Paralympics-Finalist schlägt erstmals für SGA auf

Tischtennis-Hessenligist SG Anspach tritt am Sonntag erstmals mit Paralympics-Silbermedaillen-Gewinner Thomas Schmidberger an. Er übernimmt eine Rolle in einem Doppel.
Neu-Anspach (jf). Zum ersten Auswärtsspiel der Saison 2022/23 in der Tischtennis-Hessenliga Südwest tritt die 1. Herrenmannschaft der SG Anspach am morgigen Sonntag um 11 Uhr beim TTC Elz II in der Besetzung Lion Bauer, Martin Menzel, Benjamin Schulte-Mattler, Finn Baebenroth, David Knopf und Thomas Schmidberger an.
Das Besondere an dieser Aufstellung ist die Personalie Thomas Schmidberger, denn dieser gibt nach seinem spektakulären Wechsel vom deutschen Rekordmeister Borussia Düsseldorf in die Kleeblattstadt sein Debüt im Trikot der SGA!
Das Außergewöhnliche an diesem 30-jährigen Mann ist die Tatsache, dass er 2013 zu Deutschlands Behindertensportler des Jahres gewählt worden ist. Und in fünf Wochen geht Schmidberger bei den Para-Weltmeisterschaften 2022 im spanischen Granada an den Start - wobei er im Einzel und Doppel an Nummer eins gesetzt ist.
Dass der Silbermedaillen-Gewinner bei den Paralympischen Spielen von Tokio zur SG Anspach gewechselt ist, hat im Wesentlichen mit Lion Bauer zu tun. Die Nummer eins im Hessenliga-Team der SGA ist nämlich seit etwas mehr als einem Jahr hauptberuflicher Co-Trainer der deutschen Nationalmannschaft und beim Deutschen Behindertensportverband als »Projektkoordinator Rahmentrainingskonzeption Para Tischtennis« angestellt.
Dadurch besteht bereits seit etlichen Jahren enger Kontakt zwischen Bauer und Schmidberger, der am 23. Oktober 1991 im bayerischen Zwiesel geboren wurde.
20 bis 26 Stunden Training pro Woche
»In Elz werde ich am Sonntag zusammen mit Lion das Doppel bestreiten«, freut sich der Rollstuhlfahrer bereits sehr auf sein Debüt bei den Anspachern, die er nicht nur wegen Lion Bauer, sondern auch wegen Florian Jünger bereits ins Herz geschlossen hat. Mit zwei bis drei Wochen Vorlauf kann der Rechtshänder bei seinem eng getakteten Terminplan den Hobbysportlern aus dem Taunus einen Einsatz zusagen.
Schmidberger: »Für die Rückrunde ist das allerdings überhaupt noch nicht möglich«, denn neben 20 bis 26 Stunden Training in der Woche (»An manchen Tagen verlasse ich morgens um 8.30 Uhr unsere Wohnung und kehre gegen erst 21 Uhr zurück«) stehen für den Tischtennis-Profi auch noch Arbeiten im Kraftraum und beim Psychologen auf dem Programm.
Nach dem Abitur im Jahr 2011 hat Thomas Schmidberger in Bayreuth Sport und Ökonomie studiert, lebt inzwischen mit Hund und Freundin in Düsseldorf - und isst für sein Leben gerne Spaghetti mit Bolognese. Mit viereinhalb Jahren ist Schmidberger beim Heimweg vom Kindergarten von einem Auto erfasst worden - und sitzt seitdem im Rollstuhl. Dank der Aktion seiner Versicherung, die diesen »Fall« damals bearbeitet hat, kam ein Besuch beim FC Bayern München im Trainingszentrum an der Säbener Straße zustande. »Seitdem bin ich ein großer Fan von Oliver Kahn«, war die persönliche Begegnung mit dem damaligen Weltklasse-Keeper und heutigen Vorstandsvorsitzenden des FCB von prägender Bedeutung. »Kahns Gradlinigkeit als Typ hat mir damals wie heute imponiert« erinnert er sich gerne an jenen Tag, an dem er auch Trainer Ottmar Hitzfeld, Kapitän Stefan Effenberg und die übrigen Stars der Bayern näher kennenlernen durfte.
Obwohl er nun schon lange in Düsseldorf wohnt, wo er sich zusammen mit zwölf weiteren Mitgliedern der deutschen Nationalmannschaft am Bundesstützpunkt Para Tischtennis auch auf die WM in Granada vorbereitet, schlägt sein Herz nicht für die DEG, sondern für den Eishockey-Bundesligisten Straubing Tigers. Am vergangenen Wochenende hat sein drei Jahre jüngerer Bruder geheiratet und den Heimat-Urlaub nutzte Thomas Schmidberger, um sich »seine« Tigers im Heimspiel gegen Tabellenführer Fischtown Pinguins live im Stadion anzusehen.
Zum Tischtennis ist der gebürtige Bayer übrigens eher durch Zufall gekommen. »Beim Übergang von der Grundschule zum Gymnasium stand in der Aula eine Tischtennis-Platte. Das war dann ab dem zehnten Lebensjahr mein Ding, nachdem mich meine Eltern in Sachen Sport im Rollstuhl vorher alles Mögliche hatten ausprobieren lassen.«