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Fußball und Tennis legen klar zu

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Die zehn mitgliederstärksten Sportfachverbände im Hochtaunuskreis im Vergleich der Jahre 2019 und 2022. © Red

Hochtaunuskreis . Die Schnittmenge aus Herbert-Grönemeyer-Fans und sportaffinen Menschen dürfte nicht so klein sein. 2006 hatte der Musiker einen der Songs zur Fußball-Weltmeisterschaft geschrieben (»Zeit, dass sich was dreht«). Seine 80er-Jahre-Hymne »Bochum« wird sogar vor jedem Heimspiel des VfL von den Anhängern des Bundesliga-Vereins lauthals mitgesungen.

Auch in der jüngsten Singleauskopplung seines neuen Albums versteckt der Wortakrobat eine Botschaft, die wunderbar zur Entwicklung in deutschen Sportvereinen passt. In »Angstfrei« heißt es:

»Freiheit.

Neuzeit.

Vor allem angstfrei.

In der Unruhe liegt die Kraft.«

Die Menschen haben ihre Ängste und die mit der Corona-Pandemie verbundenen Restriktionen überwunden, jedenfalls die meisten. Das schlägt sich im Sport nieder, der vermehrt als sinnvolle Freizeitbeschäftigung angesehen wird, weil man ihn auch wieder in Gesellschaft und/oder in geschlossenen Räumen ausüben darf. Flapsig formuliert: Den Sportvereinen wird zurzeit die Bude eingerannt.

Hochtaunus mit 2,8 Prozent mehr

Den bundesweiten Trend untermalen die kürzlich veröffentlichten Zahlen des Landessportbundes Hessen. Zum Stichtag 1. Januar 2023 waren viel mehr Menschen Mitglied in einem hessischen Sportverein als noch ein Jahr zuvor (+62 594), ja sogar als je zuvor: Die 13 687 hessischen Vereine bewegten sich schon zu Jahresbeginn mit 2 194 902 Mitgliedern auf Vor-Pandemie-Niveau. Es waren genau 2661 Mitglieder mehr als vor der tristen Coronazeit im bisherigen Rekordjahr 2019.

Auch die jetzt ermittelten Zahlen im Hochtaunus, einem von 23 Sportkreisen in Hessen, passen zu dieser Entwicklung. Der Mitgliederzuwachs um 2,8 Prozent - damit legte man nach Frankfurt (+ 12,3 Prozent) und Darmstadt-Dieburg (+ 3,4 Prozent) am stärksten zu - schlägt sich in der Jahresstatistik nieder: Nach dem Rekordjahr 2019 mit 81 047 Mitgliedern ging es im ersten Pandemiejahr steil bergab: um 9,63 Prozent auf 78 044 Mitglieder. 2021 hatten sich die Sportvereine Hochtaunus schon wieder erholt (79 145 Mitglieder). Seit dem vergangen Jahr zeigt die Kurve anhaltend nach oben. Am 1. Januar 2023 gingen 81 422 Mitglieder in die Statistik ein - so viele wie nie.

Möller: »Die Jugend ist wieder zurück«

Zieht man die Bevölkerungszahl im Landkreis heran (239 741 Einwohner, Stand 30. Juni 2022), könnte man sogar zu dem Schluss kommen, das etwa jede dritte im Hochtaunuskreis lebende Person einem Sportverein angehört. Jedoch wären in diese Rechnung keine Mehrfach-Mitgliedschaften eingerechnet.

»Wir sind sehr zufrieden mit dieser Entwicklung, die Pandemie ist überwunden«, sagt Norbert Möller, langjähriger Sportkreischef, »vor allem freut uns, dass die Jugend wieder zurück ist.« Deutliche Zuwächse gebe es besonders im Fußball, aber auch in den Turnvereinen meldeten sich wieder viel mehr Menschen als noch ein Jahr zuvor an. Wenn sie auch noch nicht auf dem gleichen Niveau wie vor Corona angelangt sind. »Unsere Turnvereine hatten im Jahr 2020 über 4000 Mitglieder verloren, haben inzwischen aber wieder mehr als 2000 aufgeholt - ein super Trend«, so Möller.

Anders als in ganz Hessen, wo erstmals die Fußballer die Turner überholt haben, sind die Turnvereine im Hochtaunus im Vergleich der beiden Fachverbände weiterhin klar führend (26 134 gegenüber 13 808). Was mit Blick auf die aktuellen Zahlen und derer aus dem Vor-Corona-Jahr 2019 auffällt: Outdoor-Sportarten wie Tennis und Reiten werden stärker nachgefragt, dagegen durfte der Leichtathletiknachwuchs lange keine Wettkämpfe bestreiten.

Als weitere »Gewinner« der Pandemie gehen die Sektion Hochtaunus des Deutschen Alpenvereins - jetzt mit einer Kletterhalle in Neu-Anspach - und Tischtennis hervor. Schwer haben es speziell im Hochtaunus die Hallensportarten. »Die Vereine müssen improvisieren. Wir haben derzeit sechs Hallen geschlossen, und jetzt gibt es auch noch in der Sporthalle der Limesschule in Wehrheim einen Wasserschaden«, bemängelt Möller.

Es gibt immer weniger Vereine

Ein weiterer Trend in Hessen: Es gibt immer weniger Sportvereine. 7444 sind es insgesamt noch, 52 weniger als vor einem Jahr. Auch im Sportkreis Hochtaunus ist die Zahl rückläufig: von 248 im Jahr 2019 über 245 (2020) und 242 (2021) auf nunmehr 240.

Vereine würden sich zusammenschließen, um Kräfte zu bündeln, jüngstes Beispiel ist die angestrebte Fusion von DJK Bad Homburg und den Sportfreunden Friedrichsdorf, hat Möller festgestellt. Für ihn ist das eine zwangsläufige Folge. Es werde immer schwieriger, genügend Vorstände und Übungsleiter für eine ehrenamtliche Arbeit zu gewinnen, »das ist ein riesiges Problem«,

sagt Möller.

Während die Vereinslandschaft von den wachsenden Mehrspartenvereinen Homburger TG und TSG Oberursel angeführt wird, sei schon bei einem so renommierten Verein wie dem MTV Kronberg die Mitgliederzahl rückläufig. Ganz andere Sorgen hätten kleine Vereine, für die es aufgrund des Vorstandmangels teilweise ums Überleben geht. So hat Möller in seinem Wohnort Steinbach mit Bedauern zur Kenntnis genommen, dass der einst so erfolgreiche Radsportverein »Wanderlust«, 1905 gegründet, mangels Mitarbeiter aufgelöst werden musste.

THORSTEN REMSPERGER

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Ist sehr zufrieden mit der Mitglieder-Entwicklung im Sportkreis Hochtaunus: der Sportkreis-Vorsitzende Norbert Möller. © Gerhard Strohmann

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