Mehr als ein Vier-Punkte-Sieg

Hauptsache gewonnen! Über das ›Wie‹ muss man nicht philosophieren. Die HSG Wetzlar hat mit dem 29:24-Heimerfolg den ASV Hamm Westfalen zum Abstieg verurteilt und selbst einen großen Schritt Richtung Klassenerhalt gemacht. Das war mehr als ein Vier-Punkte-Sieg.
Aufatmen bei Handball-Bundesligist HSG Wetzlar. Im Kellerduell gegen den ASV Hamm-Westfalen setzte sich die Mannschaft von Trainer Jasmin Camdzic mit 29:24 (13:7) durch. Damit halten sich die Grün-Weißen im Abstiegskampf GWD Minden mit nunmehr fünf Punkten vom Hals, das zeitgleich hoch gegen die SG Flensburg/Handewitt verlor. »Wir haben einige Wochen mit viel Druck und vielen Problemen hinter uns«, erklärte Camdzic erleichtert. »Ich bin unheimlich stolz auf die Mannschaft. Es war wichtig, dass wir die englische Woche erfolgreich abgeschlossen haben.«
Das Trainerteam Camdzic/Filip Mirkulovski entschied sich für die Anfangsformation der letzten Spiele u. a. mit Anadin Suljakovic im Tor und Lukas Becher auf Linksaußen. Am Kreis erhielt Adam Nyfjäll den Vorzug.
Hamms Coach Michael Lerscht setzte einen groß gewachsenen und wuchtigen Mittelblock dagegen. Hier räumten Mait Patrail und Stefan Bauer ab, der gleich beim ersten Treffer von Fredriksen seine erste Zeitstrafe kassierte. Zudem ging seine Abwehr punktuell immer wieder auf einzelne HSG-Spieler raus, versuchte die Passwege zuzumachen und den Spielfluss zu stören.
In der Abwehr wechselte Fredriksen mit Hendrik Wagner, der trotz einer Blessur am Knie schon seit einigen Partien die Zähne zusammenbeißt. Von Wetzlarer Angespanntheit war zur Freude der über 3300 Zuschauer nichts zu spüren. Zwar konnte ASV-Keeper in der ersten Halbzeit fünf Bälle entschärfen, was an diesem Abend aber nicht am Selbstbewusstsein der Gastgeber kratzte.
Lenny Rubin konnte mehrmals mit Ball drei Schritte Anlauf nehmen und die Kugel aufs Tor werfen, ohne angegriffen zu werden. Lukas Becher sorgte schnell für die 4:1-Führung (4.), was der HSG zusätzlich Sicherheit verlieh. Hamm glich zwar zum 4:4 (8.) aus, aber Wetzlar hatte Suljakovic im Kasten, der allein in der ersten Hälfte mit acht Paraden (53-Prozent-Quote) seinen Vorderleuten den Rücken frei hielt.
Der ASV leistete sich in Summe zu viele technische Fehler, produzierte Fehlpässe oder bekam das wüste Anrennen mit Stürmerfouls bestraft. Es war eine Partie, in der die Abwehrreihen den Ton angaben, ohne dabei jedoch zu unfair zu agieren.
Bei der HSG war sicherlich nicht alles Gold was glänzte, aber die Mannschaft präsentierte sich deutlich sicherer und abgeklärter als Sonntag in Hamburg. Zwei Minuten vor Ende der ersten Halbzeit bedankte sich das Publikum bereits mit stehendem Ovationen für das Pausen-13:7. Die Mannschaft nahm die Zuschauer mit und verbreitete mit dieser Symbiose eine positive Energie in der Halle.
Im zweiten Durchgang verteidigte Wetzlar weiter sehr engagiert und mit viel Laufarbeit. Dazu kamen ein gutes Rückzugsverhalten und eine deutlich verbesserte Chancenverwertung. »Wir haben Hamm zu technischen Fehlern gezwungen und sind gut in die Zweikämpfe gekommen«, lobte Camdzic sein Team.
Doch auch Hamm blieb cool, spielte seinen Stiefel runter und verkürzte durch Bauer auf 14:17 (40.). Wo in dieser Saison dann oftmals das Wetzlarer Händchen zitterte, blieb die HSG in ihrem Rhythmus. Mit viel Willen und dem nötigen Glück legte Wetzlar per Gegenstoß von Lukas Becher auf 22:16 (47.) vor. Hamm ließ sich nie wirklich abschütteln. Die HSG musste bis zum Schlusspfiff aufmerksam sein.
»Unsere Jungs haben heute eine maximal emotionale Leistung auf das Feld gebracht. Davor kann man nur den Hut ziehen«, meinte Gästecoach Lerscht.
Für den emotionalen Höhepunkt auf Wetzlarer Seite sorgte Torhüter Till Klimpke, der in der 55. Minute beim Stande von 25:21 einen Siebenmeter von Fabian Huesmann hielt. Fredriksen setzte mit zwei Durchbrüchen und den Treffern 26 und 27 noch einen drauf. Die letzten vier Minuten gehörten ganz der HSG und ihrem Publikum, das die Mannschaft stehend zum Schlusspfiff begleitete. Den danach fälligen Siebenmeter versenkte Tim Rüdiger zum umjubelten 29:24 und damit einem Sieg, der mehr als vier Punkte wert war..
»Es ist immer schwierig mit drei Spielen in einer Woche«, sagte Adam Nyfjäll. »Da hat man nur sehr wenig Zeit zur Vorbereitung. Wir haben ganz viel über Emotionen gesprochen und wie man Spiele einfach nur mit Abwehr gewinnen kann. Darauf haben wir uns fokussiert und man hat gesehen, dass wir eine gute Abwehrleistung hatten. Ich bin einfach zufrieden mit vier Punkten in einer Woche. Das haben wir lange nicht geschafft.«
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HSG Wetzlar: Till Klimpke, Suljakovic; Nyfjäll (1), Schmidt, Ole Klimpke (1), Becher (6/4), Weissgerber (3), Schelker, Fredriksen (5), Pliuto, Wagner (1), Rüdiger (1/1), Mellegard, Rubin (4), Cavor (7).