Mehr Rossmanns finden

Offenbach . Joachim Wagner und seine Mitstreiter haben eine extrem nerven- sowie kraftzehrende Phase hinter sich. »Die vergangenen drei, vier Wochen waren die Hölle«, sagt der Präsident der Offenbacher Kickers und meint damit nicht nur die sportliche Talfahrt der ersten Mannschaft in der Fußball-Regionalliga Südwest. Wagner und Co. haben die Profi GmbH infolge der völlig verkorksten Saison nämlich komplett umgekrempelt.
Es ist von »neuen Strukturen« die Rede. Unter anderem wurde ein Trio verpflichtet, das dem Kickers-Boss zufolge »sportliche und wirtschaftliche Expertise auf höchstem Niveau und absolute Verbundenheit mit dem OFC« vereint.
Der Aufwand, der notwendig war, »um dieses Ergebnis zu präsentieren«, sei »grenzwertig« gewesen, betont der ehrenamtliche Vereinsvorsitzende. Die Tätigkeit für den OFC ist für die Mitglieder aller Gremien »ein Job neben dem Job«, stellt Wagner klar und ergänzt: »Ich weiß nicht, wie oft dieser Kraftakt wiederholbar ist.«
Damit so schnell kein weiterer Kraftakt nötig sein wird, haben die Verantwortlichen versucht, Lehren aus der jüngeren Vergangenheit zu ziehen - und sind zum Entschluss gekommen, dass ein neues Konzept nötig sei. Es sieht »die Etablierung einer robusten und tragfähigen Organisationsstruktur und stärkere Anbindung der Leistungsmannschaften des Leistungszentrums (LZ) an die Profimannschaft« vor. Infolge dessen werden die Aufgaben, die bisher der zum 31. Mai scheidende Geschäftsführer Matthias Georg inne hatte, auf zwei Personen verteilt. Wie bereits berichtet, wird Sebastian Möller (aktuell Manager der SG Barockstadt Fulda-Lehnerz) den Bereich Organisation und Finanzen übernehmen und Christian Hock (aktuell Teamkoordinator beim 1. FC Magdeburg) sich um das Sportliche kümmern.
Diese Trennung sei »genau der richtige Weg, um zukünftig wieder für mehr Kontinuität auf dem Bieberer Berg zu sorgen. Wir werden uns in der neuen Spielzeit zerreißen und den OFC als Ganzes wieder nach vorne bringen«, sagt der langjährige Kickers-Fan Möller, der seine neue Aufgabe am 1. Juli beginnen wird. Schon nächste Woche starten wird Hock, der von 2003 bis 2005 für den OFC spielte und daher weiß, »welch hohen Stellenwert und was für eine Wucht der Verein in der Region hat«. Dritter Zugang auf der Geschäftsstelle ist - wie ebenfalls bereits von uns vermeldet - Dominic Stumpf, dessen Vater Reinhard einst für die Kickers spielte. Der gebürtige Offenbacher (36) wird Leiter Marketing und Vertrieb, bringt aber auch Erfahrung aus dem Bereich Profifußball mit, unter anderem aus seiner Zeit als Teil der sportlichen Führung beim Drittligisten FSV Zwickau. Dieses Trio stehe für »Qualität plus OFC-Gen«.
Nun soll »zeitnah, aber mit der nötigen Sorgfalt« (Wagner) geklärt werden, wer die Mannschaft kommende Saison coacht. Hock wird sich hierzu mit Interimscoach Alfred Kaminski, der auch Berater des Präsidium ist, abstimmen. Dass der 59-Jährige das Amt über das Rundenende hinaus ausüben wird, gilt als ausgeschlossen. Zudem muss ein neuer Torwarttrainer gefunden werden - und eventuell ein neuer Assistenzcoach.
Parallel gilt es, den künftigen Kader zusammenzustellen. 17 Akteure stehen noch unter Vertrag - plus Rückkehrer Sascha Korb (VfR Aalen). Wagner deutete an, dass nicht zwangsläufig alle bleiben werden: »Auf Alfred Kaminski und Christian Hock kommt viel Arbeit zu, sie werden alle Spieler durchgehen.« Und sie werden abstimmen, welche Rolle Kaminski spielen wird. Denkbar ist eine ähnliche Tätigkeit wie die, die Hock in Magdeburg inne hatte: Schnittstelle zwischen U-Teams und den Profis. Wagner hat klare Vorstellungen davon, wie der OFC künftig auftreten soll: »Mehr Herzblut, mehr Leidenschaft, mehr Mentalität, mehr Emotionalität - das ist mir lieber als der tollste Edeltechniker.« Verteidiger Maximilian Rossmann sei diesbezüglich »eine Blaupause«, weil er alle diese Attribute vereine. Hock muss also mehr Rossmanns finden.
Der Etat für die kommende Spielzeit sei freigegeben. Zur Größenordnung machte Wagner keine Angaben. Freilich seien einige Einnahmen (Dauerkarten, Sponsoring) nicht vorhersehbar. Man habe jedoch versucht, so seriös wie möglich zu planen. »Wir werden auf jeden Fall etwas Vernünftiges auf dem Platz haben«, versprach Wagner. »Im Moment ist der Verein in einer Schockstarre, was ich auch verstehe.« Aber das soll sich bald ändern. CHRISTIAN DÜNCHER