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Abflug in die Wüste

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Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft besteigt in Frankfurt den Sonderflieger LH 632. © DPA

Ab in die Wüste! Die DFB-Auswahl geht ihre schwierige und heikle WM-Mission voller Tatendrang an und ist gestern in den Oman geflogen.

Hansi Flick ließ sich nach einem letzten Gruppenfoto mit Deutschland-Fahne auf der Gangway lächelnd in die Wüste schicken. Der Bundestrainer versprühte im Kreise seiner ganz in Schwarz gekleideten Auserwählten zu Beginn der sportlich kniffligen und politisch heiklen WM-Mission großen Optimismus. »Jeder möchte Weltmeister werden, das ist unser großes Ziel. Da stapeln wir jetzt auch nicht tief«, sagte der Bundestrainer und bestieg am Montagmittag zuversichtlich den Sonderflieger LH 632 von Frankfurt nach Maskat. Am 19. Dezember will er als Winter-Weltmeister mit dem fünften Stern aus Katar heimkehren.

»Wir sind alle sehr hungrig und wissen selbst, dass wir bei den Turnieren zuletzt nicht überzeugt haben«, sagte Kapitän Manuel Neuer voller Tatendrang und versprach nach der historischen WM-Pleite 2018 und dem Achtelfinal-Aus bei der EM: »Darum werden wir alles in die Waagschale werfen, um so weit wie möglich zu kommen und die Chance nutzen, um diesen Titel zu spielen.«

Der Menschenfänger Flick soll dabei zum Trumpf werden. Dessen Fähigkeiten als Kommunikator suchten »ihresgleichen«, schwärmte Ilkay Gündogan, Neuer lobte die überragende »Menschenkenntnis«: Flick wisse, »wie er jeden einzelnen Spieler anpacken muss«.

Doch diese von gesellschaftspolitischen Themen überlagerte Endrunde sei für die DFB-Auswahl auch »ein kleines Experiment«, gab Neuer zu bedenken, »weil niemand Turnier-Erfahrungen im Winter mitten in der Saison gesammelt hat«. Umso wichtiger ist es, im Auftaktspiel am 23. November gegen ein »unberechenbares« Japan im Khalifa-International-Stadion in ar-Rayyan sofort da zu sein: »Wir müssen gewarnt sein«, mahnte Neuer, zu frisch sind die Erinnerungen an das Desaster 2018, bei dem das 0:1 gegen Mexiko der Anfang vom Ende war.

Flick, der zunächst auf Neuers Vertreter Marc-Andre ter Stegen (Magen-Darm-Infekt) verzichten muss, erinnert sich lieber an 2014: In Brasilien gewann er als Assistent von Joachim Löw dank des für Katar reaktivierten Rio-Helden Mario Götze den Titel. Beim erhofften fünften Coup will der 57-Jährige sich von nichts und niemandem ablenken lassen - auch nicht von den Menschenrechtsfragen vor Ort.

Seine Elf soll mit der »One Love«-Binde, der Vielfalt-Botschaft auf dem Teamflieger und anderen Aktionen »starke Zeichen« setzen, sich »nicht wegducken«, das schon. Neuer versprach im »Münchner Merkur/tz«: »Wir werden Flagge zeigen und unsere Werte vertreten.« Doch er sieht sich und die Kollegen vor einem schwierigen Spagat. Flick gab daher vor: »Voller Fokus auf den Fußball!« Für den Rest ist die Delegation um DFB-Präsident Bernd Neuendorf zuständig, der vor dem Abflug noch einmal Stellung bezog.

Dem Mini-Trainingslager im Oman mit der Generalprobe am Mittwoch (18.00 Uhr/RTL) gegen die Auswahl des Sultanats kommt große Bedeutung zu. Flicks Vorgabe: »Akklimatisieren, erholen, die Körner wieder auffüllen.« Dazu bietet die noble Hotel-Anlage mit Meerblick am »Wellenstrand« (Al mouj) bis zur Weiterreise nach Katar am Donnerstag beste Bedingungen.

Im Test gegen den 75. der Weltrangliste sollen sich die zuletzt angeschlagenen Thomas Müller und Antonio Rüdiger bewähren, Lukas Klostermann wird wohl erste Einsatzminuten seit August erhalten. Götze kehrt nach fünf Jahren DFB-Abstinenz zurück, die Neulinge Niclas Füllkrug und Youssoufa Moukoko dürfen sich als Alternativen für den nach Timo Werners Ausfall verwaisten Platz im Sturmzentrum aufdrängen.

Seine WM-Elf wird Flick nicht einspielen, »es wird eine Mischung auf dem Platz stehen«, sagte er. Besonderen Wert legt er auf das Anlaufverhalten, seine Elf soll beim Turnier zur »Pressingmaschine« werden - beflügelt vom starken Bayern-Block. Der war schon 1974, als der neunjährige Fan Hansi Flick im heimischen Bammental mitfieberte, oder 2014 mit ihm als »Assi« der Schlüssel zum Erfolg. Jetzt ist er selbst Chef - hat er Zweifel? »Null«, sagte Flick.

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