Ein kleines Déjà-vu

NEU-ANSPACH (sma). Es hätte ein Déjà-vu sein können, das sich den Besuchern beim Abschluss des Dressurturniers auf der Wintermühle bot: Genau wie im vergangenen Jahr gewann Heinrich Brähler aus Herbstein das hessische Berufsreiterchampionat, Vizemeisterin wurde Anja de Bruijn, Bereiterin und Ausbilderin auf der Wintermühle. Sie hatte sogar dasselbe Pferd unter dem Sattel wie 2021, den zwölfjährigen Oldenburger Fusaichi Dancer.
Erstmals international
»Ich bin sehr dankbar, dass die Besitzerin ihn mir wieder zur Verfügung gestellt hat«, erzählte sie. Eine Selbstverständlichkeit ist das nicht, denn das Finale des Berufsreiterchampionats wird mit Pferdewechsel entschieden. Die drei Finalisten müssen also die Pferde der Konkurrenz in einer kleinen Prüfung reiten. Nicht jeder Pferdebesitzer möchte, dass auf seinem wertvollen Tier jemand Platz nimmt, von dem er im Vorfeld nicht weiß, wer es sein wird.
Um die Pferde nicht unnötig zu belasten, wurden sie im Finale nur von den Fremdreitern geritten und nicht - wie noch im letzten Jahr - auch von ihren eigenen Reitern. Zudem war die Finalprüfung zur Schonung der Pferde, die schon die beiden schweren Prüfungen der Qualifikation hinter sich hatten, recht kurz gehalten. Für den Reiter machte es das nicht einfacher, denn bei so einer kurzen Prüfung gibt es weniger Gelegenheit, mögliche Patzer mit besonders gut gelungenen Lektionen auszugleichen.
Und auch die kurze Vorbereitungszeit von lediglich fünf Minuten ist eine Herausforderung, wie Anja de Bruijn berichtete. »Ich teste jede Lektion mal kurz an, vor allem die fliegenden Galoppwechsel, die reitet jeder ein bisschen anders«, beschrieb die Pferdewirtschaftsmeisterin ihr Vorgehen. Seit über zwei Jahren arbeitet sie auf der Wintermühle, zuvor trainierte sie etwa bei der Dressur-Ikone Isabell Werth und dem Mannschafts-Olympiasieger Hubertus Schmidt.
Während zwar die Siegerehrung des Berufsreiterchampionats ein ähnliches Bild wie im Vorjahr bot - lediglich die Drittplatzierte Sina Leuthäußer aus Dillenburg war neu dabei - war das gesamte Turnier eine Premiere.
Zum ersten Mal wurde es international veranstaltet, aus dem früheren »Dressurfestival« waren die »Internationalen Dressurtage« geworden. Und das brachte einige Änderungen mit sich, wie Veranstalter Arnold Winter berichtete. »Man muss zum Beispiel die Stallzelte bewachen lassen und die Reiter brauchen eine Startgenehmigung der Deutschen Reiterlichen Vereinigung«, zählte er Beispiele auf. Und die Pferde haben eine Stallpflicht, müssen also während des Turniers auf dem Gelände bleiben - der übliche Stress mit der täglichen An- und Abfahrt entfiel daher. Das brachte laut Winter eine ruhige, nahezu gemütliche Stimmung mit sich. »Alle waren entspannt und freundlich, von Hektik keine Spur«, berichtete er.
Ob das Turnier auch nächstes Jahr international veranstaltet werde, sei noch nicht klar. Sollte das der Fall sein, hoffe er auf größere Starterfelder. »Eine Handvoll mehr hätte mancher Prüfung gutgetan. Aber die Reiter kriegen für die internationalen Wettbewerbe eben nur dann eine Startgenehmigung, wenn sie zuvor entsprechend erfolgreich waren.« Ein ganz besonderes Turnier war die Veranstaltung auch für Mátè Garai, ebenfalls Bereiter auf der Wintermühle. Der 30-jährige Ungar bekam für seine Erfolge das Goldene Reitabzeichen verliehen. Und er war auch auf dem Turnier vorne mit dabei, mit dem Hannoveraner All in wurde er in zwei schweren Dressuren jeweils Dritter.
Olympiasiegerin ist mit dabei
Von der Wintermühle startete zudem Julia Christina Maria Kay, sie stellte Sweet Potao in einer Extra-Prüfung für siebenjährige Pferde vor und wurde im Finale Zweite. Wintermühle-Reiterin Feodora von Roeder präsentierte ihren Morgensterns Delicius in den Pony-Prüfungen und wurde zweimal in den Topdrei platziert.
Und auch Prominenz war vor Ort: Dorothee Schneider aus dem rheinland-pfälzischen Framersheim, amtierende Mannschafts-Olympiasiegerin und Reservistin bei den anstehenden Weltmeisterschaften. Sie gewann mit Sister Act den Grand Prix, und das mit einem satten Vorsprung von fast vier Prozentpunkten. Die schwerste Prüfung des Turniers, der Grand Prix Special, entschied Laura Strobel aus der Nähe von Osnabrück für sich. Siegerin der Grand-Prix-Kür wurde Carina Scholz aus Iserlohn.
