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Heikle Mission für »Urlaubsflirt« Reis

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Thomas Reis leitet am Donnerstag sein erstes Training beim FC Schalke. © DPA

(sid). Thomas Reis fühlte sich auf dem Schleudersitz der Bundesliga »sauwohl«, Peter Knäbel erzählte eine Anekdote aus dem Seychellen-Urlaub: Am Morgen nach einem Chaostag, der an turbulenteste Zeiten erinnerte, bemühte sich der abgestürzte Aufsteiger Schalke 04 um Aufbruchsstimmung - mit neuem Trainer, aber ohne Sportchef.

»Mut gehört dazu, Mut zum Risiko«, sagte Reis, der 45 Tage nach seiner Beurlaubung beim VfL Bochum 20 Kilometer weiter nordwestlich als neuer Hoffnungsträger im Abstiegskampf vorgestellt wurde, und fügte pragmatisch an: »Ich muss nicht umziehen. Ich fühle mich im Ruhrgebiet sauwohl und habe bewiesen, dass ich ins Ruhrgebiet passe.« Dass man ihn »als Plan B, C oder D« hinstelle, sei ihm egal.

Auf dem Podium neben dem 49-Jährigen, der als einziger Bundesligatrainer in dieser Saison gegen Schalke verloren hat, saß nicht Rouven Schröder. Der Sportdirektor, der einst zusammen mit Reis beim VfL kickte, hatte tags zuvor beim Tabellenletzten die Brocken hingeworfen. Sportvorstand Knäbel - ebenfalls mit Bochumer Vergangenheit - musste nach »bewegten Tagen« erklären, unter welchen Umständen Reis und Schalke nach langem Bemühen doch noch »endlich und endgültig« zueinandergefunden hatten.

Auf den Seychellen habe er im Sommer plötzlich seine Frau gefragt: »Wer kommt denn da auf dem Golfcaddy?« Reis, damals nach Aufstieg und Klassenerhalt noch gefeierter Bochumer Held, verbrachte daraufhin »drei, vier Tage« mit Knäbel. Und Schalke bemühte sich nach der eigenen Bundesliga-Rückkehr intensiv um eine Verpflichtung des Trainers, doch der VfL gab ihn nicht frei.

Ausgerechnet nach der 1:3-Pleite im Straßenbahnderby auf Schalke, der sechsten Niederlage in Folge zum Saisonstart, trennte sich Bochum von Reis. Schröder und Knäbel brauchten fünf Wochen länger, um ihren Coach Frank Kramer zu feuern. Nach wochenlangem Hin und Her fand der Urlaubsflirt doch noch zueinander. Auch weil Reis offenbar einen Teil der Ablösesumme von angeblich 300 000 Euro selbst übernahm.

Kurz nach der offiziellen Vorstellung leitete der Neue das Training, am Sonntag (17.30 Uhr) gegen den SC Freiburg wird er erstmals auf der Bank sitzen. Seine erste Aufgabe: »In die Köpfe reinkommen.« Mindestens genauso schwierig wird es für Knäbel, nach Schröders plötzlichem Abschied dessen Aufgaben zu übernehmen. Im Winter muss personell nachgelegt werden, weil der Kader kaum bundesligatauglich scheint.

Als Knäbel über den zurückgetretenen Sportdirektor sprach, klang er fast wie auf einer Beerdigung: »Er fehlt, und er wird noch lange fehlen in unseren Köpfen. Jeder kennt das Gefühl des Verlustes. Schmerz, Enttäuschung, Angst und die ewige Frage: warum?« Es gehe darum, »den Menschen und seine Entscheidung zu respektieren«.

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