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Wechselbad der Gefühle

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»Back on track«: Sven Wagner (Königsteiner LV/Nr. 212) gewinnt beim »Viactiv Meeting« in Wattenscheid die 3000 Meter und stellt dabei gleich einen neuen Kreisrekord auf. © Jens Priedemuth

Hochtaunuskreis (kie). Welcher Oberstufenschüler kennt diese Lektüre nicht - »Die Leiden des jungen Werther« gehören quasi zum Pflichtprogramm in vielen Deutsch-Kursen. Eine ähnliche Geschichte mit dem Titel »Die Leiden des jungen Wagner« könnte ein junger Leichtathletik-Mittelstreckler im Trikot des Königsteiner LV schreiben.

Blicken wir weit zurück: Es war Anfang Juli 2021, als Sven Wagner bei den U23-Europameisterschaften in der estnischen Hauptstadt Tallinn über 1500 Meter seine Spikes anzog. Der Trip ins Baltikum endete für Wagner, der mit einer tollen Bestzeit von 3:40,92 Minuten angereist war, mit einem überraschenden (und enttäuschenden) Vorlauf-Aus. Danach beendete der KLVler die Saison und stieg im Herbst mit einem Trainingslager im Kühtai zur Vorbereitung auf die Saison 2022 wieder ins Training ein. Neben dem Laufen standen auch diverse alternative Methoden auf der Tagesordnung. Unter andrem auch Wanderungen. Dabei passierte es. Ein Fehltritt schlug voll aufs Knie durch.

Langwierige

Behandlung

Eine langwierige Entzündung war die Folge. Nach einer längeren Pause war lockeres Joggen möglich, mehr aber nicht. An richtiges Training oder Tempo-Läufe war jedoch nicht zu denken. Mitte Dezember entschieden sich das medizinische Team dann zu einer »Eigenblutbehandlung«. Dabei wird das aufbereitete Plasma in die entzündete Stelle injiziert. Die Therapie hat angeschlagen, sodass im Januar wieder mit geregelten Einheiten begonnen werden konnte. In rund vier Wochen konnte eine entsprechende Basis für das anstehende Trainingslager in Südafrika gelegt werden. Einige Tage vor dem Abflug nach Potchefstroom (bei Johannesburg) sorgte eine Entzündung durch einen zu eng gebundenen Spike für eine weitere Zwangspause. Die beiden ersten Wochen in Südafrika lief es dann wirklich rund, ehe sich das nächste Drama ankündigte. Eine Blase am großen Zeh platzte auf, entzündete sich schwer und brachte auch Fieber mit sich. »Die ganze Sache musste dann auch mit Antibiotika behandelt werden, sodass ich vorzeitig aus Potchefstroom abreiste und zwei Wochen pausieren musste«, erinnert sich Wagner.

Prima regeneriert, folgten fünf gute Wochen und es ging ins Oster-Trainingslager nach Spanien. Das konnte der Psychologie-Student dann auch ohne Wehwehchen und irgendwelche Pannen gut durchziehen.

Doch der nächste Rückschlag ließ nicht lange auf sich warten. Wagner war mit dem Rad auf dem Weg zum Training an den Olympiastützpunkt in Frankfurt-Niederrad. Unterwegs sprang die Kette raus, Sven stieg unsanft »über den Lenker« ab, verlor dabei die Schneidezähne und zog sich diverse Blessuren im Gesicht zu. Nach mehreren Behandlungen in der Uni-Zahnklinik war an ein geregeltes Training wieder nicht zu denken. Bis Ende April musste der Bundeskaderathlet wieder die Füße stillhalten.

Mai verläuft

ohne Pannen

Der Monat Mai verlief dann komplett ohne Pannen. Höchste Zeit, ein wenig Aufholarbeit bei den vielen ausgefallenen Einheiten zu leisten. Als die Form dann einigermaßen stimmte, sorgte eine Corona-Infektion für den nächsten Zwangs-Stopp. Somit fiel auch der Juni für Wettkämpfe komplett aus. Mit lediglich drei Wochen Vorbereitung wagte der Schützling von Kadertrainer Benjamin Stalf dann einen Start über die 1500 Meter bei den deutschen Meisterschaften der U23, die er mit einem respektablen sechsten Platz beendete.

Richtig flott wurde es jetzt beim internationalen »Viactiv Meeting« in Wattenscheid. Mit hervorragenden 8:10,43 Minuten stürmte der KLVler zum Sieg und setzte sich bei den U23ern an die Spitze der deutschen Jahresbestenliste.

Kreisrekord mit

Furore geknackt

Zudem verbesserte Wagner den über 36 (!) Jahre alten Kreisrekord von Thomas Burkhardt (HTG Bad Homburg) um etwas mehr als zwei Sekunden. »Damit bin ich sehr zufrieden. Nach dem bisher wirklich schwierigen Jahr, wusste ich nicht so richtig, was wirklich geht. Deshalb bin ich das Rennen etwas defensiver angelaufen. Jetzt wird die Sache schon klarer. Mein Trainingspartner Samuel Blake ist die ersten 2000 Meter recht konstant angelaufen. Dann war ich alleine unterwegs. Eine starke 63er-Schlussrunde gibt mir aber reichlich Selbstvertrauen für die nächsten Rennen. Ich hatte ja keine Ahnung, was ich hintenraus noch auf dem Kasten habe«, so der neue Kreisrekordler. Während viele Athleten die Saison bereits ausklingen lassen, will Wagner in der »late Season« noch ungefähr fünf Rennen bestreiten. Darunter ein flotter 800er in Leverkusen, die 1500 Meter in Pfungstadt und eventuell noch ein hochklassiges Meeting im italienischen Padua.

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