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Riccardo Mathes will hoch hinaus

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Riccardo Mathes, hier im Neu-Anspacher »Tower«, ist mit 17 Jahren schon begeistert vom Segelfliegen und freut sich auf seine ersten, kommenden Wettkämpfe. © Red

Neu-Anspach . Auf dem Flugplatz in Neu-Anspach findet der 17-jährige Riccardo Mathes aus Schmitten zu seinem ganz besonderen Hobby. »Wir sind ein ziemlich großer und extrem leistungsstarker Verein«, betont Nils Deimel, als erfahrener Segelflugpilot im Luftsportclub Bad Homburg (LSC). »Wir haben einen Kern von wirklich sehr starken Wettbewerbs- und Leistungspiloten«, so Deimel.

»Damit sind wir hier einer der Topvereine in Deutschland was Wettbewerbe, aber auch was Ausbildung angeht.« Gerade deshalb fühlt sich Riccardo Mathes als junger Pilot in dem Verein mit gut 200 Mitgliedern so gut aufgehoben, wie er in einem Interview veranschaulicht, indem er seine ganz persönliche Geschichte teilt.

Wie bist Du zum Fliegen gekommen?

Ich war 2018 auf dem Flugfest, das alle zwei Jahre veranstaltet wird - das hat mir dann sehr gut gefallen. Dort gab es einen Stand ›Ausbildung‹ und da hab ich mich mit meinem Vater informiert, wie das da so abläuft und ob das was für uns wäre. Anschließend war mir dann eigentlich schon klar, dass ich, sobald ich 14 Jahre alt bin, dann auch das Hobby anfangen möchte. Und natürlich: Ich wohne direkt in der Nähe in Schmitten. Ich bin dann im Januar 2020 beigetreten, also kurz bevor Corona anfing und erstmal nichts ging. Ich habe tatsächlich einen Tag Vereinsleben mitbekommen und dann war Corona.

Wie lange dauert so eine Grundausbildung beim Segelfliegen?

Also, das ist bei jedem eigentlich unterschiedlich. Man sollte vor allem am Anfang versuchen, jedes Wochenende mindestens einen Tag da zu sein, sodass man möglichst schnell Fortschritte und zügig seinen Alleinflug macht. Ich war jedes Wochenende da und so war ich dann auch relativ schnell fertig mit allem. Bis zu meinem ersten Alleinflug habe ich fast drei Monate gebraucht und knapp unter 50 Starts. Bis ich dann meinen Schein gemacht habe, waren es ziemlich genau zwei Jahre. Also wenn man dran bleibt, aktiv ist und die Theorie vor allem schnell macht, ist es durchaus möglich, auch in einem Verein, der eben nichtkommerziell arbeitet, das in zwei Jahren gut zu machen.

Spielte gerade vor dem ersten Flug auch Angst eine Rolle für Dich?

Ja, also vor dem ersten Flug war eine gesunde Anspannung da - es war halt auch etwas Neues. Ein Jahr vorher waren wir mal da, um einen Schnupperflug zu machen, daher kannte ich das schon. Aber natürlich war die Aufregung da und ein Windenstart ist natürlich immer ein spannendes Unterfangen. Dann auch das erste Mal ein Flugzeug alleine zu steuern - beim ersten Flug macht man ja noch nichts Großartiges - und mal zu fühlen, wie das so ungefähr abläuft, war schon toll. Und sobald man eigentlich in der Luft ist, ist die Aufregung oder die Angst auch vorbei. Dann ist das vollkommen weg, weil man die Aussicht und die ganzen Eindrücke hat und das einfach toll ist.

Fliegst Du auch schon bei Wettbewerben mit?

Ich habe dieses Jahr geplant, an einem kleinen Wettbewerb in Wetzlar teilzunehmen. Die veranstalten einen Freundschaftswettbewerb auch mit vielen sehr guten Piloten. Das ist dann die Wetzlarer Woche. Dort werden Aufgaben gestellt, die man wirklich schnell umrunden muss, also nach dem Grand-Prix-Prinzip, wie man es auch aus der Formel 1 kennt. Und da werde ich mich dann das erste Mal mit anderen messen. Für mich geht es jetzt erst mal darum zu gucken, wo ich stehe, um dann die Flugfertigkeiten ausbauen zu können. Bei Wettbewerben sieht man gut, was noch Schwierigkeiten sind und wo man sich verbessern kann. Das kann man nach dem Wettbewerb angehen und versuchen, auszumerzen. Man wird aber auch vom Verein bei Wettbewerben unterstützt. Gerd Spiegelberg aus unserem Verein kommt zum Beispiel auch mit nach Wetzlar, um die Leute, die vom LSC da sind, zu unterstützen. Das wird auf jeden Fall super - da freue ich mich schon drauf.

