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Corona, Corona und kein Ende

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Bundestrainer Alfred Gislason ist genervt von den neuen Corona-Debatten, DHB-Sportvorstand Axel Kromer (l.) hofft auf einen konstruktiven Austausch mit dem Weltverband. © DPA

Auf die deutschen Handballer wartet gegen Island ein echter Gradmesser. Vor dem doppelten WM-Härtetest ist jedoch überraschend das Thema Corona wieder präsent.

Alfred Gislason stützte den Kopf auf seine linke Faust und pustete durch. Dem leidigen Corona-Thema wollte er vor dem Start des WM-Abenteuers eigentlich keinen Raum mehr schenken. »Ich will nicht allzu viel darauf eingehen. Ich hoffe einfach, dass wir ein Turnier erleben werden, in dem es nur um Handball geht«, sagte der Bundestrainer am Donnerstag im Teamquartier in Hannover.

Acht Tage vor dem deutschen Auftaktspiel gegen Katar bei der Weltmeisterschaft in Polen und Schweden ist die Pandemie zwar lange nicht mehr so bedrohlich wie bei der Chaos-EM vor einem Jahr. Gänzlich ausblenden können die deutschen Handballer, die sich am Samstag (16.15 Uhr/ZDF) und Sonntag (15.30 Uhr/zdf.de) vor ausverkauften Hallen in Bremen und Hannover gegen WM-Geheimfavorit Island den Feinschliff holen wollen, diese aber nicht.

Grund dafür sind auch die strengen Regeln des Weltverbandes IHF. Dieser schreibt eine PCR-Testung in den 72 Stunden vor der Anreise vor, ebenso sind Schnelltests nach der Vor- und nach der Hauptrunde angesetzt. Wird ein Spieler positiv getestet, ist eine mindestens fünftägige Isolation in den IHF-Richtlinien festgelegt.

Das stößt auf Unverständnis - unter anderem bei Deutschlands kommendem Testspielgegner Island. »Die Spieler sind sich bewusst, dass sie ihre Quarantäne jederzeit selbst beenden und sich den Tests verweigern können«, schrieb Nationaltorhüter Björgvin Pall Gustavsson in einem offenen Brief an die IHF. Auch das Team von Co-Gastgeber Schweden äußerte sich bereits ähnlich.

In Schweden wird das Virus nicht mehr als gesellschaftsbedrohende Krankheit eingestuft, in Polen wurden die Schutzmaßnahmen ebenfalls weitestgehend aufgehoben. Die Isolationspflicht empfindet Gustavsson vor diesem Hintergrund als befremdlich, mehrere andere Spieler wie Welthandballer Niklas Landin aus Dänemark teilten das Schreiben im Netz.

Der isländische Schlussmann drohte sogar mit juristischen Schritten. »Die Turnierregeln sind strenger als die bestehenden Gesetze der jeweiligen Länder«, schrieb der frühere Magdeburger. »Das Corona-Trauma der letzten Turniere ist bei den Spielern immer noch sehr präsent und beeinträchtigt die Athleten, die gesund sind wie ein Pferd, mehr als Corona«, schimpfte der ehemalige Bundesligaprofi des SC Magdeburg und Bergischen HC. Vor Gustavsson hatte bereits Schwedens Nationaltorwart Mikael Appelgren vom Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen die Corona-Regeln kritisiert. Der Weltverband ließ eine SID-Anfrage am Donnerstag zunächst unbeantwortet.

Der Deutsche Handball-Bund (DHB), in dessen Auswahl sich bei der vergangenen EM 16 Spieler infiziert hatten, will in den Aufschrei nicht einstimmen. DHB-Sportvorstand Axel Kromer kann die Äußerungen zwar nachvollziehen, will aber auf einen konstruktiven Austausch mit dem Weltverband setzen. Er glaubt, dass sich am Konzept noch etwas ändern kann. Auch DHB-Vorstandschef Mark Schober sagte: »Die Diskussion ist womöglich noch nicht am Ende.«

Um einem Déjà-vu vorzubeugen, trifft der Verband vor der Abreise nach Kattowitz am 12. Januar verschiedene Vorsichtsmaßnahmen. »Die deutsche Delegation reduziert ihre Kontakte, ohne ein Kontaktverbot zu verfolgen«, teilte der Verband auf SID-Anfrage mit. Auf Wunsch des Teamarztes wurde etwa eine FFP2-Maskenpflicht für Medienvertreter bei den Tests gegen Island vorgeschrieben. »Auch die Kontakte mit Fans im Umfeld der Länderspiele müssen weiter reduziert werden«, schrieb der DHB.

Gislason ist von all dem genervt - kein Wunder, schließlich prägt die Pandemie bereits seine gesamte Amtszeit. »Ich sehne mich nach einem normalen Turnier«, hatte der Isländer zuletzt im SID-Interview gesagt. Furcht vor dem am kommenden Dienstag angesetzten obligatorischen PCR-Test hat er dennoch nicht. »Bis jetzt gibt es keine Probleme, wir sind auf einem guten Weg«, sagte Gislason.

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