Flicks neue Blockbildung

Schwarz-Gelb war in der Nationalelf zuletzt ziemlich out. Im Trainingscamp in Marbella vollzieht sich gerade ein Wandel - dank Dortmunds Transferoffensive. Der Bundes- trainer findet das gut, auch wenn er sich gerade besonders um einen Münchner kümmern muss.
Beim beliebten Kreisspiel bewegte sich Niklas Süle im strahlenden Sonnenschein von Marbella noch in der ihm vertrauten Bayern-Gruppe. Aber der Münchner Abwehrhüne hatte am Dienstag beim Training der Fußball-Nationalmannschaft in Spanien auch schon viel Spaß mit seinem künftigen BVB-Teamkollegen Marco Reus. Im kurzen Trainingslager der DFB-Auswahl vor dem Nations-League-Ernstfall ist eine neue Blockbildung zu begutachten, die Bundestrainer Hansi Flick schon mit Blick auf die Weltmeisterschaft in Katar freudig stimmt.
Schwarz-Gelb wird in der DFB-Auswahl nach der Ausmusterung namhafter Akteure wie Mats Hummels oder Emre Can wieder zur zweiten kraftvollen Farbe neben dem schon traditionell dominierenden und tonangebenden Bayern-Rot. Und Flick bewertet das Upgrade des zuletzt im DFB-Kreis kaum noch präsenten Vizemeisters durch die Verpflichtung von Bayerns Süle (26), Nico Schlotterbeck (22) vom Pokalfinalisten SC Freiburg sowie Sturmtalent Karim Adeyemi (20) vom österreichischen Meister Red Bull Salzburg als förderlich für seine Arbeit und Ziele.
»Ich begrüße das absolut. Die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt: Wenn man zwei Vereine hat, die einen Block bilden, kann man damit erfolgreich sein«, sagte der Bundestrainer. Flick verriet, dass ihm BVB-Chef Hans-Jo-achim Watzke schon zu Beginn des WM-Jahres angedeutet hatte, die Borussia wolle versuchen, den ein oder anderen deutschen Nationalspieler zu verpflichten. Gesagt, getan.
In Marbella tummeln sich nun mit Reus, Julian Brandt und den drei namhaften Neuzugängen im Grunde fünf BVB-Profis. WM-Chancen besitzt zudem der in Spanien aus Verletzungsgründen fehlende Mo Dahoud. »Unsere Topspieler in Deutschland zu haben, bringt uns auch einen Schritt weiter mit Blick auf das übernächste Turnier«, sagte Flick schon in der Vorausschau auf die Heim-Europameisterschaft 2024.
Süle und Schlotterbeck könnten in Zukunft nicht nur in Dortmund das Innenverteidiger-Pärchen bilden. Auch Reus und Adeyemi könnten vorne zusammenspielen - im BVB-Trikot und im DFB-Dress. An den - ohne Süle - noch sieben Bayern im aktuellen DFB-Kader sieht man, was es heißt, eingespielt zu sein und miteinander auf dem Platz zu harmonieren. Wobei gerade die Münchner Profis Flick ein paar Rätsel aufgeben vor den Nations-League-Partien gegen zweimal Italien, England und Ungarn. Die Bayern-Saison trudelte nach dem nächsten Meisterschaftsgewinn lustlos aus. Flick freut sich über Rückkehrer wie Joshua Kimmich und Leon Goretzka. Er muss aber in Marbella auch einen Münchner Problemfall wie Leroy Sané wieder in Tritt bekommen.
Am Dienstag musste der Angreifer im »Marbella Football Center« am Ende des Teamtrainings noch zusätzlich Steigerungsläufe absolvieren. Auch Süle und Abwehrkollege Thilo Kehrer von Paris Saint-Germain mussten länger als die anderen auf dem Rasen schuften und schwitzen, bevor es in die großzügig gewährte Freizeit am Nachmittag ging.
Flick widmete sich Sané auffällig beim Training. Er klopfte ihm auf die Schulter, nahm ihn väterlich in den Arm. Flicks Ansatz geht so: »Wir werden viel miteinander reden. Leroy ist froh, hier zu sein. Er freut sich auf die Spiele, auf das Training. So gehen wir das an.«
Flick braucht jetzt - aber vor allem in Katar - einen voll funktionsfähigen Bayern-Block. Kapitän Manuel Neuer bemerkte, dass gerade sein Bayer-Kollege »Leroy ein sensibler Typ« sei. Sané habe eine Saison »mit Höhen und Tiefen« hinter sich - »und ich bin mir ganz sicher, dass er ein wichtiger Faktor für uns in der Mannschaft sein wird«.