Frechdachs als Lichtblick

Bei der 1:6-Niederlage gegen die Bayern macht Eintracht-Stürmer Randal Kolo Muani nicht nur mit dem einzigen Tor für die Frankfurter auf sich aufmerksam. Trainer Glasner muss vor dem Supercup gegen Real Madrid unangenehme Entscheidungen treffen.
Man kann jetzt nicht behaupten, dass dieser Frechdachs Randal Kolo Muani die Sterne vom Fußball-Himmel gespielt hat in dieser Bundesliga-Auftakt-Partie der Eintracht gegen Bayern München. Aber der Neue aus Nantes war derjenige Frankfurter, der auf die Rolle des Prügelknaben am wenigsten Lust hatte, der die Demütigung nicht über sich ergehen lassen wollte. Also sprintete der schlaksige Stürmer mal hier hin und fegte mal dort dazwischen, er schnappte sich den Ball und dribbelte los, mal klappte das besser, mal prallte er an den Bajuwaren ab; einmal tauchte er nach feinem Pass des blassen Mario Götze alleine vor Manuel Neuer auf, doch da hatte er das Pech, dass ihm Dayo Upamecano im Nacken saß. Der französische Landsmann ist sicher der flinkeste Innenverteidiger der Liga und spitzelte dem ebenfalls pfeilschnellen Kolo Muani die Kugel noch vom Fuß.
Ein Tor hatte der 23-Jährige da bereits erzielt, den Treffer zum zwischenzeitlichen 1:5. Kolo Muani, zur Halbzeit eingetauscht, war sicherlich der einzige Lichtblick an diesem finsteren 1:6-Abend im Frankfurter Waldstadion. »Er ist sehr gut reingekommen«, lobte Sportvorstand Markus Krösche. »Man hat gesehen, welche Geschwindigkeit er hat.«
Der Antritt und der Topspeed sind tatsächlich außergewöhnlich. »Ich weiß nicht, woher das kommt«, sagte der Angreifer dem »Kicker«, »aber ich bin schon früher in der Schule schnell gerannt, ich war immer der Schnellste.« Es wäre keine Überraschung, wenn der ablösefreie, aber mit einer dicken Antrittsgage geköderte Spieler am Mittwoch (21 Uhr/RTL) im europäischen Supercupfinale in Helsinki gegen Real Madrid in der Anfangself stehen würde. Er hätte es sich verdient, schon im Pokalspiel in Magdeburg (4:0) machte er seine Sache gut. »Es war jetzt ganz gut, dass er von der Bank kam, da war das Spotlight nicht gleich auf ihm«, findet Krösche. »Er kann in die Rolle hineinwachsen.«
Vorbild
Benzema
Der Manager ist überzeugt von dem 1,87 Meter langen Angreifer, den halb Europa gejagt haben soll und der erst in seine dritte Saison als Profi geht. Kolo Muani, höflich und anständig, ist ein Spätstarter, nie in einem Leistungszentrum geschult worden. »Er bringt viel mit, auch wenn er taktisch vielleicht ein bisschen dazulernen kann«, sagt Krösche. Kolo Muanis Spielstil wirkt ein bisschen eckig, staksig. Das macht ihn unberechenbar.
Am Mittwoch im Duell gegen den Champions-League-Sieger aus Madrid wird er auf seinen Landsmann Karim Benzema treffen, der gerade seinen dritten, vierten oder fünften Frühling erlebt. Der 34-jährige Weltstar war in der vergangenen Saison der wahrscheinlich beste Stürmer des Planeten, ist der Typ klassischer Mittelstürmer, der einen phänomenalen Abschluss hat. Von der Spielweise kann man die beiden nicht miteinander vergleichen. »Benzema ist ein herausragender Spieler und eine großartige Persönlichkeit. Natürlich ist er ein Vorbild«, sagt Kolo Muani, der sich zudem an Oldie Makoto Hasebe orientiert. »Ich will spielen bis ich 40 bin, da ist Makoto ein gutes Beispiel.« Der alte Hase wird im Januar 39.
Interessant ist allemal, ob Trainer Oliver Glasner seinem stürmenden Zugang das Vertrauen schenken und wie er die Mannschaft generell ein- und aufstellen wird. Bislang hatten die Europa-League-Sieger einen klaren Bonus, in Magdeburg und gegen die Bayern stand mit Mario Götze nur ein Zugang in der Startformation. Beim Zweitligisten hat es funktioniert, gegen den Abo-Meister war’s nicht so prall.
Und nun? Der Coach ist kein Fan davon, radikale Änderungen vorzunehmen. Doch Leistung muss eben belohnt und der Konkurrenzgedanke gelebt werden. Insofern war die Entscheidung, Daichi Kamada gegen die Bayern draußen zu lassen, eine diskussionswürdige. Der Japaner war nämlich der beste Frankfurter in der Vorbereitung und glänzte in Magdeburg mit einer blitzsauberen Leistung sowie zwei Toren - nur um dann im nächsten Spiel auf der Bank zu sitzen. Natürlich hatte das taktische Gründe, Glasner wollte in Kapitän Sebastian Rode eine zusätzliche Absicherung einbauen, doch aufgegangen ist der Plan, siehe Ergebnis, nicht.
Zudem muss der Trainer überlegen, wann und in welchen Begegnungen er Götze bringt. Gegen die Bayern spielte der Techniker zwar ein, zwei gute Pässe, ging aber ansonsten im Hochgeschwindigkeitsfußball der Bayern unter. Da fehlen ihm dann die Dynamik und das Tempo. Seine Stärken kommen gewiss besser zur Geltung, wenn die eigene Mannschaft vermehrt in Ballbesitz ist und gegen tief stehende Kontrahenten kreative Lösungen benötigt werden.
Und auch in der Abwehr muss der Fußballlehrer abwägen, wann es vielleicht besser ist, den Strategen Hasebe einzubauen. Denn ob Tuta die Rolle des Abwehrchefs schon dauerhaft bekleiden kann, scheint momentan fraglich.