Der Blick geht in die Zukunft

Martina Voss-Tecklenburg hat noch viel vor als Fußball-Bundestrainerin. Sie genießt bei den DFB-Verantwortlichen einen hohen Stellenwert. Nach der Frauen-EM in England steht die Verlängerung ihres Vertrages bevor - vielleicht sogar bis 2027.
Martina Voss-Tecklenburg denkt voraus. Die Fußball-Bundestrainerin hat »richtig Lust«, ihren Traumjob über die WM 2023 in Australien und Neuseeland hinaus fortzusetzen. Und nach der laufenden EM in England winkt auch schon ein neues Arbeitspapier.
»Ich würde ungern mit einem auslaufenden Vertrag der Bundestrainerin in eine Weltmeisterschaft gehen. Es steht außer Frage: Wir werden dem DFB-Präsidium die sportliche Empfehlung geben, den Vertrag von Martina zu verlängern«, sagte Joti Chatzialexiou, Sportlicher Leiter Nationalmannschaften beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), der »Sport Bild«.
Vor dem EM-Halbfinale gegen Frankreich am späten Mittwochabend kündigte der 46-Jährige entsprechende Gespräche nach dem Turnier an. Die Botschaft: »MVT« hat nach dem Viertelfinal-Aus bei der WM 2019 wenige Monate nach dem Amtsantritt ihre Bewährungsprobe unter dem Brennglas bestanden.
Für die 54-Jährige selbst wäre eine weitere Zusammenarbeit »ein großes Geschenk und Privileg«. Die Qualifikation für die kommende WM endet Anfang September und ist für den zweimaligen Welt- und achtmaligen Europameister trotz eines Ausrutschers in Serbien (2:3) Mitte April nur noch Formsache. Werden Verträge beim DFB normalerweise im Zweijahreszyklus mit Blick auf anstehende Turniere verlängert, ist die akribisch arbeitende Bundestrainerin gedanklich bereits weiter. Im Raum steht daher sogar eine Verlängerung bis 2027, wenn Deutschland gemeinsam mit den Niederlanden und Belgien die WM ausrichten möchte.
»Wir haben im Trainerteam schon eine Vision Richtung 2027«, sagte Voss-Tecklenburg dazu. Eine Vision, die Chatzialexiou eigener Aussage nach »teilen« kann. Er lobte Voss-Tecklenburg ausdrücklich als »Menschenfängerin« und attestierte ihr »durchaus Ähnlichkeit mit den erfolgreichen U21-Trainern Horst Hrubesch und Stefan Kuntz«.
Der Schlaf kommt derzeit zu kurz
Von Interimstrainer Hrubesch hatte sie das Zepter einst übernommen. Die 125-malige Nationalspielerin musste sich erst umgewöhnen nach sechs Jahren als »Alleinunterhalterin« in ihrem Job als Schweizer Nationaltrainerin. »Ich war immer sehr dominant. Ich wollte am liebsten von vorne bis hinten als Trainerin alles alleine machen«, beschrieb sie jüngst ihren alten Führungsstil. Heute ist sie eine Art Projektleiterin, die auf Klarheit in den Rollen, Eigenverantwortung und permanenten Austausch setzt.
Voss-Tecklenburg brennt für ihren Job, der Schlaf kommt bei der EM so dauerhaft zu kurz. Das liegt nicht nur an zahlreichen Besprechungen, sondern auch an der kommunikativen Art der gebürtigen Duisburgerin, die oft zu den Letzten gehört, die abends noch zusammensitzen und Karten spielen, um dann frühmorgens aufzustehen und den Tag mit ein paar Bahnen im Schwimmbad zu beginnen.
Nach der EURO wird sie sich eine Auszeit gönnen. Nicht nur vom Fußball will Voss-Tecklenburg dann richtig Abstand gewinnen und abschalten. »Wenn ich nach dem Turnier nach Hause komme, möchte ich zwei Tage nicht reden«, verriet sie unlängst in einer Medienrunde. Danach aber stehen wichtige Gespräche an.