle gesucht, am Kreisläuferspiel gefeilt, die Kreuzungen optimiert und die Kommunikation Innenblock/Torhüter ausgebaut werden. Viel Arbeit also für den Trainerstab, sowohl in den Übungsstunden als auch am (Video-)Schneidetisch.
»Wir arbeiten konsequent an Dingen, die sich schnell ändern lassen. Wir haben viele Aufgaben vor uns, um erfolgreich zu sein«, bekräftigt Cheftrainer Benjamin Matschke.
Die Stuttgarter Ausgangslage: Die Schwaben haben mit 222 Gegentreffern die aktuell durchlässigste Abwehr der Liga und mit 118 technischen Fehlern ebenfalls einen Negativ-Spitzenwert zu beklagen. Nach der Trennung von Trainer Roi Sanchez hat Interimscoach Michael Schweikardt es binnen weniger Tage aber verstanden, die Versäumnisse auf dem Feld der Sicherheit abzumildern. Konsequenz: Dem 0:10-Punkte-Fehlstart mit dem 30:43 (!) gegen die Rhein-Neckar Löwen als Tiefpunkt folgten zwei Siege gegen TBV Lemgo Lippe und Bergischer HC mit jeweils unter 30 Gegentreffern. In Wetzlar wird Michael Schweikardt erneut als verantwortlicher Trainer auf der Bank sitzen, in der Länderspiel-Pause wird man sich auf der Führungsebene beraten und entscheiden, wie es auf dem Chefsessel weitergeht.
TVB-Personalien: Mit dem stets hoch emotionalen und ehrgeizigen Torhüter Silvio Heinevetter sowie dem schwedischen Kreisläufer Oscar Bergendahl haben die TVB-Verantwortlichen zwei Top-Verpflichtungen getätigt. Die vom spanischen 15-Monate-Trainer Roi Sanchez angestrebte Umgestaltung und Modernisierung des Stuttgarter Spiels hat sich aber als zu anspruchsvoll erwiesen. Wer die komplette personelle TVB-Besetzung Spieler für Spieler durchgeht, der wundert sich schon über den Fehlstart. Allein die Rückraumreihe Adam Lönn, Ivan Sliskovic (vom FC Porto gekommen), Max Häfner, Egon Hanusz, Andri Runarsson, Jan Forstbauer (vom HSV verpflichtet) und Jerome Müller nötig großen Respekt ab. Als Außenseiter laufen die Stuttgarter nicht in der Buderus-Arena auf, zumal die Abgänge weniger einen Qualitätsverlust darstellen als es durch die Neuverpflichtungen an Zuwachs gibt.