Iden in Rekordzeit

(sid). Sebastian Kienle weinte nach seinem süßen Abschied von der Trauminsel glückselig in den Armen von Sohn Nino und Ehefrau Christine. Bei Patrick Lange wandelte sich im legendären Zielkanal die Wut über seine Zeitstrafe schnell in Stolz. Dabei hatte die schwarz-rot-goldene Regentschaft auf Hawaii zuvor ein jähes Ende gefunden. In einem Mix aus obskurem Strafendrama und furiosem Turbo-Rennen durchbrach Gustav Iden die seit 2014 andauernde deutsche Siegesserie.
Der Norweger unterbot im Glutofen Kailua-Kona den Streckenrekord des verletzt fehlenden Jan Frodeno in 7:40:24 Stunden um elf Minuten, auch der zweitplatzierte Sam Laidlow aus Frankreich sowie der eigentlich favorisierte Kristian Blummenfelt (Norwegen) blieben bei der Ironman-WM deutlich unter der alten Bestmarke. »Die Jungs waren in einer neuen Stratosphäre, das muss man neidlos anerkennen«, urteilte Frodeno im ZDF. Für die Revanche 2023 nehme er »einen Koffer voller Motivation« mit.
Aus deutscher Sicht konnte einzig Kienle nach schweren Jahren mit seinem sechsten Platz gut leben. »Das steht ganz weit oben in meiner Karriere«, sagte der Champion von 2014. Er sei »sehr stolz« über dieses »Happy End«. Auf den siegreichen Debütanten fehlte beim letzten Start im Inselparadies vor dem Karriereende 2023 eine ganze Triathlon-Welt von 15:15 Minuten, auch die fünfte WM-Medaille war satte zwölf Minuten entfernt.
Für Lange zerplatzte der Traum vom dritten Titel gut im Rennen liegend wie eine Seifenblase in der Strafenbox. »Fünf Minuten für nichts«, fluchte er laut ZDF auf der Strecke. Eine derartige Sanktion wird in der Regel für unerlaubtes Windschattenfahren vergeben. Er habe kurz vorher gar Kameramotorräder »weggescheucht, weil ich total fair fahren möchte«, so der 36-Jährige. Deshalb frage er sich schon, »was ich hier noch an Fairness zeigen soll?«
Mit einer Aufholjagd rettete sich Lange in einem einsamen Rennen nach 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen noch auf seinen »wahrscheinlich schönsten zehnten Platz. Ich bin unglaublich stolz auf mich, dass ich das durchgezogen habe.« Da auch der letztlich zwölftplatzierte Florian Angert und am Donnerstag im Frauenrennen Laura Philipp von fragwürdigen Strafen ausgebremst wurden, entflammte eine hitzige Debatte.
Es müsse mehr Transparenz her, forderten Lange und Philipp unisono. Exakte Begründungen für die Sanktionen wurden auch nach Rennende jeweils nicht nachgeliefert. »Schiedsrichter sollten eine Body-Cam haben, damit man nicht einer Willkür ausgesetzt ist«, monierte Philipp. Auch Frodeno fehlt im Ironman-Sport »ein objektives Maß«. Manchmal müsse ein Athlet »gegen die Bedingungen und den Schiedsrichter kämpfen«.
Lange und Angert waren sich jedenfalls keiner Schuld bewusst. Er habe »keinen Regelverstoß« erkennen können, betonte Angerts Coach Philipp Seipp. So blieb beim Ende der sechsteiligen deutschen Siegesreihe auf Hawaii ein bitterböser Beigeschmack.