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SG Wehrheim/Obernhain steigt mit »5:1 verschoben« auf

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Von: Dirk Ortmann

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Gut gelaunt beim UA-Interview: Trainer Sebastian Wagner (links, SG Wehrheim/Obernhain) und UA-Sportredakteur Dirk Ortmann. © Gerhard Strohmann

Die Handballer der SG Wehrheim/Obernhain haben sich nicht nur vorzeitig den Aufstieg in die Bezirksoberliga Wiesbaden/Frankfurt gesichert, sondern sind auch Meister der Bezirksliga A geworden.

Die alte Sport-Weisheit »Angriff beschert Siege, Abwehr Meisterschaften« hat sich im Fall der Mannen aus dem Apfeldorf vollauf bewahrheitet. Denn das Team stellt die Defensive it den wenigsten Gegentoren. hat aber auch zudem vor dem letzten Spieltag an diesem Wochenende, an dem der Meister spielfrei ist, den zweitbesten Angriffswert aufzuweisen.

Seit sechs Jahren führt das Trainergespann Sebastian Wagner/Marcel Heid Regie bei den Männern der SG Wehrheim/Obernhain. Der 37-jährige Sebastian Wagner, von Beruf strategischer Einkäufer, war damals zusammen mit Heid von der TSG Oberursel aus in seine alte sportliche Heimat zurückgekehrt, wo er in jüngeren Jahren in der Landesliga spielte. Seitdem ging es von der Bezirksliga B in die Bezirksliga A und nun als weitere Krönung in die Bezirksoberliga. »Das sind die Früchte einer überragenden Jugendarbeit, die bei der SG vor allem dank Holger Brandt und Christian Wagner aufgebaut wurde. Man nahm damals in Kauf, in die B-Liga abzusteigen, um dann die Jugend einzubauen. Zahlreiche Zugänge der ersten Mannschaft stammen aus dem eigenen Nachwuchs«, erläutert Sebastian Wagner, der nun »einen breit aufgestellten Kader« zur Verfügung hat, den er als einen Trumpf dieser Saison beschreibt. »Holger Brandt ist ein Beispiel dafür, was man mit Spaß und Engagement erreichen kann. Ohne ihn und seine Devise ,Jugend´ vor wäre dieser Weg nicht möglich gewesen«, lobt der Trainer den Vorsitzenden in den höchsten Tönen.

Um such mit dem aktuellen Aufstieg in neue Höhen empor zu schwingen, bedurfte es auch einer »Delle« in der Entwicklung. »Nach der missglückten Aufstiegsrunde in der Saison 2021/22 (Anm. d. Red.: Platz vier für die SG W/O) stürzten alle erst einmal in ein Motivationsloch«, beschreibt Wagner die Lage vor der aktuellen Spielzeit. »Vor der jetzigen Spielzeit hätte ich einen Aufstieg in das Land der Fabeln verwiesen«, so Wagner. »Es waren in der Vorbereitung immer nur acht, neun Spieler gleichzeitig im Training.« Was quantitativ fehlte, sei jedoch mit hoher Qualität wettgemacht worden. Letztlich musste im Saisonverlauf aber ein Warnschuss her. »Am vierten Spieltag haben wir beim TuS Dotzheim II deutlich mit 23:33 verloren. Das war rückblickend ein Dämpfer zur richtigen Zeit. Alle, ob Spieler oder Trainer, haben sich hinterfragt. Anschließend gab es eine Explosion, die in einer überragenden Serie mündete«, sagt Wagner. Es folgten 15 Spiele ohne Punktverlust, ehe beim 35:35 im März bei einer verstärkten TSG Münster III ein Zähler abgegeben werden musste. Ganz wichtig war der 28:27-Erfolg im November 2022 beim härtesten Rivalen TV Petterweil II, der letztlich als Zweiter ebenfalls aufsteigt.

