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60 000 vs. 400 000 Euro

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Eine Diskussion wert: Die unterschiedlichen Prämien für männliche und weibliche Nationalteams - hier Deutschlands Lina Magull (l.) und Klara Bühl. © IMAGO

Sollen Fußballerinnen die gleichen Prämien bekommen wie ihre männlichen Kollegen? Die Equal-Pay-Debatte wird auch bei der Europameisterschaft in England geführt. Das deutsche Team ist mit Geld-Forderungen sehr zurückhaltend.

In Deutschland ist eine deutliche Mehrheit der Einwohner dafür, dass die Fußball-Nationalspielerinnen die gleichen Erfolgsprämien bekommen sollen wie ihre männlichen Kollegen. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur hervor. Demnach sind 67 Prozent der Befragten für eine gleiche Bezahlung. 18 Prozent sind dagegen, 15 äußerten keine Meinung.

Sollte das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, das morgen in die EM 2022 startet (21 Uhr, gegen Dänemark, live im ZDF), zum neunten Mal den Titel gewinnen, erhält jede der 23 Spielerinnen aus dem Aufgebot 60 000 Euro vom Deutschen Fußball-Bund.

Für das Erreichen des Endspiels am 31. Juli im Wembley-Stadion von London gibt es 30 000 Euro. Bei der EM 2017 hätte der DFB pro Spielerin 37 500 Euro ausgeschüttet. Die deutschen Männer hätten bei einem EM-Triumph im vergangenen Jahr jeweils 400 000 Euro bekommen.

Als erster Fußballverband der Welt hat Norwegen seine Zahlungen für das männliche und weibliche Nationalteam längst angeglichen, dafür verzichteten die Kicker sogar auf einen Teil ihrer Prämien.

Neben Norwegen gilt vor allem das US-Team um seine Anführerin Megan Rapinoe als bahnbrechend in die Equal-Pay-Debatte. Die erfolgreichen Amerikanerinnen hatten eine Sammelklage gegen den Verband wegen Diskriminierung eingereicht - und durchgesetzt, dass sie bei Großturnieren die gleichen Preisgelder erhalten.

Beim DFB ist das nicht geplant - und öffentlich fordert das auch keine Spielerin. »Es ist nicht möglich, dass die Frauen für einen Titel 400 000 Euro bekommen. Das kann sich kein Verband in Europa leisten, so lange der Männer-Fußball die Sportart Nummer eins ist, die alles andere überstrahlt«, erklärt Voss-Tecklenburg.

Die deutsche Männer-Nationalmannschaft erwirtschaftete zuletzt durch die Vermarktung ein Plus von mehr als 40 Millionen Euro. Bei den Frauen gab es ein Minus von 1,5 Millionen.

In Norwegen und den USA erhalten Männer und Frauen bereits die gleichen Prämien

Diese Ungleichgewichte zu verändern - und damit langfristig auch die Auszahlungen - , genau darum geht es den Fußballerinnen: mehr Sichtbarkeit, attraktivere TV-Übertragungszeiten, eine bessere Vermarktung, mehr Förderung bis zur Basis und vor allem professionelle Bedingungen. Dafür tun die Spielerinnen selbst bei der Öffentlichkeitsarbeit auch sehr viel.

Die Bundestrainerin wünscht sich ein Grundgehalt für alle Bundesliga-Spielerinnen, damit diese nicht nebenher arbeiten gehen müssen. Man schaue genau hin, so Voss-Tecklenburg, »was in anderen Ländern passiert - nicht zuletzt in den USA.«

Man merke, dass »Bewegung drin ist, dass sich der Frauenfußball stetig weiterentwickelt«, sagt die deutsche Nationalspielerin Sara Däbritz. In der Schweiz zum Beispiel sollen die Erfolgsprämien bis 2024 zu 100 Prozent angeglichen werden. Auch beim spanischen Verband und bei Europameister Niederlande gab es entsprechende Ankündigungen.

Die englische Football Association (FA) zahlt Frauen- und Männerteams die gleiche Antritts- und Siegprämie - nicht aber bei großen Turnieren, weil dort von den internationalen Verbänden bei den Männern ungleich mehr Geld ausgeschüttet wird.

Mit der Frauen-EM macht die UEFA erfahrungsgemäß einen deutlichen finanziellen Verlust. Der europäische Dachverband bezahlt den Frauen insgesamt 16 Millionen Euro an Prämien - doppelt so viel wie 2017 in den Niederlanden. Bei den Männern waren es zuletzt über 330 Millionen. Von den 16 Teams in England erhält jedes ein Startgeld von 600 000 Euro, der Europameister kann am Ende bestenfalls knapp 2,1 Millionen einspielen. DPa/SID

Die Nationalspielerinnen Giulia Gwinn und Laura Freigang sind vor dem morgigen EM-Auftakt der deutschen Fußballerinnen gegen Dänemark (21 Uhr/ZDF und DAZN live) überzeugt von der Stärke ihres Teams.

Das Duo zeigte sich am Mittwoch im Londoner Stadtteil Brentford optimistisch und bestens gelaunt. »Es herrscht einfach pure Vorfreude. Wir haben eine sehr, sehr gute Energie bei uns im Team«, sagte die 23 Jahre alte Gwinn vom FC Bayern München.

Der Anspruch einer deutschen Nationalmannschaft sei es immer, »um den Titel mitzuspielen« - auch wenn sie nicht zum Kreis der Topfavoriten gehöre. Die Spielerinnen seien hochmotiviert und würden sich freuen, »Werbung für unseren Fußball zu machen«, so Gwinn weiter.

Stürmerin Freigang von Eintracht Frankfurt findet es »eigentlich ganz cool, dass nicht jeder mit uns rechnet. Das Wichtigste ist, dass wir überzeugt sind von unserer eigenen Qualität - und das sind wir auf jeden Fall«, sagte die 24-Jährige. »Wir wissen, dass wir mit der Mannschaft alles holen können und wollen. Unser Bestes geben wir sowieso immer.«

Gwinn hatte zum Auftakt der WM 2019 in Frankreich das Siegtor zum 1:0 gegen China erzielt. »Klar, das war etwas ganz, ganz Besonderes. Man hofft einfach, dass das wieder der Fall sein kann.«

Während Gwinn als Außenverteidigerin vor dem Spiel des Rekord-Europameisters gegen Dänemark als gesetzt gilt, hat sich Freigang mit ihrer Rolle als Joker bereits angefreundet: »Mir ist klar, dass ich im ersten Spiel nicht von Anfang an spielen werde. Wenn ich Minuten bekomme, will ich auch alles reinhauen. Ich nehme meine Rolle als Unterstützerin sehr, sehr ernst.«

Spielmacherin Sara Däbritz ist derweil ins Teamtraining zurückgekehrt. Die 27-Jährige bestritt am Mittwoch die Einheit mit ihren Kolleginnen auf dem Platz in London-Brentford. Damit kann Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg im ersten Spiel des Rekord-Europameisters gegen Dänemark wohl mit der Mittelfeldspielerin planen.

Wegen muskulärer Probleme hatte Däbritz die beiden vergangenen Tage nur individuell trainieren können. DPA

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