Emotionaler Kumpel für die Hertha

(sid). Herthas neuer Trainer zeigt immer vollen Einsatz - das hat ihm schon eine Kopfnuss von Jürgen Klopp eingebracht. Als Sandro Schwarz einst bei einem Trainingsspiel von Mainz 05 auf gefrorenem Boden den heutigen Welt-coach mit drei Blutgrätschen zu Fall gebracht hatte, bauten sich beide Alphatiere voreinander auf.
»Zwei Hähne, Trottel!«, sagte Klopp einmal über den Vorfall. Er habe seinen Kopf »so ganz leicht nach vorne« gedrückt - »und dann fängt der an zu bluten. Das war Wahnsinn!« Klopps Entschuldigung nahm der stolze Schwarz zunächst nicht an, »zwei Monate später war ich sein Trainer«, erinnerte sich der heutige Liverpool-Teammanager.
Die Anekdote zeigt, was für ein Typ demnächst auf dem heißen Fußball-BundesligaTrainerstuhl von Hertha BSC Platz nehmen wird. Auf den distanzierten Schleifer folgt der emotionale Kumpeltyp: Nach der mit Ach und Krach geglückten Rettungsmission von Felix Magath vollzieht der ambitionierte Hauptstadtklub auf der Trainerposition eine 180-Grad-Wende. Schwarz erhielt einen Vertrag bis 2024.
»Sandro kann mit seiner Persönlichkeit, der aktiven und vorwärts gewandten Art Fußball spielen zu lassen, eine Bindung zwischen grünem Rasen und dem Umfeld schaffen«, sagte Geschäftsführer Fredi Bobic: »Das ist das, was wir bei Hertha BSC brauchen.«
Deswegen habe er bei der Trainersuche neben Fachkenntnis vor allem die Punkte »Begeisterungsfähigkeit, Leidenschaft und Emotionalität« im Blick gehabt, verriet Bobic: »Das alles hat Sandro in seiner Zeit beim FSV Mainz 05 und auch bei Dynamo Moskau gezeigt.«
Dynamo hatte Schwarz in der abgelaufenen Saison auf Platz drei der russischen Liga geführt, nach dem verlorenen Pokalfinale am vergangenen Sonntag gegen Spartak Moskau verkündete der 43-Jährige dort seinen Abgang.
Den hatten viele schon nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine erwartet, doch anders als seine deutschen Trainerkollegen Markus Gisdol (Lokomotive Moskau) und Daniel Farke (FK Krasnodar) beendete Schwarz sein Engagement in Russland nicht sofort.
Er fühle sich für den Klub verantwortlich, begründete Schwarz. Es sei ihm darum gegangen, »die Menschen vor Ort nicht im Stich zu lassen. Das zeichnet ihn aus«, wurde Andrej Woronin schon vor einigen Tagen auf der Hertha-Homepage zitiert. Der Ukrainer und Ex-Herthaner war bis Kriegsbeginn Co-Trainer von Schwarz bei Dynamo.
Woronin ist sich sicher, dass Schwarz die Hertha aus dem Tief führen kann, in das der komplette Verein seit dem Einstieg von Investor Lars Windhorst geraten ist. Der gebürtige Mainzer beschäftige sich »24 Stunden am Tag nur mit Fußball«, berichtete Woronin: »Er ist ein sehr ehrgeiziger Typ und möchte in jedem Training von allen Spielern sehen, dass sie 100 Prozent geben.«