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Es geht auch ohne Schnee

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Erstmals springen Andreas Wellinger und seine Kollegen zum Weltcup-Auftakt in Polen auf Matten. ARChIV © DPA

Erstmals auf Matten statt Schnee beginnt am Wochenende die Skisprung-Saison. Angesichts von Klimawandel und Energiekrise ist das Ambiente auch ein Fingerzeig.

Von Schnee ist an der Adam-Malysz-Schanze nichts zu sehen. Wie auch, Anfang November? Doch FIS und Veranstalter haben es so gewollt: Weil die Fußball-WM in Katar bald alles erdrückt, startet die Skisprung-Saison am kommenden Wochenende so früh wie nie zuvor. Erstmals landen Karl Geiger und Co. im Weltcup somit auf Matten statt auf Schnee.

»Natürlich wäre es besser, wenn wir uns nicht dem Fußball beugen«, sagt Bundestrainer Stefan Horngacher vor der Qualifikation am Freitag (18.15 Uhr/Eurosport) im polnischen Wisla. Doch was auf den ersten Blick skurril wirkt, stellt in Zeiten von Klimawandel und Energiekrise auch eine Chance dar. »Das könnte richtungsweisend für unseren Sport, für den Wintersport generell sein«, so Horngacher.

Denn, so paradox es klingt: Skispringer brauchen keinen Schnee - nicht einmal die mit viel Energie produzierte künstliche Variante. Denn angefahren wird in einer Eisspur, gelandet auf dem Grün der Matten. Der frühe Auftakt sei daher »eine hervorragende Möglichkeit, uns als Ganzjahressport und dazu auch noch ausgesprochen nachhaltig zu präsentieren«, sagt Renndirektor Sandro Pertile vom Weltverband FIS.

Tatsächlich sind Geiger, Markus Eisenbichler und Co. Sprünge ohne Schnee gewohnt. »Im Training machen wir das eh schon«, sagt der zweimalige Olympiasieger Andreas Wellinger. Die Landung auf Matten reduziert sogar die Verletzungsgefahr im Vergleich zu einem schlecht präparierten Hang. »Ich glaube, dass das eine Möglichkeit für unsere Sportart ist«, sagt Wellinger, der nach Verletzungsproblemen wieder voll angreifen möchte: »Mein Knie ist kaputt, das habe ich so akzeptiert und wird sich auch nicht mehr ändern. Der Rest funktioniert gut. Ich bin voll motiviert für die nächste und die übernächste Saison und keine Ahnung wie viele Jahre noch«, sagte der Olympiasieger. Der 27-Jährige kommt als deutscher Meister und mit jeder Menge Selbstvertrauen.

Viele Veranstalter überdenken in der Energie-Krise Wettkämpfe unter Flutlicht. Diese Bemühungen werden indes konterkariert. Die FIS etwa schickt im kommenden Winter den gesamten Tross erst für ein Wochenende ins japanische Sapporo und wenig später nach Lake Placid in die USA. Eine nachhaltige mehrwöchige Nordamerika-Tour über Vancouver und Iron Mountain oder eine Asien-Reise mit den Olympiaschanzen in Peking und Pyeongchang ist noch immer kein Thema.

Wie beim Tennis

Aber: Wettkämpfe auf Matte statt Kunstschnee wie in Wisla sind immerhin ein Anfang. »Unterschiedliche Beläge, aber der gleiche Sport - man kann das ein bisschen mit Tennis vergleichen«, sagt FIS-Mann Pertile. Nach dem Frühstart geht es dann direkt in die Fußball-Pause. Während der Vorrunde in Katar sei an den Wochenenden für das Skispringen »keine TV-Zeit« übrig, so Pertile. Der »Kaltstart« in den Weltcup folgt erst am 26. November im finnischen Kuusamo. Dort ist der erste Schnee längst gefallen, die Temperaturen liegen auch tagsüber schon jetzt unter dem Gefrierpunkt. Wobei: Nötig ist das alles nicht in Zeiten, in denen Asien-Winterspiele nach Saudi-Arabien vergeben werden - und irgendwann einmal sogar ein Skispringen in Katar stattfinden könnte, direkt neben einem WM-Stadion. Möglich wäre es.

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