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»Danke, Mr. Sportschau«

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Unaufgeregt korrekt: Ernst Huberty als »Sportschau«-Moderator 1980. ARCHIV © DPA

(sid). Krawatte, Weste, Anzug - Ernst Huberty stand während seiner Zeit als der Anchorman in der ARD-»Sportschau« stets wie aus dem Ei gepellt vor der Kamera. Seine Fangemeinde war groß und sorgte auch schon mal für besondere Blüten. »Mir schrieb mal ein Mann, dass ihm meine Krawatte aus der Sendung gefallen habe. Er bat mich, sie ihm mal auszuleihen für seine Geburtstagsfeier«, sagte Huberty einmal im Interview, »ich würde sie garantiert zurückbekommen, frisch gereinigt.

Und so kam es dann auch - allerdings war die Krawatte unbrauchbar geworden, durch die Reinigung hatte sich das Inlett verzogen.«

Huberty hat den Schaden verkraftet, aber diese Anekdote zeigte, dass er als »Mr. Sportschau« zu den absoluten Ikonen des Fernsehens zählte. In einem Atemzug zu nennen mit Hans-Joachim Kulenkampff, Karl-Heinz Köpcke, Peter Frankenfeld, Robert Lembke oder Rudi Carrell. Am Montag ist Ernst Huberty, der TV-Geschichte geschrieben hat, im Alter von 96 Jahren gestorben.

»Er hat mit seiner Souveränität vor der Kamera und seiner Sachlichkeit vor dem Mikrofon die Fußball-Epoche der 60er und 70er Jahre geprägt wie kein anderer Sportjournalist«, kommentierte DFB-Präsident Bernd Neuendorf, »der Fußball sagt: Danke, ›Mr. Sportschau‹.«

Huberty machte sich nach Ende seiner ARD-Karriere - eine unkorrekte Spesenabrechnung führte zu seinem Aus - als »Coach« vieler namhafter heutiger TV-Moderatoren bei Premiere und Sat.1 einen Namen. Dabei galt immer sein persönliches Credo: »Nichts ist schlimmer als der schludrige Umgang mit Sprache.« Noch heute schwärmen viele bekannte TV-Reporter und Moderatoren, die das Glück hatten, durch Hubertys Schule gegangen zu sein, in höchsten Tönen von ihrem Lehrmeister.

WDR-Intendant Tom Buhrow lobte die langjährige Galionsfigur des Ersten: »Als ›Mr. Sportschau‹, wie ihn das Publikum liebevoll nannte, hat er als erster Moderator diese Sendung entscheidend geprägt: wohltuend unaufgeregt und mit großer Seriosität.« Huberty war am 4. Juni 1961 derjenige, der die erste »Sportschau« moderieren durfte. Seine Mitstreiter waren damals unter anderem Koryphäen wie Addi Furler und Dieter Adler. Teilweise mehr als 15 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern versammelten sich damals vor den Bildschirmen.

Der gebürtige Trierer wollte eigentlich ins Feuilleton, als er in Koblenz mit dem Journalismus begann. »Angefangen habe ich mit Theaterkritiken für die ›Rhein-Zeitung‹, habe Hörfunkreportagen gemacht für den Südwestfunk, den Karnevalszug in Mainz übertragen«, berichtete er einmal. Doch schließlich landete er im Sport und war über Jahrzehnte auch »DER« Mann im Ersten, der Fußballspiele live kommentierte. Im entscheidenden Moment auch mal schweigen können, das war eine seiner großen Stärken. Gleichzeitig galt, was er sagte, war förmlich in Stein gemeißelt. Denn ihm war stets klar: Gesagt ist gesagt, »da kann man nichts zurücknehmen«.

Huberty arbeitete zu Beginn seiner Karriere auch beim Südwestfunk in Baden-Baden, war Sportreporter und Moderator. 1957 erfolgte der Wechsel zum Westdeutschen Rundfunk (WDR), dort gehörte er zunächst der Redaktion »Hier und Heute« an. Erst drei Jahre später ging es in die Sportredaktion. Bis 1982 moderierte er die »Sportschau«, eines der Aushängeschilder in der ARD. »Ich habe erreicht, was ich wollte«, lautete Hubertys Fazit bei seinem Abschied. Dies können nur wenige von sich behaupten.

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