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Kickers »brauchen erst mal Ruhe«

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Präsident Joachim Wagner (Offenbacher Kickers) und seine Mitstreiter analysieren die aktuelle Lage. © Imago Sportfotodienst GmbH

Offenbach . Die Ursachensuche für die sportliche Krise ist in vollem Gange beim Fußball-Regionalligisten Kickers Offenbach. Nach elf Punkten aus acht Spielen steht der Club vor schwierigen Entscheidungen mit großer Tragweite. Die Frage wird sein: Weiter so wie bisher oder Reagieren und Korrigieren? Am Montagabend tagte turnusgemäß der Aufsichtsrat der Profi GmbH.

Neben dem Thema Budget stand auch die sportliche Situation auf der Agenda. Der Vorsitzende des Gremiums, Vereinspräsident Joachim Wagner, erklärte auf Nachfrage, dass er sich nicht äußern werde: »Wir brauchen erst einmal Ruhe.«

Eine kritische Beleuchtung dürfte sich auch um die Frage drehen: Ist der Kader der Kickers wirklich so stark, wie er wiederholt öffentlich bezeichnet wurde? Der Faktencheck verrät, auch wenn der Verein sich zu Etatplanungen nicht äußert: Die Mittel, die Geschäftsführer Matthias Georg zur Verfügung stehen, dürften geringer sein als in der Saison zuvor.

Tor: Der OFC trennte sich vor der Saison von Stephan Flauder. Der Routinier (36), bis zur Verletzung Kapitän und in 66 Partien nur 50-mal bezwungen, ist nach einem komplizierten Schien- und Wadenbeinbruch vereinslos. Ihn ersetzte vergangene Saison David Richter - erstaunlich souverän. Im Sommer kamen erst Maximilian Engl (24), dann nach dessen Kniescheibenverletzung Michael Zadach (22) hinzu. »Wir haben keine klare Nummer eins«, konstatierte Trainer Alexander Schmidt. Ein Torwarttausch am fünften Spieltag ging nicht auf: Mittlerweile steht Richter wieder für Engl im Tor.

Abwehr: Die Defensive war eineinhalb Jahre lang das Prunkstück des OFC, was auch an einer üppigen Besetzung lag, die Verletzungen kompensieren konnte. In der Innenverteidigung standen vergangene Saison in Sebastian Zieleniecki, Malte Karbstein, Moody Chana (beide später langfristig verletzt), Jayson Breitenbach, Osarenren Okungbowa, Matteo Andacic (selten eingesetzt) und Enes Zengin (kein Einsatz) sieben Alternativen zur Verfügung , von denen die ersten fünf allesamt Qualitätsspieler sind. In dieser Spielzeit sind es insgesamt vier, von denen zwei erst zeigen müssen, wie viel Qualität sie haben: Zieleniecki, Breitenbach, der nachverpflichtete Maximilian Rossmann und Jakob Zitzelsberger. Auf der rechten Außenbahn war Maik Vetter erst nicht gefragt, dann verunsichert und unglücklich und nun verletzt. Die Folge: Trainer Schmidt probierte sieben verschiedene Kandidaten für diese Position aus. Zuletzt wieder Shako Onangolo (22), der nicht fit wirkt. Ronny Marcos ist links konkurrenzlos. Zum Vergleich: Vergangene Saison standen dort als Backups Davud Tuma und Paul Milde zur Verfügung.

Mittelfeld: In Tunay Deniz (zum Drittligisten Hallescher FC) und Denis Huseinbasic (zum Bundesligisten 1. FC Köln) verließen zwei prägende Figuren den OFC. In Björn Jopek, Semir Saric und Christian Derflinger kamen zweifellos Spieler mit Qualität und hohen Ansprüchen hinzu. Allerdings hat sich die Statik des Mittelfeldes komplett verändert. Jopek soll einziger Sechser spielen, Saric sucht seinen Platz im Team. Nach vorne sind Rafael Garcia und Derflinger als Kreativkräfte gefragt. Es fehlt eine weitere Absicherung. Als Alternativen stehen die Talente Julian Albrecht und Almin Mesanovic zur Verfügung, dazu Jost Mairose, der nach seinem Wechsel von Schott Mainz die Unterschiede zwischen einem Absteiger und einem Aufstiegsanwärter zu spüren bekommt. Zum Vergleich: Vergangene Saison konnte Trainer Sreto Ristic in Okungbowa, Serkan Firat, Florent Bojaj, Elsamed Ramaj auf arrivierte Alternativen im Mittelfeld zurückgreifen.

Angriff: Die nominell am besten besetzte Kaderposition. Allerdings fehlt in Dejan Bozic (Schambeinentzündung) der beste Torschütze (12 Treffer) der vergangenen Spielzeit. Philipp Hosiner wird weiterhin den hohen Erwartungen zu selten gerecht. Törles Knöll fehlt nach einigen vorzeitigen Auswechslungen das Selbstvertrauen. Bleiben die Youngster Jakob Lemmer und Lucas Hermes (beide 22), die naturgemäß auch nicht frei von Leistungsschwankungen sind. Auch hier der kurze Verweis zur vergangenen Saison: Da standen neben Bozic und Hermes die Routiniers Elia Soriano (fiel dann mit Kreuzbandriss aus) und Matthias Fetsch (wechselte zur SpVgg Unterhaching) zur Verfügung.

Fazit: Der Kader des OFC ist nicht schlecht, weist aber Unwuchten auf - und ist ab Position 15 deutlich unerfahrener als vergangene Saison. JÖRG MOLL

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