»Ein ganz wichtiger Punkt unserer Entwicklung ist unsere verschobene 5:1-Deckung mit Schwerpunkt auf dem Halb-Angreifer. Zunächst herrschte im Team Skepsis, aber als wir in Petterweil zur Pause sechs Tore zurücklagen, dann auf diese Abwehrvariante umstellten und mit einem Tor gewannen, da herrschte Euphorie pur«, kribbelt es den SG-Coach bei der Erinnerung daran heute noch im ganzen Körper. Diese verschobene 5:1 ist »aus der Not geboren‹«, so Wagner. »Wir haben sie im Trainingslager geübt, aber ich hätte nicht gedacht, dass sie über 60 Minuten möglich ist. Doch wir haben das in 90 Prozent der Spiele durchgezogen und viele Gegner damit verunsichert.«

In der laut Wagner »sehr starken A-Liga mit vielen sich immer wieder aus höheren Teams verstärkenden zweiten und dritten Mannschaften« hielt Wehrheim/Obernhain so das Tempo hoch und trotzt einer schier unglaublichen Verletzungsmisere. »Letztlich haben wir 22 Spieler plus Marcel Heid und einmal mich eingesetzt. Aber es fiel fast ein ganzes Team im Lauf der Runde langfristig aus. Mit Timo Terkowsky , der eine überragende Saison spielte, auch einer, den ich aus dem Kollektiv noch hervorstechen sehe. Dazu kommen die Rückraumspieler Tim David, Felix Schmidt, Brian Neubauer, Henry Köpler, Malte Streim, Leonard Pohl und auch bei seinem ersten Spiel für uns Linkshänder Christian Wick«, zählt Sebastian Wagner auf. »Diese Ausfälle erforderten immens viel Improvisation, es war alles andere als eine einfache Saison.«

Daher umso besser, dass es neben der Defensive weitere große Konstanten im Spiel der SG Wehrheim/Obernhain gab. »Timo Terkowsky war bis zu seiner Verletzung ein Unterschiedsspieler. Rechtsaußen Jan Ernst, wohlgemerkt ein Rechtshänder auf dieser Position, hat eine unfassbare Entwicklung genommen. Und Marco Verhoeven war das Abwehrmonster schlechthin. Generell zählt unsere starke Angriffsleistung ebenso zu den Saison-Konstanten wie das sehr gute Zusammenspiel zwischen den Torhütern und der Abwehr«, analysiert Wagner, der sich auch darüber freut, dass es im Saisonverlauf zusehends gelungen sei, die Zuschauer mitzunehmen.

Jetzt geht der Blick voraus in Richtung Saison 2023/24 in der Bezirksoberliga. Dabei sind weder bei den Trainern noch im Team Abgänge zu verzeichnen. Mit dem ein oder anderen möglichen Neuzugang sei man in Gesprächen. »Du brauchst einfach einen großen Kader, wie die Saison 22/23 gezeigt hat. 18 bis 20 sollten es schon sein«, so Wagner, der weiß, dass er und seine Mittrainer dies gut moderieren müssen. Aber letztlich stelle sich das Team durch Leistung auf. »Ich rechne fest damit, dass viele Spieler mit den kommenden Herausforderungen wachsen werden. Das hat die abgelaufene Saison schon gezeigt.«

Der gesamte ist nun erst mal komplett trainingsfrei, ehe es ab Juni wieder losgeht. Nach einer aktiven Pause im Juli startet die SG W/O dann im August in die heiße Vorbereitungsphase.

Und so fällt Sebastian Wagners Ausblick auf die kommende Spielzeit 2023/24 aus: »Ich glaube, dass die Bezirksoberliga in der nächsten Spielzeit stärker besetzt sein wird als in dieser. Unser erstes Ziel ist ganz klar der Klassenerhalt. Mut macht auch die Tatsache, dass in den vergangenen fünf Spielzeiten keiner der Bezirksoberliga-Aufsteiger sofort wieder abgestiegen ist. Wir wollen diesen Trend fortsetzen, denn wir haben die Qualität, in der Bezirksoberliga zu bestehen!«

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Die SG Wehrheim/Obernhain, Meister der Handball-Bezirksliga A Wiesbaden/Frankfurt 2022/23. Hier jubeln (stehend von links) Timo Terkowsky, Malte Streim, Spielertrainer Marcel Heid, Co-Trainer André Costa, Tim Dawid, Sebastian Pierags, versteckt Luis Weber, Marco Verhoeven, Felix Schmidt, Janis Faust, Trainer Sebastian Wagner, Leonard Pohl, Christian Wick sowie (vorne von links) Jan Ernst, Ben Ernst, Henrik Trosien, Christopher Butsch, Henry Köplerund Florian Goslar. © Gerhard Strohmann

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