Was sind weitere Ziele in der Zukunft für Dich?

Ich möchte nächstes Jahr eine Junioren-Qualifikation mitfliegen. Mal gucken, wie es dann aussieht. Wenn die Platzierung da stimmt, würde ich dann auf jeden Fall auch gerne mal an einer Junioren-Meisterschaft teilnehmen. Aber natürlich muss man erst mal so hoch kommen - das ist nicht einfach.

Welcher Flug ist dir ganz besonders in Erinnerung geblieben?

Mein tollster Flug, der mir auch am meisten Spaß gemacht hat - tatsächlich auch mein längster Flug - war im Juli, am Anfang der Sommerferien. Ich bin im Teamflug mit einem jungen Piloten geflogen. Dabei fliegt jeder in seinem Flugzeug, relativ nah beieinander, sodass man sich über Funk absprechen kann, um zusammen eine Strecke zu absolvieren. Wir sind fast 500 Kilometer geflogen. Man umfliegt dann den Frankfurter Luftraum, der für uns ja größtenteils gesperrt ist, weil dort der Verkehrsflughafen ist. Da muss man relativ weit außen rum fliegen. Und das macht es spannend. Man ist im Süden nicht so weit weg vom Flugplatz - 60 Kilometer ungefähr - aber man würde eben nicht direkt zu unserem Flugplatz hindurchkommen, weil man über Frankfurt fliegen müsste und das dürfen wir nicht.

Gab es auch mal einen Flug, der nicht so gelaufen ist wie geplant?

Bisher war immer alles gut. Das schlechteste Erlebnis das ich hatte war meine bisher einzige Außenlandung. Das war dann wegen Regens. Ich wollte schon zum Platz zurück, da gab es eine kleine Regenfront und ich musste bei Butzbach ungefähr außenlanden. Das war eigentlich so das Schlechteste, was mir passiert ist, aber es gehört eben auch zum Segelfliegen dazu. Ohne Motor, wenn da kein Flugplatz in der Nähe ist, dann bleibt einem nichts anderes übrig. Aber die Flugzeuge sind ja auch dafür ausgelegt und wenn man einen guten Acker erwischt hat und sich an alle Spielregeln hält, ist das eigentlich auch kein Problem und es passiert nichts.

Wie sieht das generelle Angebot für Jugendliche im Verein aus?

Wir haben aktiv ungefähr so 25 bis 30 Jugendliche, die auch regelmäßig da sind. Wir machen auch einiges außerhalb vom Flugplatz neben dem Fliegen. Es gibt regelmäßig Jugendevents oder wir sind auch mal zum Lasertag, in einen Escaperoom oder zum Bowlen gefahren. Das ist immer ganz cool. Und auch auf dem Flugplatz ist es eine eingeschworene Gemeinschaft. Zu jedem Flugtag ist eigentlich eine große Handvoll Jugendliche da, die den Flugbetrieb am Laufen halten und man hat eine coole Zeit zusammen. Gerd Spiegelberg hat für den Verein auch mal ein zweiwöchiges Streckenfluglager in Brandenburg organisiert.

Da waren viele Streckenflugneulinge dabei und da bin ich auch meine ersten größeren Strecken geflogen. Das waren super Bedingungen, um sich am Anfang extrem weiterzuentwickeln. Mich hat das um Monate weiter nach vorne gebracht. Und in den Sommerferien veranstaltet der Verein auch immer ein Ferienlager - zwei Wochen lang - wo man am Flugplatz campt. Da ist immer der ganze Flugplatz voll mit Leuten und das macht es zu einem der Highlights im ganzen Jahr.

Kann man sich so ein Hobby auch als Jugendlicher leisten?

Man zahlt natürlich am Anfang eine Eintrittsgebühr und der Windenstart kostet 6 Euro und jede weitere Flugminute mit unseren Schulungsmaschinen kostet 6 Cent die Minute. Also ist man für einen normalen Schulungsflug bei sechs bis sieben 7 Euro. Wenn man eine Stunde unterwegs ist, ist man mit den Schulungsfliegern gerade einmal bei 10 Euro. So kann man dann super kostengünstig fliegen und das Segelfliegen erlernen. Und später wird’s dann auch nicht viel teurer.

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