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Lebensphilosophie oder Sucht?

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Gut gelaunt bei der Präsentation des Films: Regisseur Andreas Hett (links) und Winfried Schmidt. FOTO JF © Gerhard Strohmann

Oberursel (jf). Mehr als 100 Besucher haben die Film-Premiere von »Altes Eisen« in der Oberurseler Ketteler-La Roche-Schule miterlebt und es gab keinen darunter, der von der 82-minütigen Dokumentation über die zwei inzwischen in die Jahre gekommenen Triathleten Winfried Schmidt und Karl-Heinz Nottrodt nicht zutiefst beeindruckt gewesen war. Der Verein »Kunstgriff« hatte zu diesem Ereignis eingeladen und die Zuschauer waren zumeist Wegbegleiter, Vereinskollegen oder Freunde der beiden Protagonisten, die Andreas Hett über mehrere Jahre lang weltweit in viele Länder begleitet und Teile ihrer außergewöhnlich beeindruckenden sportlichen Karrieren in Bild und Ton aufgezeichnet hat.

Sozial-Therapeut Hett (57), selbst aktiver Ausdauersportler und Triathlet, ist bei seinen Recherchen der Frage nachgegangen: »Ist es eine Lebensphilosophie, ein Muss, eine Sucht?«, die auch Menschen im hohen Alter zu regelmäßigem Sport und internationalen Wettkämpfen antreibt.

Kompetente Antworten bekam Hett zu dieser Thematik auch vom Orthopäden Dr. Patrick Heinzelmann, der den Film bei medizinischen Fragen begleitet hat und nach der Film-Premiere in Oberursel Gesprächspartner bei einer Fragerunde gewesen ist. »Ab 40 verringert sich die Muskelmasse und daran kann man nichts ändern, sondern die Geschwindigkeit des Abbaus durch regelmäßigen Sport höchstens verringern«, so die ernüchternde Aussage des Unfall-Chirurgen.

Ein Musterbeispiel für Sporttreiben bis ins Rentenalter ist Diplom-Meteorologe Karl-Heinz Nottrodt (Jahrgang 1952). Er ist 15-mal beim weltberühmten Triathlon auf Hawaii (3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren, 42,195 Kilometer Laufen) an den Start gegangen, war dreimal Weltmeister in den jeweiligen Altersklassen und hat seine Trainingsleistungen seit 2001 penibel dokumentiert: 12 000 Kilometer Schwimmen, 171 000 Kilometer Radfahren und 19 000 Kilometer Laufen.

Selbst eine Hüft-Operation 2018 in Heidelberg hat den seit einigen Jahren in Viersen-Dülken lebenden gebürtigen Frankfurter nicht davon abgehalten, 2019 beim »Grand Final« in Lausanne und 2021 bei den Triathlon-Meisterschaften im Almere-Amsterdam in seiner Altersklasse 65 bis 69 Jahre als Bronzemedaillengewinner auf dem Siegerpodest zu stehen. Dies war die Krönung nach 20 Jahren als Schwimmer und weiteren 40 Jahren als Triathlet für den SC Oberursel.

Der inzwischen 81-jährige Winfried Schmidt erinnerte sich noch sehr genau an den ersten Triathlon, der in Oberursel stattgefunden hat. Er selbst war als ehemaliger Turner und Tennisspieler erst zu Beginn der 1980er Jahre durch einen Zeitungsartikel auf diesen sportlichen Dreikampf aufmerksam geworden. 1986 war er dann an der Ausrichtung des ersten Triathlons in der Brunnenstadt aktiv beteiligt und der Startschuss zu insgesamt 50 (!) »Ironman«-Wettkämpfen, bei denen die Gegner in seinen Altersklassen von Jahr zu Jahr weniger geworden sind.

Sehr engagiert

»Winni« Schmidt hat sich darüber hinaus auch in vielen Bereichen ehrenamtlich engagiert: Beispielsweise als SPD-Mitglied im Magistrat der Stadt Oberursel, als Beirats-Vorsitzender von Bommersheim oder als Vorsitzender des Turnvereins Bommersheim (1992 bis 2010), der ihn anschließend zum Ehrenvorsitzenden ernannt hat. Für diesen Einsatz hat er neben vielen anderen Auszeichnungen 2017 die Oberurseler Plakette erhalten.

»Im Rückblick hätte ich meiner Familie mehr Zeit widmen sollen«, gestand Schmidt bei einem der vielen Interviews, die den Film »Altes Eisen« sehr authentisch gemacht haben.

Seine persönliche Geschichte als erfolgreicher Triathlet ist inzwischen beendet. Nach einer Blut-Erkrankung hat er bereits zwei Chemo-Therapien erhalten und ist froh, dass er morgens wenigstens noch zwei bis drei Kilometer durch die nahe Umgebung seines Wohnhauses laufen kann. Getreu seinem Motto: »Sport gehört zum Leben wie Essen und Trinken!«

Dass es anlässlich des Oberurseler Film-Abends nicht zu einem Wiedersehen der drei Taunus-Triathlon-Legenden Schmidt, Nottrodt und Hett gekommen ist, verhinderte eine Familienfeier, bei der Kalli Nottrodt in Schleswig-Holstein anwesend sein musste und deshalb in der Ketteler-La Roche-Schule am Altenhöfer Weg nicht vor Ort sein konnte.

Vor »Altes Eisen« hatte Andreas Hett einen Kurzfilm über einen Familien-Triahlon in Südschweden gezeigt, bei dem auch die Teilnahme auf einem Damenfahrrad mit Gepäckträger nichts Ungewöhnliches war.

Begonnen hatte Hett seine Karriere als Filmemacher vor fünf Jahren mit der Dokumentation »Wir spielen damit wir nichts vergessen«, mit der er den Deutschen-Generationen-Filmpreis in Mainz gewonnen hat und dadurch eine zusätzliche Motivation für seine weiteren Projekte erhielt.

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