Der Schrecken, genannt »Dämon«

In der Woche der drei Wiedersehen versucht Borussia Dortmund, es mit Erling Haaland aufzunehmen.
Der Abwerbeversuch kam mitten im Einkaufsbummel, zwischen Buchladen und Boutique. »Hey, Erling, du bist auf die falsche Seite dieser Stadt gewechselt!«, riefen Fans von Manchester United dem Superstar von Manchester City aus ihrem Auto zu: »Nächstes Jahr dann aber, oder?«
Selbst die Fans des Erzrivalen haben größte Ehrfurcht vor dem norwegischen Tor-Giganten Erling Haaland - und so ist es auch bei dessen Ex-Klub Borussia Dortmund. BVB-Kapitän Marco Reus nennt das Champions-League-Wiedersehen am Mittwochabend (21 Uhr/DAZN) im Etihad Stadium »ein echtes Brett. Wir freuen uns darauf, wie auch auf Erling«.
Doch der BVB hat inzwischen erkannt, dass ihm der Stürmer in der vergangenen Saison über den Kopf gewachsen war. »So gern wir Erling immer hatten und haben, und so erfolgreich er bei uns auch war - am Ende wurde das Thema auch zu einer gewissen Belastung in der Kabine, im Klub und im Umfeld«, sagte Sportdirektor Sebastian Kehl der »Sport Bild«. Der Hype überlagerte alles. »Sportlich hätten wir ihn gerne noch bei uns. Keine Frage.«
Warum auch nicht? Wer Haalands Instagram-Profil checkt, sieht nicht viel Varianz derzeit: Jubel über einen Doppelpack, Jubel über einen Hattrick, Werbung, Jubel über einen Hattrick. Der 22-Jährige ist bei ManCity und Pep Guardiola so eingeschlagen, wie er schon in Dortmund gespielt hat. Dort waren es 62 Tore in 67 Bundesligaspielen, im hellblauen Teil Manchesters führte er sich mit sagenhaften zwölf in acht Pflichtspielen ein. Sie nennen ihn schon »Dämon«, den Schrecken der Abwehr.
»Ich liebe diese neue Routine, über Erling und seine Tore zu sprechen«, sagte Guardiola zuletzt. »Die Zahlen sprechen für sich. Es ist stets so, dass er da ist, und man hat das Gefühl, dass er immer noch mehr Tore schießen könnte.«
Wie nur soll der BVB also Erling Haaland stoppen? Mit seinem zweiten Torwart Alexander Meyer? Nico Schlotterbeck könnte es wissen. Sein erstes Duell mit dem Norweger, ein 2:1 gegen Dortmund zu Freiburger Zeiten, bezeichnete der Innenverteidiger im »Kicker« als Schlüsselmoment seiner Karriere. »Da habe ich gemerkt, wie gut ich sein kann«, sagte er. Haaland blieb torlos, was selten genug vorkommt.
Wichtiger wird es aber sein, im Kollektiv gut zu verteidigen, die Schnittstellen abzudecken, Passwege von Kevin De Bruyne oder Ilkay Gündogan zuzulaufen. Denn kommt der Ball zu Haaland, zumal in guter Position, ist es meistens schon zu spät. Dortmund kann derweil wieder auf die Offensivspieler Donyell Malen, Karim Adeyemi und Thorgan Hazard zurückgreifen. Alle drei traten am Dienstag die Reise nach England an. Malen (Muskelfaserriss) und Adeyemi (Fußverletzung) hatten je fünf Pflichtspiele verpasst, Hazard (Oberschenkelprobleme) fehlte beim 0:3 am Samstag in Leipzig. Allerdings erwartet den BVB ein ausgeruhter Gegner: Wegen des Todes der Queen wurden alle Premier-League-Spiele am vergangenen Wochenende verschoben.
In der Woche der drei Wiedersehen wird sich der BVB nach dem ernüchternden 0:3 bei RB Leipzig und Marco Rose enorm steigern müssen. Haaland wird machtvoll an den Abwehrketten rütteln - und drei Tage später folgt das Wiedersehen Nummer drei: Das mit dem Bundesliga-Rückkehrer Schalke 04 im Revierderby.