EC Bad Nauheim: Das sind die Baustellen nach dem Sieglos-Start

Der EC Bad Nauheim wartet nach vier Spielen in der Deutschen Eishockey-Liga 2 auf den ersten Sieg. Wir sagen, wo’s klemmt.
Die Fans sind emotional und leidenschaftlich. Identifikation, Treue und Verlässlichkeit im Umfeld sind außergewöhnlich. Die Roten Teufel bewegen in der Wetterau, wo die Gefühle deshalb schon mal schneller umschlagen als anderswo. Euphorisch war noch der Heimspiel-Auftakt in der Deutschen Eishockey-Liga 2 bewertet worden (5:6 n.V. gegen Krefeld), nur eine gute Woche - und zwei Niederlagen (1:8 in Crimmitschau, 3:4 gegen Bayreuth) - später war die Stimmung gänzlich gekippt. Jetzt, nach nun vier Spielen, wartet der EC Bad Nauheim noch auf den ersten Pflichtspielsieg. Das kennt man in der Kurstadt aus der Vergangenheit so nicht. Immerhin: Der Teil-Erfolg in Ravensburg (2:3 n.P.) hat die Nerven etwas beruhigt. »Uns geht gerade alles sehr schwer von der Hand. Das ist auch eine Frage des Selbstvertrauen. Wir brauchen jetzt endlich den ersten Sieg, auch und gerade für den Kopf«, sagt Trainer Harry Lange. - Das sind die Baustellen und aktuellen Themen:
Der Aufbau aus der eigenen Verteidigungszone : Geradlinig, scheibensicher, mit Tempo - das hatte die Roten Teufel in der Vorsaison ausgezeichnet. Aktuell hat die Mannschaft Probleme, aus der eigenen Zone zu kommen; erst recht dann, wenn Top-Verteidiger Kevin Schmidt fehlt und diese Eiszeit von anderen Spielern aufgefangen werden muss, die diesen Einsatz-Rhythmus nicht gewohnt sind Die Folge: Die Verteidiger bekommen die Pucks nicht sicher auf die Schläger der Stürmer, und ein Fehlpass, wenn die Angreifer längst ihre Defensiv-Position fürs Offensivspiel verlassen haben, verursacht Unordnung, sorgt für Gefahr vor dem eigenen Tor.
Die Special Teams : In Über- und Unterzahl werden enge Spiele entschieden. Aber: In der DEL2 ist aktuell keine Mannschaft statistisch schwächer als der EC Bad Nauheim. Ein Tor nur wurde aus 19 (!) Powerplay-Situationen erzielt, fünf Gegentore bei 15 Unterzahl-Situationen wurden kassiert. Optisch schaut’s besser aus, als es die Zahlen vermuten lassen.
Die Roten Teufel kommen in die gegnerische Zone, lassen die Scheibe laufen. »Am Ende wird das Powerplay an Toren gemessen. Und da müssen wir eben härter arbeiten«, fordert der Coach mehr Gier, den Treffer erzwingen zu wollen.
Die Angriffsreihen: Wer passt zu wem? Lange und sein Assistent Adam Mitchell haben die passenden Kombinationen noch nicht gefunden - und bereits reagiert. Taylor Vause/Jordan Hickmott und Tim Coffman/Jerry Pollastrone - das hatte nicht funktioniert. Nicht offensiv und schon gar nicht defensiv. Keine andere Mannschaft hat nach vier Spielen mehr Gegentore kassiert. Mit Coffman/Pollastrone und Verteidiger Kevin Schmidt hatten zeitweise drei Führungsspieler der Roten Teufel ligaweit die schwächsten Plus-Minus-Werte.
Vause wirkte nach seinen beiden Toren vom Freitag schon erkennbar leichtfüssiger am Sonntag, prägender im Spiel, nun mit Pollastrone und Christoph Körner an seiner Seite. Und auch Coffman - der bis dato Glücklosigkeit personifizierte - sollte Selbstvertrauen aus seinem ersten Treffer ziehen können.
In Ravensburg präsentierte sich zudem Torwart Felix Bick so, wie man das eigentlich von ihm gewohnt ist.
Die falschen Entscheidungen: Da wird’s kompliziert gemacht, statt den einfachen Pass zum Nebenmann zu spielen. Da wird gespielt, statt geschossen. Da wird geschossen, statt gespielt. Da fehlt mal die Übersicht, mal die mentale Stabilität über 60 Minuten. Da passieren die sogenannten einfachen Fehler. Die Folge: Turnover - und zwar zu viele an der Zahl. »Turnover passieren. Aber in dieser Summe - da kannst zu ein Spiel nicht gewinnen«, resümierte Lange am Freitag.
Das Fazit: »Im Augenblick geht uns alles nur sehr schwer von der Hand«, sagt Lange. Leichtigkeit, Automatismen fehlen. Die kilometerfressende, DEL2-unwürdige Saison-Vorbereitung, die vergleichbar wenigen Eiszeiten zum Training - sie ist erkennbar, dient als (Teil-)Erklärung, nicht aber als Ausrede. Drei der vier Spiele haben die Roten Teufel mit nur einem Tor Unterschied verloren. »Natürlich ist die Phase nicht einfach, und natürlich müssen wir anfangen, Spiele zu gewinnen. Aber wir haben auch gesehen, dass wir nicht weg von den anderen Klubs sind.«
Die Perspektive: Am Freitag sind die Roten Teufel in Weißwasser zu Gast. Zum Kerb-Spiel kommen am Sonntag die Dresdner Eislöwen. Mit dem Comeback von Kevin Schmidt wird gerechnet.
Zudem laufen nach Infomationen unserer Redaktion inzwischen auch Gespräche mit Andreas Pauli, um diesen zeitnah in den Spielbetrieb integrieren zu können. Der 28-Jährige, der bereits sechs Jahre für den EC Bad Nauheim gespielt hatte, hat kürzlich eine berufliche Ausbildung begonnen, steht parallel dazu aber seit dem Trainingsstart im Colonel-Knight-Stadion in nahezu jeder Einheit mit der Mannschaft auf dem Eis. Ein Spielertyp wie er fehlt derzeit. Pauli könnte helfen, keine Frage.