Farah enthüllt Lebenslüge

(sid). Blaues Hemd, fester Blick in die Kamera - dann sagt der Lauf-Star: »Die meisten Leute kennen mich als Mo Farah. Aber das ist nicht mein Name, das ist nicht die Wirklichkeit.« Lange hat der viermalige Olympiasieger unter falscher Identität gelebt. Nun erzählt er seine tragische Geschichte.
Und die beginnt im Norden von Somalia, wo er als Hussein Abdi Kahin geboren wurde, wie Farah in einer BBC-Dokumentation berichtet. »Als ich vier Jahre alt war, wurde mein Vater im Bürgerkrieg umgebracht«, sagt er und stockt kurz: »Meine Familie wurde auseinandergerissen.« Was der 39-Jährige dann schildert, hört sich an wie ein Albtraum. Im Alter von acht oder neun Jahren habe ihn eine unbekannte Frau nach Großbritannien geschleust. Sie habe ihm erzählt, er würde dort bei Verwandten leben. Mit falschen Dokumenten trat er die Reise an. Neben seinem Foto prangte der Name, unter dem er später zum Weltstar der Leichtathletik wurde: Mohamed Farah.
Angekommen in Hounslow, im Westen von London, zerriss die ihm Unbekannte das Blatt mit den Kontaktdaten seiner Verwandten. Er musste sich fortan um die Kinder der Frau kümmern, die ihm gedroht habe: »Wenn du jemals deine Familie wieder sehen willst, sagst du nichts.« Oft habe er sich im Badezimmer eingeschlossen und geweint.
Doch dann ein Hoffnungsschimmer: Mit zwölf Jahren durfte er die Schule besuchen und entdeckte dort seine Leidenschaft für das Laufen. Das Talent des Jungen blieb auch seinem Sportlehrer Alan Watkinson nicht verborgen, dem sich Farah irgendwann anvertraute. Mithilfe von Watkinson kam Farah zu einer anderen Familie, erlangte im Juli 2000 die britische Staatsbürgerschaft. Zehn Jahre später lief er zu seiner ersten von fünf EM-Goldmedaillen. Über die 10 000 und 5000 Meter sammelte »Sir Mo«, der 2017 von Queen Elizabeth II zum Ritter geschlagen wurde, unter anderem viermal Olympia- und sechsmal WM-Gold.
Um seine Staatsbürgerschaft muss sich die britische Lauf-Ikone nach den Enthüllungen keine Sorgen machen. Wie ein Sprecher des Innenministeriums am Dienstag mitteilte, werden »keinerlei Maßnahmen gegen Sir Mo ergriffen«. Warum dieser seine Geschichte jetzt erzählt? Seine Kinder hätten ihn dazu motiviert. Er wolle sich »normal fühlen« und auf Menschenhandel aufmerksam machen.